MobyDick

Die Übersetzung von Wilhelm Strüver war die erste von Moby Dick im Jahr 1927, herausgegeben von Thomas Mann. Sie kürzt den Roman auf ein Drittel (immer noch um die 300 Seiten) und streicht mehr oder weniger alles, was diesen Roman zu einem Fenster in die Moderne macht: kulturgeschichtliche, soziale, naturwissenschaftliche Reflexionen und politische Gesellschaftskritik fehlen beinahe ausnahmslos.

Der Roman wird auf den Handlungsablauf reduziert, den Ismael als Ich-Erzähler wie ein teilnehmender Beobachter aufzeichnet. Damit gibt es öfter Sprünge, die manchmal schwer nachvollziehen lassen, warum etwas geschieht. So fehlen bereits zu Beginn die Kapitel über den Aufenthalt Ismaels in Nantucket vor dem Boarding der Pequod und lässt offen, wie er sich mit dem polynesischen Harpunier Queequeq angefreundet hat. Auch finden sich manche Übersetzungsfehler, die auf ein Unverständnis zurückzuführen sind. Dennoch wurde diese Übersetzung als die "einzig berechtigte" angepriesen.

Nichtsdestotrotz erhalten wir einen tiefen Einblick in die Lebenswelt der Walfänger aus Nantucket, ihre schwierige Arbeit und die Bedeutung des Walfangs für die Industrie (Schmiermittel, Beleuchtungsöl), und besonders der Pottwalfang war eine lebensgefährliche Herausforderung, und Walfänger waren in der Regel drei Jahre unterwegs, bevor sie mit ihrer Ladung nach Nantucket zurückkehrten. Die Lebensbedingungen waren für alle harsch, Wasser und Lebensmittel (Rindfleisch, Zwieback u.a.) wurden in Unmengen mitgeführt, sodass ein Walfangschiff selten bis nie anlanden musste.

Die Route geht meist ostwärts und eingeplant ist eine Weltumrundung. So fährt die Pequod südwärts, passiert in großem Abstand das Kap der Guten Hoffnung, fährt in den Indischen Ozean ein, durch die Sundastraße und das Chinesische Meer ins Japanische Meer und weiter in den Pazifik südöstlich Richtung Südamerika. Bei einer Weltumrundung ginge es über das Kap Horn zurück in den Atlantik, um nordwärts nach Nantucket zurück zu steuern.

Aus Nantucket waren etwa 100 Jahre lang mehrere hundert Walfangschiffe gleichzeitig unterwegs, sodass gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Pottwal beinahe ausgerottet war. Gerettet hat diese Tierart eine Entdeckung, die eines der Probleme unserer Zeit bereitet: Erdöl. Die nun synthetisch hergestellten Stoffe waren billiger und qualitativ überlegen.

Sozial und ethnisch waren die Besitzverhältnisse bzw. die Besatzungsaufgaben klar gegliedert. Finanziert wurden die Unternehmen von Familien in Nantucket, welche den Gewinn anteilig einstreiften, die Besatzung wurde nicht fix bezahlt, sondern gewinnbeteiligt: etwa ein Hundertstel für einen Harpunier, zwischen einem Dreihundertstel und einem Siebenhundertstel für einen Matrosen. Besitzer bzw. Investoren wie auch die Kapitäne wie Offiziere waren weiße Amerikaner aus Nantucket, meist auch die Unteroffiziere (Maate), Harpuniere waren hauptsächlich Polynesier, Indigene, Afrikaner, Malaien. Melville bringt es auf den Punkt:
Die Amerikaner liefern in freigebiger Weise das Gehirn, und die übrige Welt versorgt sie in vornehmer Weise mit den Muskeln.
Oder im Original (mit stärkerer Ironie):
the native American liberally provides the brains, the rest of the world as generously supplying the muscles
Die Geschichte dürfte bekannt sein. Die Pequod hätte bei Japan eigentlich ausreichend Wale geschlachtet, die Lager sind voll, und wie ein Schiff, das ihnen begegnet, könnte auch sie umdrehen und westwärts mit reicher Beute zurückkehren. Nur hat der einbeinige, nicht ganz sechzigjährige Kapitän Ahab einen Wahn: Er will einen weißen Wal mit dem Namen Moby Dick erlegen, der ihm sein Bein gekostet hat. Sein Erster Offizier Starbuck hält dies für schwachsinnig und gegen die Natur, da an einem Tier keine Rache verübt werden kann, da es nicht willentlich angreift. Starbucks Widerspruch führt jedoch nicht zu einer Meuterei, auch wenn er den Kapitän wegen Unzurechnungsfähigkeit absetzen könnte. So fahren sie von Japan aus in Richtung Südamerika, wo der Wal wegen der bekannten Walwege vermutet wird. Zwei Schiffe, denen sie begegnen, bestätigen eine Sichtung des weißen Wals, und so kommt es auch: der Wal wird gesichtet, angegriffen und im Gegenzug zerstört Moby Dick die Pequod. Ismael überlebt als einziger in einem Sarg und wird zwei Tage nach Untergang von dem Walfangschiff Rahel gerettet, dessen Kapitän Ausschau nach seinen beiden verschollenen Söhnen hält, die er als Matrosen mitgenommen hat.

Der Schluss ist zwar das Bekannteste des Romans, aber auch das Unwahrscheinlichste. Weniger der Angriff des Pottwals (mehrere Schiffe wurden durch Pottwale zerstört), sondern dass in den Weiten des Pazifiks auf mehrere Schiffe getroffen wird und Ismael nach zwei Tagen gerettet werden kann. So trieben in Realität Besatzungsmitglieder des Walfangschiffs Essex, das 1820 von einem Pottwal zerstört wurde, in Beibooten drei Monate im Südpazifik, bevor die Überlebenden vor der Küste von Chile von einem anderen Walfangschiff gerettet werden konnten.

Die bekannteste Verfilmung ist wohl die von John Huston aus dem Jahr 1956 mit Gregory Peck als Kapitän Ahab (nun auch als Stream erhältlich). Der Untergang der Essex wurde 2015 unter dem Titel Im Herzen der See (In the Heart of the Sea) verfilmt (auf Netflix zu sehen).

Hochinteressant ist die ARTE-Dokumentation Der Aufstand der Wale aus 2015, auf YouTube zu sehen:

Youtube: Der Aufstand der Wale: Moby Dicks wahre Geschichte Doku Deutsch
Der Aufstand der Wale: Moby Dicks wahre Geschichte Doku Deutsch
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