Raimund-Verschwender

Diese Zauberposse wurde 1834 veröffentlicht und ist eigentlich wegen des Hobellieds (Text und historische Aufnahme im Spoiler
Da streiten sich die Leut' herum
oft um den Wert des Glücks;
der Eine heißt den Andern dumm,
am End' weiß keiner nix.
Da ist der allerärmste Mann
dem Andern viel zu reich,
das Schicksal setzt den Hobel an
und hobelt alle gleich.

Die Jugend will halt stets mit G'walt
in allem glücklich sein;
doch wird man nur ein bisserl alt,
dann find't man sich schon drein.
Oft zankt mein Weib mit mir, oh Graus,
das bringt mich nicht in Wut.
Da klopf' ich meinen Hobel aus
und denk': Du brummst mir gut!

Zeigt sich der Tod einst mit Verlaub
und zupft mich: „Brüderl, kumm!“,
da stell' ich mich am Anfang taub
und schau mich gar nicht um.
Doch sagt er: „Lieber Valentin,
mach' keine Umständ', geh!“,
dann leg' ich meinen Hobel hin
und sag' der Welt ade.

Repetition:

Ein Tischler, wenn sein War' gefällt,
hat manche frohe Stund',
das Glück ist doch nicht in der Welt
mit Reichtum bloß im Bund.
Seh' ich soviel zufried'nen Sinn,
da flieht mich alles Weh.
Da leg ich nicht den Hobel hin,
sag nicht der Kunst Adje!
Auf YouTube findet sich eine Aufnahme des Lieds aus 1936, gesungen von Paul Hörbiger.

Youtube: Paul Hörbiger - Das Hobellied - 1936
Paul Hörbiger - Das Hobellied - 1936
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) bekannt. Das Stück selbst ist nicht so stringent wie Der Bauer als Millionär.

Julius von Flottwell ist ein reicher Edelmann, der zu seinem Reichtum gekommen ist, weil die Fee Cheristane als 17-Jährige (altert eh nie) sich in den 20-jährigen Julius verliebt und seinen Vater unermesslich reich gemacht hat. Nach dessen Tod erbt Julius, lässt sich ein Schloss bauen und bewirtet ständig falsche Freunde, ohne für seinen Lebensunterhalt auch nur einen Finger rühren zu müssen.

Vor einem finanziellen Untergang kann sich Flottwell, der nicht bösartig ist, sondern hilfsbereit freigeberisch, auf Grund eines Schicksalsspruch nicht durch die Feenwelt, sondern nur durch sich selbst bewahren. Cheristane beauftragt den Geist Azur, ihm beizustehen. Dieser erscheint als Bettler vor dem Palast Flottwells und bittet ihm Unmengen an Schätzen und Geld ab.

Flottwell, nun 30 Jahre alt, will Amalie, die Tochter irgendeines Präsidenten, gegen den Willen ihres Vaters heiraten und flieht mir ihr nach England. Sie haben ein gemeinsames Kind, und auf einer Reise nach Südamerika sterben Frau und Kind bei einem Schiffsunglück. Flottwell verliert danach große Summen bei Spekulationsgeschäften in London, bei der Rückreise nach Deutschland verspielt er im Casino von Wiesbaden seinen letzten Barbesitz. Mittellos kehrt er als 50-jähriger Bettler zu seinem alten Schloss zurück, das seinem ehemaligen Kammerdiener Wolf gehört, der ihn 20 Jahre zuvor ordentlich übers Ohr gehauen hat. Nur sein ehemaliger Bediensteter Valentin, der nun eine Tischlerei führt, hält ihn hoch in Ehren und nimmt ihn in sein Haus auf. Der alte Bettler taucht wieder auf und erklärt Flottwell, dass er die Schätze nur erbettelt hat, um sie für ihn aufzuheben. Flottwell ist wieder reich und verspricht dem Tischler Valentin und dessen Frau Unterstützung. Die Fee Cheristane kommt zurück und verspricht ein Wiedersehen in der jenseitigen Geisterwelt, wo der Altersunterschied nicht mehr ausschlaggebend ist.

Flottwell ist definitiv nicht durch eigene Schuld, sondern durch eine Verkettung unglücklicher Umstände verarmt: Plötzlicher Reichtum durch Erbschaft, Verlust der Familie durch ein Unglück, das Verspekulieren ist klassisch frühkapitalistisch und die Hoffnung auf Spielgewinn der letzte Rettungsanker.

Interessant ist der alte Bettler, der für Flottwell eine Art Pensionsversicherung darstellt, ohne ihm dies zu sagen. Das biedermeierische Ideal ist die Tischlerfamilie Valentin und Rosa mit ihren fünf Kindern: fleißig und glücklich, auch wenn sie nicht reich sind, aber sie können ihr Leben aus eigener Kraft unabhängig gestalten. Raimund gestaltet mit ihnen einen Ausweg aus dem durch eine Feenwelt gewährten Glück, wie er es in vielen Stücken konzipiert hat. Sein letztes Stück weist in eine menschliche, kleinbürgerliche Zukunft.