LederstrumpfOriginal anzeigen (0,3 MB)

In den Nachkriegsjahrzehnten gab es einen wahren Boom an Bearbeitungen des Lederstrumpf-Zyklus von James F. Cooper für die Jugend. Ich habe mir mal die Version des Wiener Tosa-Verlags aus 1964 zur Brust genommen. Mit ca. 180 Seiten pro Romanfolge eine eher längere Nacherzählung. Der Autor der Bearbeitung ist nicht genannt. Gereiht sind die Werke nach interner Chronologie und nicht in der Erscheinungsreihenfolge.

The Last of the Mohicans habe ich bereits vor Jahren bis zur Hälfte im Original gelesen, fand aber nicht den Zugang. Auch in dieser übersetzten und gerafften Fassung spricht mich außer dem vierten Band - Die Ansiedler - keiner an. Auch wenn immer wieder betont wird, dass die weißen Kolonialisten Land von den Indigenen rauben, werden sowohl die Irokesen/Huronen als auch die Dakota/Sioux als brutale Unmenschen dargestellt. Erstere werden in den chronologisch ersten drei Bänden am Ende immer genozidal abgeschlachtet. Auch sind die Storys wirr, dauernd müssen irgendwelche Frauen gerettet werden und es werden elend lange Dialoge gestaltet. Letztlich wirken die Geschichten sehr aufgesetzt. Bis auf den vierten Band, der als erster geschrieben wurde: Da werden keine weißen Frauen gerettet, keine Indigenen abgeschlachtet, sondern es wird gezeigt, wie die weißen Siedler den Naturraum ausbeuten und vernichten.

Der Wildtöter:

Dies ist der fünfte von Cooper geschriebene Lederstrumpf-Roman, heute würde man es Prequel nennen. Die Handlung spielt am Otsego Lake (New York) in den Jahren 1740 bis 1745. Das Setting ist fast ein Kammerspiel, in das die große Kolonialpolitik hineinspielt.

In einem Pfahlbau auf einer Sandbank im See lebt der ehemalige Seefahrer Tom Hutter mit seinen beiden Adoptivtöchtern Judith und Hetty, erstere schön, zweitere geistig etwas zurückgeblieben, aber mit einem edlen Herz. Zu diesem Ort kommen die beiden Waldläufer (Trapper) Heinrich March (brutal und auf Gewinn aus) und der etwa 20-jährige Natty Bumppo AKA Wildtöter, später Falkenauge, der zehn Jahre bei den Delawaren (unter englischer Kolonialherrschaft stehend) aufgewachsen ist. Bumppo will den Häuptling der Delawaren (Mohikaner) Chingachgook treffen, dessen Verlobte Wah-ta-Wah von aus dem französischen Kanada einfallenden Mingos (Huronen) entführt worden ist, um sie zu befreien.

Da die Mingos am Ufer lagern, kommt es sehr bald zu kämpferischen Auseinandersetzungen, die sehr breit geschildert sind. Verschärft werden sie, da sowohl die englische wie die französische Kolonialmacht ein Preisgeld auf Skalpe der Gegenseite ausgesetzt hat. Egal ob diese von Weißen oder den Nativen stammen. Auch Hutter und March sind auf Skalpjagd, Bumppo weigert sich jedoch daran teilzunehmen, verteidigt sie jedoch gegen die Huronen und tötet einen seiner Opponenten. Damit eskaliert der Kampf. Hutter wird in seinem Haus bei einem Überfall skalpiert und stirbt, Bumppo wird gefangengenommen, March jedoch gelingt es, eine englische Armeeabteilung aus dem nächstgelegenen Fort zum See zu führen. Bumppo wird befreit, jedoch ist der Befreiungskampf ein genozidales Gemetzel, bei dem auch Frauen und Kinder nicht verschont bleiben.

Am Ende zieht Judith mit den Soldaten weg, Bumppo, der sie nicht heiraten will, schlägt einen eigenen Lebensweg ein und kommt nach 15 Jahren mit seinem Sohn wieder an den See zurück, der nun unbewohnt ist. Nur Reste des Pfahlhauses und des Schlachtplatzes sind noch zu erkennen.

