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Günter Müchler - Napoleons Hundert Tage
04.02.2021 um 21:15Original anzeigen (0,3 MB)
Napoleon scheint das Steckenpferd des Journalisten und ausgebildeten Historikers Günter Müchler zu sein, über den er mehrere Bücher geschrieben hat. Dieses über die "100 Tage" Herrschaft vom 20. März bis zum 22. Juni 1815 nach Napoleons Flucht von Elba ist keine Ikonographie, sondern zeigt auch ein Sittenbild Frankreichs, wo nach langen Jahren wechselnder Regime wie auch Napoleons Kaiserschaft und Weltherrschaftsträume die Eliten ihre Loyalitäten wechseln wie andere ihre Unterwäsche. Talleyrand nur einer von ihnen.
Müchler verzichtet jedoch nicht auf journalistische Kniffe (es ist kein wissenschaftliches Werk), so zeichnet er den dicken Ludwig XVIII. zwar als klug, jedoch als handlungsunfähig, das Land zu regieren, womit Freiräume entstehen, die Napoleon (der Schnellesser und Schnellbeischläfer, der in der Öffentlichkeit Marie-Louise als Superfrau im Bett lobt) nutzen kann. Kaum ist er bei Cannes gelandet und über die Dauphiné Richtung Paris unterwegs, schließen sich ihm Bauern, Handwerker und Tagelöhner an, die ein Wiederaufstehen jakobinischer Politik erhoffen, und die einfachen Soldaten lassen ihre Offiziere stehen und wechseln die Seiten zu ihrem geliebten Petit Corporal, wie sie Napoleon nennen. Dem König läuft die Armee weg. Grenoble, Lyon legen sich Napoleon zu Füßen, Ludwig flieht, Napoleon herrscht wieder.
Er plant keine Diktatur mehr, bezieht die Liberalen mit ein, gibt eine Verfassung mit einem Zweikammersystem. Proskriptionslisten gibt es keine. Auch will er Frieden mit den ehemaligen Gegnern, doch die (England, Preußen, Österreich und Russland) schließen sich zusammen und mobilisieren mit dem Ziel, Napoleon vom Thron zu stoßen. "Einmischung in innere Angelegenheiten" nennt Müchler es. Napoleon muss mobilisieren, doch dies fällt schwerer als im Jahrzehnt zuvor. Er will dem Zangenangriff zuvorkommen, Österreich und Russland sind langsam, und zieht mit einer schwächeren Armee als erhofft nach Norden, um zunächst die Preußen (was am 16. Juni fast gelingt, aber nur fast) und danach die Engländer (was am 18. Juni bei Waterloo auch fast gelingt, wenn Blücher nicht von der Flanke in die Schlacht dazustoßen könnte und die französischen Armeereste in Panik zu fliehen begännen) zu schlagen. Nach dem Rückzug nach Paris dankt Napoleon am 22. Juni ab, hofft auf eine Themistokles-Aufnahme in England, flieht auf ein englisches Schiff, doch die Engländer wollen ihn nicht im Land haben und verfrachten Napoleon auf die südatlantische Insel Sankt Helena, wo er 1821 schließlich verstirbt.
1840 werden die sterblichen Überreste Napoleons unter Beisein einer großen Menschenmenge im Invalidendom zu Paris beigesetzt. Napoleon wurde zum Mythos, zur Projektionsfläche sehr vieler unterschiedlicher politischer Hoffnungen. Militärdiktator, Einiger Europas, Feind adeliger Vorherrschaften, Gründer von Rechtsstaaten ist er. Selbst Liberale und Jakobiner finden sich in ihm wieder. Napoleon, der starke Mann für so viele "gute" Zwecke. Auch Müchler findet seinen Napoleon, den Militärdiktator. Für ihn war es ein Fehler, in den 100 Tagen keine Militärdiktatur zu errichten, auch wenn er aufgrund der militärischen Übermacht der Allianz daran zweifelt, ob ein Sieg in Waterloo den Widerstand der Restaurationsmächte hätte brechen können.
