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Miss Hudsons Lesetagebuch

3 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Miss Hudsons Lesetagebuch

31.10.2019 um 17:57
Jetzt aber weiter in die scheinbar so beschauliche und friedliche Schweiz, mit
Dürrenmatt, Friedrich - Der Verdacht.

Der Roman nimmt seinen Anfang in einem Spital in Bern, in welchem der Kommissar Hans Bärlach endlich seinen Magenkrebs operieren ließ. Die Genesung zieht sich schon über zwei Monate hin und Bärlach wird es zwischen Krankenbett und Haferschleimsuppe langweilig. Er beginnt, sich die Zeit zu verkürzen, indem er alte Ausgaben des amerikanischen Magazins "Life" durchblättert und bei Interesse auch liest.
Dabei stößt er auch auf ein Foto und einen Bericht über einen gewissen Doktor Nehle, der im Lager Stutthof Operationen durchführte. Das Foto zeigt den Doktor allerdings in Arztkleidung mit Mund- und Haarschutz.
Bärlach ist erschüttert und spricht seinen Freund Hungertobel, der das Spital leitet, auf den Artikel an. Hungertobel, bereits ein alter Mann, besieht sich das Foto, erbleicht und setzt die Brille ab. Bärlach, der dies bemerkt, frägt Hungertobel, ob er den Mann kenne.
Hungertobel sagt, dass ihn das Foto an einen ehemaligen Mitstudenten erinnere, dies aber unmöglich sein könne. Denn erstens habe sich Nehle nach dem Krieg umgebracht und zweitens sei sein Mitstudent zwar zuerst in Deutschland, aber ab 1932 in Chile gewesen. Dort sei er Leiter einer Klinik gewesen, Artikel in Fachzeitschriften verfasst und erst nach 1945 zurückgekehrt. Er habe ihn im letzten Jahr in Ascona getroffen und er sei ganz der Alte gewesen.
Doch Bärlach hat einen Verdacht gefaßt: was wäre, wenn es einen Doppelgänger von Hungertobels Mitstudenten gegeben hätte? Der eine in Chile, der andere in Stutthof?
Bärlach läßt sich von Hungertobel die Fachzeitschriften geben und studiert die Fachartikel. Es fällt ihm ein Unterschied im Stil und in der Ausdrucksweise auf. Wieder hakt er bei Hungertobel nach.
Hungertobel erzählt schließlich die Geschichte seines Mitstudenten, des jetzigen Dr. Emmenberger. Unauslöschlich hat sich in das Gedächtnis des Dr. Hungetobel eine Notoperation, die Emmenberger, damals noch Student, auf einer einsamen Almhütte durchgeführt hat. Ein Mitstudent hatte sich durch einen Sturz am Kehlkopf verletzt und Emmenberger vehinderte dessen Ersticken durch einen Kehlkopfschnitt. Hungertobel glaubt, damals einen sadistischen Zug an Emmenberger entdeckt zu haben. Aber Nehle und Emmenberger identisch? Niemals!
Bärlach sieht ein, dass er bei Hungetobel nicht weiterkommt und bittet seinen Freund, beim Antiquariat Feitelbach nach "Gullivers Reisen" zu fragen. Der Freund erfüllt den Wunsch. "Gullivers Reisen" kommt ins Spital, allerdings nicht auf gewöhnlichem Weg, sondern in der Nacht und er klettert über die Fassade. "Gullivers Reisen" ist Jude, der sich Gulliver nennt und durch sämtliche KZ´s geschleppt wurde; offiziell ist er tot.
Durch Gulliver erfährt Bärlach allerlei über Dr. Nehle, auch Gulliver ist von dessen Tod überzeugt.
Doch Bärlach ist immer noch nicht überzeugt. Er bittet Hungertobel, ihn auf dem "Sonnenstein" einer exclusiven Klinik, dessen Leiter Dr. Emmenberger ist, einzuliefern. Der Arzt, der einsieht, Bärlach nur so von seinem Verdacht abbringen zu können, willigt ein.
Bärlach läßt sich unter falschem Namen einliefern und begegnet als erstes der bigotten Schwester Klärli, sowie der wunderschönen Ärztin Dr. Marlock. Nach kurzen Gesprächen wird er Dr.Emmenberger vorgestellt. er gbit sich ihm gegenüber als Jäger von Kriegsverbrechern aus. Der Doktor zeigt sich interessiert und gibt Bärlach eine Beruhigungsspritze.
Nach einer scheinbar schweren, unruhigen Nacht erwacht Bärlach. Er fühlt sich schlecht und läutet nach der Nachtschwester. Schwester Klärli erscheint und Brälach gibt sich ihr als Kriminalkommissar zur erkennen. Schwester Klärli ist unbeeindruckt und holt Dr. Marlock. Die Ärztin kommt: eine verwelkte Frau. Sie spritzt sich, ehe sie mit Bärlach spricht, Morphium und erblüht wieder zur schönen Frau, die in der Droge Vergessen sucht. Nun endlich erfährt Bärlach, was geschah: Emmenberger machte mit Bärlach eine Insulinkur, die mehrere Tage dauerte, um ihn noch mehr zu schwächen, weil er wußte, wer er war. Denn unglückseligerweise erschien an dem Tag, an dem sich Bärlach auf den Sonnenstein einweisen ließ, ein Artikel über den Rücktritt des bekannten Berner Kommissars Hans Bärlach. Emmenberger sei außerdem mit Nehle identisch. Bärlach appelliert an das Gewissen der Frau. Doch auch sie winkt ab, sie sei nicht nur Emmenbergers Geliebte, sondern habe den Glauben an das Gute verloren, als sie selbst ins KZ Stutthof kam. Sie sei Kommunistin und Ärztin gewesen und sich nur dadurch retten können, dass sie Emmenbergers Geliebte geworden sei. Dann verläßt sie Bärlach.
Nun erscheint Emmenberger selbst. Er gibt zu, unter dem Namen Nehle in Stutthof ohne Narkose operiert zu haben. Und ein Mann namens Nehle, der ihm sehr ähnlich gewesen sei, für andere Ähnlichkeiten habe er durch ein paar Operationen gesorgt, u.a. der Narbe über der Augenbraue, sei unter seinem Namen in Chile gewesen. Nach dem Krieg habe er diesen allerdings nach seiner Rückkehr nach Hamburg zumSelbstmord gezwungen. Er kündigt Bärlach an, ihn am frühen Morgen ohne Narkose zu operieren und außerdem Hungertoel umbringen zu lassen, dann verläßt er ihn.
Bärlach schläft erschöpft ein.
Um halb sieben morgens erwacht Bärlach, steht auf und versucht, die verschlossene Tür zu seinem Zimmer zu öffnen: vergeblich. Da hört er schwere Schritte auf dem Flur und rechnet mit dem Schlimmsten. Doch nicht Emmenberger kommt herein, sondern - Gulliver. Er hat Emmenberger gerichtet, indem er ihn zum Selbstmord zwang. Außerdem hat er Hungertobel nach seinem damaligen nächtlichen Besuch im Spital beobachtet und so erfahren, wo Bärlach und Emmenberger/Nehle zu finden waren. Dann verschwindet Gulliver.
Hungertobel nimmt Bärlach wieder mit ins alte Spital.