Der letzte Mohikaner:

Dieser wohl berühmteste Roman der Serie ist sowohl chonologisch als auch in der Publikationsreihenfolge der zweite. Die Handlung spielt im Jahr 1757, sowohl die Engländer und die Franzosen nutzen weiterhin Eingeborene als Kampfmaschinen. Es sind wieder die abwertend „Mingos“ genannten Irokesen bzw. Huronen, die den Engländern im Grenzgebiet nachstellen. Und wieder wird der Kriegstrupp am Ende der Geschichte genozidal vernichtet. Strukturell eingeführt ist das fast mittelalterliche „Rettung von bedrohten Damen“, wobei die Geschichte nicht gut ausgeht. Bumppo und Chingachgook sollen die zwei Halbschwestern Cora und Alice Mungo zu ihrem Vater, der ein Fort leitet, geleiten. Dabei werden sie andauernd von den Mingos belagert, bedrängt, beschossen, gefangen und wieder befreit (Bumppo ist ein Held!). Cora ist die Tochter einer Inderin und wird vom Anführer der Huronen, Magua, der als bösartig charakterisiert wird, als Frau begehrt. Im Schlusskampf bei der Belagerung des Fort William Henry sterben sowohl Cora als auch Uncas, der Sohn von Chingachgook. Uncas ist der letzte Mohikaner. Alice überlebt. Die Belagerer werden massakriert. Die Belagerung des Fort William Henry ist eine historische Begebenheit, dass Massaker an den Belagerern ebenso. Die Charaktere des Romans sind stilisiert und entsprechen kaum der zeitgenössischen Realität.

Der Pfadfinder:

Natty Bamppo hat viele Beinamen, diesmal „Pfadfinder“ und „Kundschafter“. Dieser Roman spielt während des Siebenjährigen Kriegs am Ontario-See. Wieder muss Bamppo eine Tochter eines Serganten zu diesem ins Fort bringen, ihre Begleiter sind auch ein Indianer namens Pfeilspitze mit seiner Frau June sowie ein Marineoffizier, der permanent über Süßwasserschifffahrt spottet. Die Reisegruppe trifft auf Bamppo mit dem jungen Süßwasserschiffer Jasper Western, der sie mittels einer abenteuerlichen Kanufahrt von den sie bedrängenden Huronen sichernd ins Fort bringt. Der Auftrag dort ist, Nachschub für einen geheimen Stützpunkt auf einer der Tausend Inseln zu bringen. Dieser Stützpunkt wird jedoch verraten und von französischen Truppen gemeinsam mit Huronen/Irokesen angegriffen. Es entspannt sich ein Streit darüber, wer ihn verraten hat. Ein Quartiermeister verdächtigt Jasper Western, doch es war er selbst. Er wird von Pfeilspitze erstochen, der wiederum auf der anschließenden Flucht von Chingachgook erschlagen und skalpiert wird. Der Stützpunkt muss schließlich vor der französischen Übermacht kapitulieren. Die Kapitulation wird ehrenhaft vollzogen. Der Sergeant stirbt an einer Wunde. Obwohl er sich den nicht ganz 40-jährigen Bamppo als Mann für seine 19-jährige Tochter gewünscht hat, gibt dieser Mabel frei und sie verlobt sich mit Jasper.

Die Ansiedler:

Dieser Roman spielt einige Jahrzehnte später, 1793. Die USA sind gegründet, Natty Bamppo ist etwa 70 Jahre alt und lebt in einer Blockhütte in den Wäldern an der Westgrenze des Staates New York am Otsego-See. Es werden nicht mehr blutigste Indianerkämpfe im Dienste der Kolonialmächte geschildert, aufgegriffen wird die Umweltproblematik der Ansiedlung von weißen Amerikanern und die Durchsetzung von Gesetzlichkeiten. Der fiktive Ort Templeton wächst sehr rasch, die umliegenden Hügel werden in einem unwiederbringlichen Ausmaß gerodet, um Ackerland zu gewinnen. Trotz Jagd- und Fischereizeiten werden die Wälder überjagt und der See wird überfischt. Die ehemals ansäßige indigene Bevölkerung ist vertrieben, deren Land wurde billigst abgekauft. Kernkonflikt ist die Anklage gegen Bamppo, weil er außerhalb der Jagdzeit einen Hirschen getötet hat. Er lehnt es ab, die neuen Gesetze für sich zu akzeptieren, da er selbst nicht Schuld daran hat, dass Tierpopulationen ausgerottet werden. Er jage und fische nur für die eigenen Selbsterhalt und nicht mehr.

