Schnitzler-Erbschaft

Diese kurze Erzählung aus dem Jahr 1887 greift Themen auf, die Schnitzler in seinen späteren Meisterwerken immer wieder ins Zentrum stellt: Ehebruch, Duell, Tod. Sie spielt im Gastgarten des noblen Wiener Café Imperial am Kärntner Ring (aktuelle Homepage). Ein junger Mann namens Erwin sitzt bei einem Kaffee und denkt an seine Geliebte Annette, die er in ihrer Villa besucht hat, wenn ihr Mann ein Nachmittagsschläfchen gehalten hat. Er wundert sich, dass er bereits drei Tage lang keine Antwort von ihr auf seinen letzten Brief erhalten hat. Als er darüber sinniert, tritt Annettes Ehemann an seinen Tisch und berichtet, dass am Vortag Annette an einem Herzschlag verstorben sei, er ihre Liebesbriefe an Erwin, die sie unter ihrem Mieder getragen habe, geerbt habe, das Begräbnis am darauffolgenden Tag zu Mittag stattfinde und das Problem, dass nicht zwei Männer (Ehemann und Geliebter) am Grab trauern dürfen, gelöst werden müsse. Sie vereinbaren ein Duell für kommenden Morgen. Im Abspann der Erzählung erfahren wir, dass Erwin getötet wird, der Ehemann überlebt.

Männlich-militärischer Ehrenkodex der Donaumonarchie mit ihren radikalen Konsequenzen ist mehrfach Thema bei Schnitzler, und er wird in späteren Werken sehr tief in die Seele dieser Menschen eindringen. Duelle werden in Österreich übrigens erst 1917 durch ein Dekret von Kaiser Karl verboten.

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