Napoleon scheint das Steckenpferd des Journalisten und ausgebildeten Historikers Günter Müchler zu sein, über den er mehrere Bücher geschrieben hat. Dieses über die "100 Tage" Herrschaft vom 20. März bis zum 22. Juni 1815 nach Napoleons Flucht von Elba ist keine Ikonographie, sondern zeigt auch ein Sittenbild Frankreichs, wo nach langen Jahren wechselnder Regime wie auch Napoleons Kaiserschaft und Weltherrschaftsträume die Eliten ihre Loyalitäten wechseln wie andere ihre Unterwäsche. Talleyrand nur einer von ihnen.
Müchler verzichtet jedoch nicht auf journalistische Kniffe (es ist kein wissenschaftliches Werk), so zeichnet er den dicken Ludwig XVIII. zwar als klug, jedoch als handlungsunfähig, das Land zu regieren, womit Freiräume entstehen, die Napoleon (der Schnellesser und Schnellbeischläfer, der in der Öffentlichkeit Marie-Louise als Superfrau im Bett lobt) nutzen kann. Kaum ist er bei Cannes gelandet und über die Dauphiné Richtung Paris unterwegs, schließen sich ihm Bauern, Handwerker und Tagelöhner an, die ein Wiederaufstehen jakobinischer Politik erhoffen, und die einfachen Soldaten lassen ihre Offiziere stehen und wechseln die Seiten zu ihrem geliebten Petit Corporal, wie sie Napoleon nennen. Dem König läuft die Armee weg. Grenoble, Lyon legen sich Napoleon zu Füßen, Ludwig flieht, Napoleon herrscht wieder.
Er plant keine Diktatur mehr, bezieht die Liberalen mit ein, gibt eine Verfassung mit einem Zweikammersystem. Proskriptionslisten gibt es keine. Auch will er Frieden mit den ehemaligen Gegnern, doch die (England, Preußen, Österreich und Russland) schließen sich zusammen und mobilisieren mit dem Ziel, Napoleon vom Thron zu stoßen. "Einmischung in innere Angelegenheiten" nennt Müchler es. Napoleon muss mobilisieren, doch dies fällt schwerer als im Jahrzehnt zuvor. Er will dem Zangenangriff zuvorkommen, Österreich und Russland sind langsam, und zieht mit einer schwächeren Armee als erhofft nach Norden, um zunächst die Preußen (was am 16. Juni fast gelingt, aber nur fast) und danach die Engländer (was am 18. Juni bei Waterloo auch fast gelingt, wenn Blücher nicht von der Flanke in die Schlacht dazustoßen könnte und die französischen Armeereste in Panik zu fliehen begännen) zu schlagen. Nach dem Rückzug nach Paris dankt Napoleon am 22. Juni ab, hofft auf eine Themistokles-Aufnahme in England, flieht auf ein englisches Schiff, doch die Engländer wollen ihn nicht im Land haben und verfrachten Napoleon auf die südatlantische Insel Sankt Helena, wo er 1821 schließlich verstirbt.
1840 werden die sterblichen Überreste Napoleons unter Beisein einer großen Menschenmenge im Invalidendom zu Paris beigesetzt. Napoleon wurde zum Mythos, zur Projektionsfläche sehr vieler unterschiedlicher politischer Hoffnungen. Militärdiktator, Einiger Europas, Feind adeliger Vorherrschaften, Gründer von Rechtsstaaten ist er. Selbst Liberale und Jakobiner finden sich in ihm wieder. Napoleon, der starke Mann für so viele "gute" Zwecke. Auch Müchler findet seinen Napoleon, den Militärdiktator. Für ihn war es ein Fehler, in den 100 Tagen keine Militärdiktatur zu errichten, auch wenn er aufgrund der militärischen Übermacht der Allianz daran zweifelt, ob ein Sieg in Waterloo den Widerstand der Restaurationsmächte hätte brechen können.