383dd4743d468189 Trakl - Menschheit
Georg Trakl: Menschheit. Ausschnitt einer Reproduktion eines Typendrucks für die Marbacher Expressionismus-Ausstellung 1960. Veröffentlicht auf the-saleroom.com

Dieses Gedicht schrieb Georg Trakl 1912 noch vor dem Ersten Weltkrieg. Apokalyptisch in seiner Diktion wurden die Metaphern nicht mal zwei Jahre nach Veröffentlichung für Millionen blutigste Realität.
Georg Trakl - Menschheit

Menschheit vor Feuerschlünden aufgestellt,
Ein Trommelwirbel, dunkler Krieger Stirnen,
Schritte durch Blutnebel; schwarzes Eisen schellt,
Verzweiflung, Nacht in traurigen Gehirnen:
Hier Evas Schatten, Jagd und rotes Geld.
Gewölk, das Licht durchbricht, das Abendmahl.
Es wohnt in Brot und Wein ein sanftes Schweigen
Und jene sind versammelt zwölf an Zahl.
Nachts schrein im Schlaf sie unter Ölbaumzweigen;
Sankt Thomas taucht die Hand ins Wundenmal.
Text mit einer religiösen Kurzinterpretation, welche das Positive der Abendmahlmetapher ins Zentrum stellt, hier:
https://religion.orf.at/radio/stories/2677231/

Ich sehe den Text, auch in Anbetracht an Trakls Verzweiflung als Sanitäter in Galizien und dessen Tod, der als Freitod gesehen werden kann, in seiner Vorkriegsahnung düsterer.