Cornelia Funke - Herr der Diebe
26.08.2024 um 13:05Cornelia Funke ist für ihre Tintenherz-Trilogie bekannt. Dieses Buch aus 2000 ist spannend und witzig erzählt, die Mischung von realer Welt und Fantasiewelt ist gelungen, ein Abgleich mit der Realität darf jedoch nicht stattfinden, da Vieles der realen Welt schlichtweg nicht oder kaum möglich erscheint.
Ein Brüderpaar, der zwölfjährige Prosper und der fünfjährige Bo, fliehen per Eisenbahn von Hamburg nach Venedig, da nach dem Tod ihrer Eltern die Tante Esther nur Bo adoptieren, Prosper jedoch in ein Waisenhaus stecken will. In Venedig schließen sie sich einer Gruppe Straßenkinder an, die in einem verlassenen Kino hausen. Versorgt werden sie von Scipio, dem "Herrn der Diebe", der jedoch in einem reichen Elternhaus lebt, von dort Gegenstände stiehlt und einem alten Antiquitätenhändler (Barbarossa) verkauft. Die Tante engagiert einen Privatdetektiv (Victor), der die beiden Entflohenen ausfindig machen soll, was ihm auch gelingt, jedoch weigert er sich im Lauf der Geschichte, die Kinder der Tante zu übergeben.
Ins Fantasievolle gleitet die Geschichte durch einen Auftrag eines alten Grafen, einen Holzflügel eines geflügelten Löwen eines magischen Karussells zu stehlen, der durch Barbarossa an Scipio vermittelt wird. Die Kinder stehlen im Haus einer Ida Spavento diesen, werden jedoch entdeckt. Ida schließt die Kinder in ihr Herz und der Flügel wird an den Grafen übergeben, der jedoch mit Falschgeld bezahlt. So dringt ein Teil der Kinder in die Insel ein, der Graf ist jedoch der ehemalige Diener, der mit seiner Schwester dort lebt. Das Karussell hat mit beiden Flügeln am Löwen die Eigenschaft, Menschen jünger oder älter zu machen, abhängig davon, auf welchem Tier man sitzt. Die beiden Alten der Insel werden nun Kinder und Scipio wird ein junger Erwachsener. Barbarossa, der ebenfalls auf die Insel kommt, um das Karussell zu stehlen, dreht sich bei seiner Verjüngungsfahrt zu lange und wird ein Fünfjähriger.
Währenddessen werden die beiden im Kino zurückgebliebenen Kinder (Bo und ein Mädchen namens Wespe) aufgegriffen, Bo seiner Tante übergeben und das Mädchen in ein Waisenhaus gesteckt. Ida gelingt es problemlos, das Mädchen zu adoptieren, und Bo läuft wieder von seiner Tante davon, die wegen seiner unmöglichen Manieren ihn nun nicht mehr haben will. Durch einen Trick gelingt es Ida, Bo von seiner Tante zu adoptieren und den fünfjährigen Barbarossa, der sich als manierliches und gebildetes Kind zeigt, Esther zu übergeben, die ihn nach Deutschland mitnimmt.
Das Ende ist wohl ein Cop-Out. Denn solch ein deutsch-italienischer Kinderhandel, auch wenn er mit Einverständnis der Kinder geschieht, ist kaum realistisch. Von den komplett neuen Identitäten durch den Alterswechsel nicht zu reden. Scipio zum Beispiel nimmt einen neuen Namen an (das Prozedere wird nicht geklärt) und wird Assistent bei Victor.
Spaßig zu lesen, aber einem Realitätsabgleich hält das Buch nicht stand. Aber es hat eine Fangemeinde, die auch versucht hat, die Handlungsorte in Venedig zu lokalisieren - nachzulesen in einem Fanblog