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Wer nicht schreibt, bleibt dumm

3 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Rezension, Schreiben, Pädagogik ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Wer nicht schreibt, bleibt dumm

23.03.2021 um 21:03
Wer nicht schreibt

Ein ziemlich reißerischer Titel, den sich der Verlag ausgedacht hat, dabei ist es eines der seltenen Schulkritik-Bücher, das von einer Praktikerin geschrieben wurde. Maria-Anna Schulze Brüning ist Kunstlehrerin in Hamm (NRW) und bietet Schreibtraining für Kinder im fünften Schuljahr an, die mit Krakelschriften aus der Grundschule kommen. Eine Krakelschrift ist sowas (10-Jähriger):

KrakelschriftOriginal anzeigen (0,3 MB)

Mit so einer Schrift lässt sich postulieren, dass ein Kind nicht schreiben kann: Es kann nicht mal selbst lesen, was es schreibt.

Schulze Brüning ist der Sache auf den Grund gegangen und hat nachgeforscht, warum Kinder mit so einer Schrift aus der Grundschule kommen, und sie hat ein Paket an Ursachen gefunden. Einerseits sieht sie es in Schriftumstellungen:

Die Vereinfachte Ausgangsschrift wird von der Mittellinie aus geschrieben und nicht von der Grundlinie, die Buchstaben werden oben angesetzt, nicht unten. Außerdem gäbe es einen Trend, dass Kinder zuerst Druckbuchstaben lernen, um sie später zu verbinden. Dies alles verkompliziere das Schreiben, die Kinder lernen Einzelbuchstaben, aber keine Buchstabenverbindungen, also auch keine Wörter zu schreiben. Der Fokus liegt am Buchstaben und nicht am Wort.

Ein weiterer Grund ist, dass in den letzten Jahrzehnten es einen Trend gibt, dass Kinder selbst lernen, Buchstaben nachzumalen, was zu verschiedensten autodidaktischen Lösungen führe, die einem ergonomischen Schreiben bzw. einem Wort- und Textschreiben im Wege steht. Die Kinder finden beim Schreiben nicht zum Wort, später auch nicht zum Text. Es werden Laute gemalt, die selbst nicht mehr zu lesen sind, weil sie immer wieder unterschiedlich gestaltet sind.

Schulze Brüning plädiert für eine Rückkehr zur alten Schreibschrift als erste Schrift, die gelernt wird, und zu einer Einweisung in Schreibbewegungen sowie zu regelmäßigem Üben. Schreiben sei eine Kulturtechnik und nicht mit dem Sprechenlernen zu vergleichen. Den derzeitigen Trend beim Schreibenlernen vergleicht sie, als ob jemand einem Kind ein Klavier und Noten von Chopin vor die Nase setzt, mit dem Ziel, in einem Jahr wie ein Konzertpianist spielen zu können, ohne ins Klavierspiel eingewiesen worden zu sein.

Mit Co-Autor Stephan Clauss wird über das frühe Einführen von Tastaturen bzw. Lern-Apps reflektiert. Es wird befürchtet, dass der Trend, nicht mehr mit der Hand schreiben zu können, sich dadurch verstärken würde, da Bewegung und Resultat überhaupt nicht mehr in Einklang stehen. Dies hätte auch Auswirkungen auf die intellektuelle Entwicklung von Kindern, da Neuronenverbindungen, die durch das Handschreiben von Wörtern und Texten nachweislich entstehen, nicht mehr gebildet würden. Kinder würden dümmer bleiben, ohne was dafür zu können.

Ebenso würde bei Reduktion des Lernens auf Apps kein Bildungsprozess mehr stattfinden, sondern Lernen wird ein Reiz-Reaktionsspiel mit Unterhaltungswert, was keinerlei Reflexion mehr benötige. Auch dies würde Kinder in ihrer geistigen Entwicklung behindern.

Schulze Brüning sieht den grundsätzlichen Fehler darin, Lernmethoden, die für Erwachsene erfolgreich sein können, Kindern überzustülpen, die zu solchen Lernleistungen noch gar nicht fähig sind: Sechsjährige als Buchstabendesigner zum Beispiel.

