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Corona-Netzwerke. Gesellschaft im Zeichen des Virus

2 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Rezension, Corona ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Corona-Netzwerke. Gesellschaft im Zeichen des Virus

14.09.2021 um 21:24
Corona-NetzwerkeOriginal anzeigen (0,2 MB)

Mit Stand Mai/Juni 2020 hat der renommierte Springer-Verlag einen Sammelband mit Beiträgen der Netzwerk-Soziologie zur Corona-Krise veröffentlicht. Der Band ist in vier Abschnitte gegliedert:

- Individuen
- Gesundheitswesen
- Bildung und Arbeit
- Politik und Medien

Die einzelnen Beiträge sind von unterschiedlichem Abstraktionsniveau, wobei jedoch das Essayistische mit anekdotischen Beschreibungen überwiegt, der wissenschaftliche Erkenntniswert ist eher gering. Und wenn eine Zufallsbegegnung mit einem emeritierten Soziologieprofessor, der mit dem "Oma-Porsche" einkaufen geht und Tipps gibt, wo es Nudeln und Klopapier gibt, geschildert wird, ist ein ziemlicher Tiefstand erreicht.

Höheres Niveau wird vereinzelt erreicht, wenn das Hamsterverhalten aus der Unsicherheit interpretiert wird, die selbst Beschwichtigungsbotschaften vermitteln, oder wenn durch den Lockdown der Verlust an schwachen Beziehungen beobachtet wird, der nicht nur Privatpersonen in eine Echokammer treibt, sondern auch Unternehmen von notwendigem Informationsfluss abschneidet, weil nur mehr Teams mit sich selbst kommunizieren und Außenverbindungen gekappt sind, die auch durch digitales Kommunizieren nicht kompensiert werden können. Dies ließe sich bis ins Politische verfolgen, indem die EU mehr oder weniger zu existieren aufgehört habe und die Nationalstaaten auf sich selbst gestellt seien. Auch internationale Organisationen wie die WHO hätten sich ausgeklinkt und zum Teil nur mehr widersprüchliche oder nicht nachvollziehbare Informationen in die Welt gesetzt.

Interessant ist die Reflexion des Hamburger Kriminologen Nils Zurawski, der konstatiert, dass der Schutz der Privatsphäre nicht nur eine qualitative gesetzgeberische Entscheidung sei (Briefgeheimnis, Hausdurchsuchungen nur auf Basis eines richterlichen Beschlusses). Der Corona-Lockdown habe Menschen in ihre Privatsphäre zurückgedrängt, aber genau deswegen sei genau nachvollziehbar, wo sie sind. Wer den öffentlichen Raum betrete, sei von Haus aus verdächtig. Eine Überwachung, was die Menschen in ihren vier Wänden trieben, sei gar nicht mehr nötig, wenn eine Nation in einen mehr oder weniger offenen Freiheitsentzug verdammt werde. Dies solle nicht zu einer üblichen Praxis werden.

Beobachtbar sei als Reaktion ein Rückzug entweder in lokale und kleine Netzwerke (zum Beispiel in Krankenhäusern, die sich dem seit den 1990er Jahren beginnenden ökonomischen Ausgehungertsein und der Profitorientierung entgegenstemmen müssen) oder in die Familie, die sich zum Teil als "autonomer Kampfverband" (Julian Wolf und Kaspar Molzberger) neu definiert habe.

Die Politik habe gezeigt, dass auch dort Netzwerke, die für ein demokratisches Miteinander mit Kontrollinstanzen notwendig sind, sich verkleinert haben. Entscheidungen seien weltweit verstärkt der Exekutive übertragen worden (Regierungen, Polizei), parlamentarische Mechanismen einer Entscheidungsfindung seien geschwächt, wenn nicht sogar ausgesetzt worden. Auch die Medien hätten ihre Kontrollfunktion zurückgeschraubt, was die Bedeutung direkter, aber auch unreflektierter Kommunikation in sozialen Medien des Internets verstärkt hätte. Politiker, Wissenschafter, aber auch Kritiker bis hin zu Verschwörungstheoretikern verbreiteten über diese Medien ihre Positionen, ohne diese zur Diskussion zu stellen, sondern eher um ihre Echokammern zu befeuern, wie nicht uninteressante Nutzerstatistiken erschlossen haben.

Ein zwiespältiges Buch, das jedoch gut ein Jahr danach doch noch einige nachdenkenswerte Analysen enthält.


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Corona-Netzwerke. Gesellschaft im Zeichen des Virus

16.09.2021 um 12:16
Interessanter Bericht, ja, nachdenkenswerte Analysen, welche auch 2021 im September nachdenklich stimmen.


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