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Jules Verne - Reise um die Erde in 80 Tagen
27.07.2024 um 14:00Original anzeigen (0,2 MB)
Die Story der Weltreise des Londoner Privatiers Philias Fogg mit seinem französischen Diener Passepartout sowie den ihn verfolgenden Kommissar Fix ist wohl allgemein bekannt. Ich kenne sie noch aus der Kindheit in der Verfilmung mit David Niven, ob ich das Buch schon mal gelesen habe, weiß ich nicht, aber eher nicht. Der Roman ist flott und spannend geschrieben, die Reise lässt sich am Atlas nachverfolgen und es gibt viele Beschreibungen, welche die Welt von 1872 vor Augen führen. Und auch ist erklärt, warum bei einer Reise ostwärts der Tag um vier Minuten pro Längengrad kürzer ist (das ist der Grund, warum Fogg seine Wette gewonnen hat). Hinzu kommt am Ende auch noch ein romantisches Happy End mit der Hochzeit von Fogg mit einer vor einer Witwenverbrennung geretteten jungen indischen Kaufmannstochter.
Die Welt, die Fogg durchreist, steht am Höhepunkt des britischen Kolonialismus. Erst in Schanghai wird zum ersten Mal nicht britischer Boden betreten, die Stadt jedoch ist offen für den Handel. Die einzige vielleicht nicht von Großbritannien beeinflusste Stadt der Reise ist Yokohama, denn auch die USA sind noch vom ehemaligen britischen Kolonialismus geprägt. "So giebt's eine Kette von englischen Städten rings um die Erde herum."
Ob Verne mit diesem Roman eine ätzende Spitze gegen Großbritannien geschossen hat, kann ich nicht beurteilen, doch Foggs Lebensgewohnheit (immer gleicher Tagesablauf, nur das Whist-Spiel ist ein Hobby) wird von seinem lebensfrohen französischen Diener kontrastiert. Während Fogg sich für das Äußere seiner Reise nicht interessiert - "von den Merkwürdigkeiten Bombays etwas zu sehen, fiel ihm nicht ein", ist Passepartout lebensfroh und er bestaunt Sehenswürdigkeiten wie Menschen.
Eine Charakterisierung Foggs beim Zusammentreffen mit einem Brigadegeneral Sir Francis Cromarty, der auf demselben Schiff von Suez nach Bombay fährt wie Fogg:
Andererseits fällt eine durchgehend abschätzige Schilderung von nichteuropäischen Völkern auf. Die Sioux, welche den Zug von San Francisco nach Oklahoma überfallen, werden als blutrünstige Monster dargestellt, und die Papua werden so charakterisiert:
Das Buch hat gegenüber den Verfilmungen definitiv einen Mehrwert, da bei Letzteren die Wette im Zentrum steht, kritische Aspekte jedoch mehr oder weniger ausgeklammert sind.
Die Story der Weltreise des Londoner Privatiers Philias Fogg mit seinem französischen Diener Passepartout sowie den ihn verfolgenden Kommissar Fix ist wohl allgemein bekannt. Ich kenne sie noch aus der Kindheit in der Verfilmung mit David Niven, ob ich das Buch schon mal gelesen habe, weiß ich nicht, aber eher nicht. Der Roman ist flott und spannend geschrieben, die Reise lässt sich am Atlas nachverfolgen und es gibt viele Beschreibungen, welche die Welt von 1872 vor Augen führen. Und auch ist erklärt, warum bei einer Reise ostwärts der Tag um vier Minuten pro Längengrad kürzer ist (das ist der Grund, warum Fogg seine Wette gewonnen hat). Hinzu kommt am Ende auch noch ein romantisches Happy End mit der Hochzeit von Fogg mit einer vor einer Witwenverbrennung geretteten jungen indischen Kaufmannstochter.