Im Buch gibt es sehr viele Beispiele aus ihrer Praxis mit spezifischen Anleitungen, wie Kinder mit zehn bis elf Jahren ihre Schrift umstellen können. Die Reflexionen über die derzeitigen schulpolitischen Weichenstellungen sind interessant und fundiert dargelegt.

Grundzüge ihrer Arbeit können auf ihrer Internetseite kennengelernt werden.


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Wer nicht schreibt, bleibt dumm

24.03.2021 um 10:12
Da muss ich Dir und deinem Artikel voll Recht geben, nicht nur schreiben HANDSCHRIFT auch das Rechnen ohne elektronische Hilfe sind mehr und mehr im schwinden. Dies ist eben auch und speziell (meiner Meinung nach) das Los der elektronischen Ära.

Hängen vielfach nur mehr am Smart Phone - Computer - Tablet usw. Selbst die Kommunikation mit anderen Menschen leidet darunter.

LG Dunkellicht2


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Wer nicht schreibt, bleibt dumm

24.03.2021 um 19:28
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb:Den derzeitigen Trend beim Schreibenlernen vergleicht sie, als ob jemand einem Kind ein Klavier und Noten von Chopin vor die Nase setzt, mit dem Ziel, in einem Jahr wie ein Konzertpianist spielen zu können, ohne ins Klavierspiel eingewiesen worden zu sein.
Man könnte auch sagen, es sei wie einem Kind ein Einrad zu geben, bevor es Fahrrad fahren gelernt hat -
es ist ja nicht nur eine intellektuelle Leistung, es ist auch, bzw. zuerst eine motorische.

Ich werd nie vergessen, wie meine Lehrerin (in der Ausbildung zur Ergotherapeutin) vor uns stand und erklärte, warum man zum Schreiben lernen ein gut entwickeltes "Gleichgewicht" braucht - ???
Und dann malte sie mit der Hand einen senkrechten Strich vor ihrer "Mitte" und fragte, wie es denn ohne dies zu "kennen" (diese Mitte), ein d von einem b unterscheiden solle (ebenfalls von den entsprechenden Gesten begleitet).

Fand ich sehr aufschlussreich.

Und kann ein wenig verstehen, warum Lehrer damit überlastet sind, das auszugleichen - es ist ja auch nicht bei allen Kindern gleich schlimm mit dem Bewegungsmangel.

"Gleichgewicht" ist nicht ganz der richtige Ausdruck, es geht um "sensorische Integration", also dass ein Kind durch Bewegung lernt, seine Fähigkeiten zu entwickeln.

Ich habe aber auch einen kleinen Einspruch,
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb:Der Fokus liegt am Buchstaben und nicht am Wort.
und das ist meiner unbescheidenen Meinung nach in Ordnung.
Ich habe den Eindruck, ihr geht es dabei mehr um die Verbindung der Wörter (auf einer Linie) - und in dem Sinne hat sie Recht.

Was aber das Schreiben selber angeht, ist es sinnvoller, einzelne Buchstaben zu "malen", als das ganze Wort im Sinn zu haben.
(Bei Erwachsenen auf alle Fälle, ich hab´s ausprobiert, bei "Wörtern" geht mehr verloren als beim "Malen" wenn es ums Tempo geht.)
In andern Ländern lernen Kinder schon länger das Schreiben in Druckbuchstaben und das funktioniert auch.

Bei dem, was sie da an "Hand/Auge Koordination" nachholt, macht das mit der Schreibschrift, bzw. dem ordentlichen Verbinden können der Buchstaben Sinn - aber das hat möglicherweise mehr mit dem Umlernen als mit dem Schreiben an sich zu tun - denke ich.

Wenn ich die Buchstaben miteinander verbinden soll, ist der Fokus mehr auf den Linien, deren Richtungen, wie ich die für die Buchstaben nutze - und daran will sie ja was ändern.
Aber eigentlich geht es nur darum, jeden Buchstaben gleich und damit nicht nur deutlicher, auch effektiver zu schreiben.
(Damit die Automatisierung nicht auf Kosten der Lesbarkeit geht.)


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