Ruf der Leere

Beinahe gänzlich erfüllt mich die Leere des Gefühls, sie durchzieht Leib und Geist, sie hüllt mich ein wie seidenes Tuch, weich und ermattend, und trennt mich von den anderen. Unerschütterlich steht sie im Raume, herrscht in mir wie um mich. Wie sie mich von ihr entfernt, so entzieht sie sich auch selbst der Logik des Lebens, raubt dem Leben Sinn und Gültigkeit, belächelt bald mild, bald hämisch das unablässige Streben der Schöpfung, deren Teil ich zu sein gezwungen bin. Mein viele Jahre dauerndes Schauspiel will nicht enden, denn es sucht einen Grad an Verfeinerung, den ich nicht für möglich hielt. Mir ist, als trachtete etwas nach dem zarten, flüchtigen Hauch, der mich am Leben hält. Als wollte es sich meiner ganz und gar bemächtigen, um endlich nur eine Hülle, einen bloßen Schatten zurückzulassen, untauglich, taub und trügerisch.

Die Leere herrscht weder schweigend noch tatenlos. Zuweilen wispert sie mir zu, ruft mich erst behutsam, dann fordernd, sie zu umarmen und mich ihr vollkommen hinzugeben. Dann lastet sie schwer, mich niederzwingend wie ein Joch, auf den Schultern. Ehe ich aber die Nägel wetze und nach der Erlösung im Tode kralle, entfernt sie sich ein Stück, um sich mir später erneut zu nähern und mich abermals ihren lähmenden Qualen preiszugeben. Ihr Schein ist ein sanfter, ihr Wesen aber ein raues und unbarmherziges.

Zugleich an- und abwesend, treibt sie Gefühl und Empfindung vor sich her, jagt sie hinfort in die Verschwommenheit einer fernen Erinnerung. Sie nimmt ihr Reich ein und weicht lange nicht. Was mir indes bleibt, wenn ihr Ruf erschallt und ihr Joch sich senkt, ist allein die Zigarette um drei Uhr morgens.

Schreib mir, wenn du reden magst.

@Subtilitas
Deinen letzten Beitrag ( Ruf der Leere) finde ich sehr berührend.

Alles Gute