Narrenschiffer
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Franz Kafka - Die Verwandlung
11.10.2022 um 17:091912 geschrieben, ist Kafkas Die Verwandlung ein Einstieg ins 20. Jahrhundert, in die völlige Entmenschlichung, Entfremdung, Isolation und Wertlosigkeit des Einzelnen, der an seinem Ende entsorgt wird wie eine Kakerlake.
Gregor Samsa ist reisender Händler, der mit seinem Einkommen die nicht arbeitsfähigen oder arbeitswilligen und kranken Eltern versorgt sowie die Schwester hoffen lässt, eine Musikschule zu besuchen. Doch der Sohn und Bruder ist für sie nur ein Ungeziefer, das man am liebsten los sein will. In Gestalt einer Kakerlake (oder was auch immer) ist Gregor auf sein Zimmer beschränkt, die 17-jährige, ihn einige Monate noch versorgende Schwester wendet sich immer mehr von ihm ab, ihr Bruder wird zum Es und schließlich verhungert er. Wie befreit spazieren sie am Ende des Textes durch einen Park, der Vater ist nun Bankdiener, die Mutter besorgt in Heimarbeit Wäsche für Fremde, die Schwester ist Verkäuferin. Alle drei verdienen zusammen weniger als Gregor in die Familie eingebracht hat, aber mit ihrer neuen Freiheit sind sie willens, eine kleinere Wohnung zu suchen.
Der sehr sachliche, distanzierte und reflektierte Erzählstil lässt einen - wie oft bei Kafka - das Blut in den Adern gefrieren, obwohl oder gerade weil es kein Horror-Flick ist. Die Bildhaftigkeit des Geschehens eröffnet seit nun 110 Jahren immer wieder neue Perspektiven und lässt dieses Werk nicht altern. Einer der ganz großen Texte der Weltliteratur.