Hoelderlin Epochenzentrum 98

Der römische Name für die Donau war Ister und Friedrich Hölderlin hat sein Gedicht über die Donau Der Ister genannt. Hier der Text in der Originalschreibung:
Jezt komme, Feuer!
Begierig sind wir
Zu schauen den Tag,
Und wenn die Prüfung
Ist durch die Knie gegangen,
Mag einer spüren das Waldgeschrei.
Wir singen aber vom Indus her
Fernangekommen und
Vom Alpheus, lange haben
Das Schikliche wir gesucht,
Nicht ohne Schwingen mag
Zum Nächsten einer greifen
Geradezu
Und kommen auf die andere Seite.
Hier aber wollen wir bauen.
Denn Ströme machen urbar
Das Land. Wenn nemlich Kräuter wachsen
Und an denselben gehn
Im Sommer zu trinken die Thiere,
So gehn auch Menschen daran.

Man nennet aber diesen den Ister.
Schön wohnt er. Es brennet der Säulen Laub,
Und reget sich. Wild stehn
Sie aufgerichtet, untereinander; darob
Ein zweites Maas, springt vor
Von Felsen das Dach. So wundert
Mich nicht, daß er
Den Herkules zu Gaste geladen,
Fernglänzend, am Olympos drunten,
Da der, sich Schatten zu suchen
Vom heißen Isthmos kam,
Denn voll des Muthes waren
Daselbst sie, es bedarf aber, der Geister wegen,
Der Kühlung auch. Darum zog jener lieber
An die Wasserquellen hieher und gelben Ufer,
Hoch duftend oben, und schwarz
Vom Fichtenwald, wo in den Tiefen
Ein Jäger gern lustwandelt
Mittags, und Wachstum hörbar ist
An harzigen Bäumen des Isters,

Der scheinet aber fast
Rükwärts zu gehen und
Ich mein, er müsse kommen
Von Osten.
Vieles wäre
Zu sagen davon. Und warum hängt er
An den Bergen gerad? Der andre
Der Rhein ist seitwärts
Hinweggegangen. Umsonst nicht gehn
Im Troknen die Ströme. Aber wie? Ein Zeichen braucht es
Nichts anderes, schlecht und recht, damit es Sonn
Und Mond trag’ im Gemüth’, untrennbar,
Und fortgeh, Tag und Nacht auch, und
Die Himmlischen warm sich fühlen aneinander.
Darum sind jene auch
Die Freude des Höchsten. Denn wie käm er
Herunter? Und wie Hertha grün,
Sind sie die Kinder des Himmels. Aber allzugedultig
Scheint der mir, nicht
Freier, und fast zu spotten. Nemlich wenn

Angehen soll der Tag
In der Jugend, wo er zu wachsen
Anfängt, es treibet ein anderer da
Hoch schon die Pracht, und Füllen gleich
In den Zaum knirscht er, und weithin hören
Das Treiben die Lüfte,
Ist der zufrieden;
Es brauchet aber Stiche der Fels
Und Furchen die Erd’,
Unwirthbar wär es, ohne Weile;
Was aber jener thuet der Strom,
Weis niemand.
Quelle: https://www.hoelderlin-gesellschaft.de/index.php?id=983

Hier findet sich ein Text von Martin Heidegger aus dem Jahr 1966 über dieses Gedicht:
http://wwwu.aau.at/hstockha/neu/Der_Ister.pdf (Archiv-Version vom 22.12.2018)

Und um es noch ein Stückchen weiter zu treiben, Heidegger selbst hat Höderlin vorgetragen, und hier eine Audioaufnahme aus dem Jahr 1961:

Youtube: Heidegger liest Hölderlin: 05. Der Ister
Heidegger liest Hölderlin: 05. Der Ister
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