Die Welt, die Fogg durchreist, steht am Höhepunkt des britischen Kolonialismus. Erst in Schanghai wird zum ersten Mal nicht britischer Boden betreten, die Stadt jedoch ist offen für den Handel. Die einzige vielleicht nicht von Großbritannien beeinflusste Stadt der Reise ist Yokohama, denn auch die USA sind noch vom ehemaligen britischen Kolonialismus geprägt. "So giebt's eine Kette von englischen Städten rings um die Erde herum."
Ob Verne mit diesem Roman eine ätzende Spitze gegen Großbritannien geschossen hat, kann ich nicht beurteilen, doch Foggs Lebensgewohnheit (immer gleicher Tagesablauf, nur das Whist-Spiel ist ein Hobby) wird von seinem lebensfrohen französischen Diener kontrastiert. Während Fogg sich für das Äußere seiner Reise nicht interessiert - "von den Merkwürdigkeiten Bombays etwas zu sehen, fiel ihm nicht ein", ist Passepartout lebensfroh und er bestaunt Sehenswürdigkeiten wie Menschen.
Eine Charakterisierung Foggs beim Zusammentreffen mit einem Brigadegeneral Sir Francis Cromarty, der auf demselben Schiff von Suez nach Bombay fährt wie Fogg:
Es war ein Mann von Kenntnissen, der gerne über die Gewohnheiten, Geschichte, Organisation des Hindulandes Auskunft gegeben hätte, wenn Phileas Fogg sie nur hätte begehren mögen. Aber dieser Gentleman hatte kein Verlangen darnach. Er machte nicht eine Reise, sondern eine Umfangslinie. Es war ein schwerer Körper, welcher nach den Gesetzen der rationellen Mechanik einen Kreis um den Erdball beschrieb. In diesem Augenblicke stellte er eine wiederholte Berechnung der seit seiner Abreise aus London verbrauchten Stunden an; und wäre es nicht seiner Natur zuwider gewesen, eine unnütze Bewegung zu machen, so würde er sich die Hände gerieben haben.Die Beschreibung des Nordosten Indiens (Provinz Bihar) zeigt die Umweltzerstörung durch die britische Industrialisierung:
Dieses ganze Panorama flog blitzschnell vorüber, und oft hinderten weiße Dampfwolken seine Details zu sehen. Die Reisenden vermochten kaum flüchtig in Augenschein zu nehmen das Fort Chunar, zwanzig Meilen südöstlich von Benares, vormals Festung der Rajahs von Behar, Ghazepur mit seinen bedeutenden Rosenwasserfabriken, das am linken Gangesufer errichtete Grabmal des Lord Cornwallis, die feste Stadt Buxar, die große Gewerbe- und Handelsstadt Patna, wo der Hauptmarkt des indischen Opiums sich befindet, Monghir, eine Stadt so englisch wie Manchester und Birmingham, berühmt durch seine Eisengießereien, Zeugschmiede- und Gewehrfabriken, deren Rauchfänge Brahmas Himmel mit schwarzem Rauch beschmutzten.Auch der britische Handel mit Opium nach China wird heftig kritisiert und die Folgen des Opiumkonsums werden anhand der Opiumcafés in Schanghai sehr plastisch vor Augen geführt.
Andererseits fällt eine durchgehend abschätzige Schilderung von nichteuropäischen Völkern auf. Die Sioux, welche den Zug von San Francisco nach Oklahoma überfallen, werden als blutrünstige Monster dargestellt, und die Papua werden so charakterisiert:
Die wilden Papua's der Insel ließen sich nicht sehen. Es sind zwar Geschöpfe, die auf der untersten Stufe menschlicher Bildung stehen, aber Menschenfresser sind sie doch nicht.Aber auch die amerikanische Demokratie wird verächtlich dargestellt. Eine Versammlung zweier Kandidaten für die Wahl des Friedensrichters in San Francisco artet in eine wüste Schlägerei aus, wobei die Anhänger mit "Bleistöcken und Todtschlägern" bewaffnet bei dieser erscheinen.
Das Buch hat gegenüber den Verfilmungen definitiv einen Mehrwert, da bei Letzteren die Wette im Zentrum steht, kritische Aspekte jedoch mehr oder weniger ausgeklammert sind.