Wenn ich an den Nägeln kauen würde, so hätte ich dies getan, als ich den Roman gelesen habe. Seite um Seite habe ich wie im Fieber gelesen, obwohl mir schon die Augen zufallen wollten. Nein, ich mußte wissen, wie alles endet, umso mehr, weil ich um den alten Kommissär Bärlach zitterte, der sich in der Hand eines leibhaftigen Teufels befand. Zum Schluß biß aber doch der Böse ins Gras, er wurde von einem seiner vermeintlichen Opfer gerichtet. Ich spare es mir, zu sagen: Resquiescat in pace.


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Miss Hudsons Lesetagebuch

31.10.2019 um 22:24
Diesen Roman habe ich auch unlängst gelesen, sehr lange nach "Der Richter und der Henker". Mir war er ein wenig zu konstruiert, während der Vorgängerroman mit dem Verschwimmen von Gut und Böse ein Meisterwerk ist. Aber immer noch ein großartiger Kriminalroman. "Das Versprechen" habe ich noch nicht gelesen.

Und ein Dankeschön für diesen klasse Blog möchte ich auch noch hierlassen!


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Miss Hudsons Lesetagebuch

01.11.2019 um 14:16
Vielen Dank für Deinen Kommentar, Narrensschiffer :)

"Das Versprechen" habe ich schon gelesen, ich habe eine zeitlang sehr viel von Dürrenmatt gelesen. Das Versprechen finde ich persönlich großartig, wenn auch der Roman vom Film abweicht. Meines Wissens nach wurde der Roman erst nach dem Film geschrieben, Dürrenmatt lieferte die Story.


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