Hoffmann-Topf

1814/19 entstanden, ist es eines der schrägen Werke Hoffmanns, die er nächtens geschrieben hat. Es ist in zwölf Kapitel eingeteilt, die er Vigilien nennt, also Nachtwachen oder Nachtgebete. Elemente des Märchens verlegt er nach Dresden und am Ende entrückt der Student Anselmus komplett aus der Welt und lebt in Atlantis mit seiner reptiloiden Frau.

Der Einstieg ist, dass Anselmus während des Himmelfahrtsfeiertags in einem Holunderbusch drei Schlangen sieht, die ihn bezirzen, nachdem er den Wagen einer Apfelhändlerin umgelaufen hat und von ihr verflucht worden ist. Eigentlich ist Anselmus ein hervorragender Student und Liebling des Konrektors Paulmann sowie des Registrators und späteren Hofrats Heerbrand. Bei einer Abendveranstaltung lernt Anselmus die 16-jährige Tochter Paulmanns kennen, die sich in ihn verliebt und davon träumt, mit Anselmus verheiratet zu sein, der es zu einem Hofrat bringt.

Doch Anselmus ist von den Schlangen im Busch noch immer betört und bei einer gemeinsamen Überfahrt über die Elbe, vermeint er in den Spiegelungen eines Feuerwerks wieder die drei Schlangen und vor allem Serpentina mit den blauen Augen sowie deren kristallenen Gesangsstimmen zu erkennen, denen Veronikas Gesangsstimme nicht gewachsen ist.

Tiefer in die geheimnisvolle Welt dringt Anselmus über Vermittlung seiner akademischen Freunde bei dem Archivarius Lindhorst, einem Alchemisten und Büchernarren, ein, bei dem er gegen Lohn sechs Stunden am Tag Bücher in Schönschrift zu kopieren hat, deren Zeichen er eigentlich nicht kennt. Es sind arabische und indische Bücher.

Lindhorst gibt sich als märchenhafter Salamander aus, dessen reptiloide Familie einst gegen Drachen gekämpft hat und deren Repräsentantin das Apfelweib sei. Dieses war die Amme von Veronika und fungiert auch als Seherin, die von Veronika aufgesucht wird.

Da Anselmus während einer Abschrift aus Ungeschicklichkeit Tinte auf das Manuskript tropfen lässt, sperrt ihn Lindhorst in eine Kristallflasche. Aus seinem Gefängnis sieht er noch weitere junge Männer in Glasflaschen, die sich ebenfalls erfolglos um Serpentina beworben haben, selbst jedoch nicht wissen, dass sie eingesperrt sind. (Das ist doch die Dulce-VT!)

Jedoch wendet sich die Geschichte. In einem Kampf verwandelt Lindhorst das Apfelweib, welches den vom Erdgeist stammenden goldenen Topf stehlen will, in eine Runkelrübe, die von einem seiner Papageien aufgefressen wird. Anselmus erkennt, dass der Weg zu Veronika und in die reale Welt der falsche ist, so erhält er eine zweite Chance.

Da er nun das indische Bhagavad Gita zur Zufriedenheit Lindhorsts in seinem Tropenhaus kopiert, kann er nun Serpentina heiraten und erhält den goldenen Topf als Mitgift. Mit Serpentina entrückt Anselmus nun auf ein Gut Lindhorsts in Atlantis, wo er glücklich lebt. Veronika heiratet den nunmehrigen Hofrat Heerbrand und kann sich ihren Traum erfüllen, als Hofräten von der Dresdner Bürgerschaft bewundert zu werden.

Am Ende durchbricht der Erzähler - wie zuvor schon öfter - die vierte Wand und wendet sich an die Leserschaft. Er selbst lebe verarmt in einer Dachkammer, doch könne jeder mit Hilfe der Poesie in die glückliche Welt des Anselmus eintreten.

Eskapismus pur, aber wie immer bei Hoffmann: fantastisch gut geschrieben.