Der einzige, der Bamppos Standpunkt versteht und Gesetze zum Schutz der Natur verspricht, ist Richter Marmaduke Temple. Aus dem Gefängnis flieht Bamppo, bei einer Hausdurchsuchung droht er dem Hilfsscheriff mit Waffengewalt.

Hier seine Anklage gegen die Gesetzesvollzieher:
»Was sucht ihr hier bei einem alten, hilflosen Mann?« fragte er bekümmert.
»Ihr habt Gottes Geschöpfe aus der Wildnis vertrieben und Verwirrung und Unruhe in ein Land gebracht, wo vorher kein Mensch den anderen störte. Ihr habt mich, der ich Jahrzehnte in diesem Winkel gehaust habe, aus meiner Heimat und Wohnung vertrieben, denn ehe ich euch gestattete, eure Füße in meine Hütte zu setzen und dort eure verdammten Gesetze auszuüben, legte ich selbst lieber Feuer an dieses Dach, unter dem ich so lange gelebt habe. Und da ich um Mitternacht herkomme, von der Asche meiner Hütte Abschied zu nehmen, verfolgt ihr mich wie hungrige Hunde den sterbenden Hirsch! Was wollt ihr von mir? Habt ihr nicht schon alles? Hier stehe ich, einer gegen viele. Ich kam, um zu trauern, nicht zu kämpfen. Ist es Gottes Wille, daß ich in eure Hände fallen soll, so soll es mir recht sein.«
Schließlich brennt er seine Waldhütte nieder und zieht weiter nach Westen. Chingachgook stirbt als nunmehr Getaufter friedlich an Altersschwäche, das Symbol der sterbenden indigenen Gesellschaft. Interessant auch, dass nur in dieser Folge Afroamerikaner als Arbeiter (Bedienstete, Kutscher) vorkommen, die jedoch allesamt frei sind.

Bisher ist dieser als erster dieser Serie erschienene Roman mit Abstand der beste.

Die Prärie:

Chronologisch ist dies der letzte Roman und spielt im Jahr 1804. Veröffentlicht wurde er als dritter. Nathaniel „Natty“ Bamppo ist 80 Jahre alt und lebt nach dem Weggang aus den Wäldern seit 10 Jahren in der Prärie. Dort trifft er auf einen Treck mit der Großfamilien von Ismael Bush, der aus Kentucky wegen illegaler Landnahme auf der Flucht ist und - wie sich herausstellt - die Kreolin Inez entführt hat. Mit ihnen reist die Nichte des verstorbenen ersten Mannes von Esther, der Frau von Isaak.

In der Prärie trifft der nun als Fallensteller (Trapper) lebende Bamppo auf den Verlobten von Ellen, Paul Hover, und den Verlobten von Inez, Duncan Unkas Middleton, dem Enkel von Alice aus dem zweiten Band. Sie verfolgen diesen Treck.

Verkompliziert wird die Story wie in den New York-Bänden durch rivalisierende Stämme Indigener. Die Pawnee sind die Guten, die Dakota/Sioux die Bösen. Letztere werden als „Teufel“, „Ungeziefer“, „Geschmeiß“ benannt. Nach der Befreiung von Inez und Ellen werden die guten Weißen von den Sioux, die sich mit Ismael verbündet haben, gefangen, es entbrennt jedoch eine Schlacht zwischen den Sioux und den Pawnee, den die Sioux verlieren. Die beiden Paare ziehen weg, heiraten und bauen eine Karriere in den USA auf, Ismael Busch zieht weiter Richtung Osten, Bamppo bleibt in der Prärie bei den Pawnee.

Hover und Middleton besuchen ein Jahr später die Ansiedlung der Pawnee und werden Zeugen eines friedlichen Todes von Nathanial Bamppo, dem Lederstrumpf.

Über die Gesellschaft der frühen USA äußert Bamppo - ob zustimmend oder kritisierend, bleibt offen - dies:
Gewalt ist Recht nach dem Gang der Welt, und was die Mächtigen tun wollen, muß der Schwache Gerechtigkeit nennen.