Narrenschiffer
Diskussionsleiter
Profil anzeigen
Private Nachricht
Link kopieren
Lesezeichen setzen
dabei seit 2013Unterstützer
Profil anzeigen
Private Nachricht
Link kopieren
Lesezeichen setzen
J. R. R. Tolkien - Der Herr der Ringe (Band 3)
12.03.2019 um 00:05Die Schlacht um Minas Tirith ist geschlagen, die vereinten Kräfte des Westens besiegen das Böse des Ostens. Frodo und Sam schaffen es zum Schicksalsberg, der Ring wird vernichtet (das kostet Frodo den Finger, da Gollum ihn wegen des Rings abbeißt, aber mit Finger und Ring in den Vulkan stürzt).
Der Friede kehrt ein, Aragorn (Streicher) wird König, die Hobbits kehren heim. Doch das Auenland wird von einer faschistischen Junta unter dem bösen Zauberer Saruman regiert und beinahe zugrunde gerichtet (das schafft später ein Ceausescu ähnlich), aber Frodo und Sam gelingt es, die Hobbits zum Aufstand zu führen. Saruman wird von seinem schlangenhaften Lakaien (eher Sklaven) erdolcht, die Kolonialmenschen, die das Auenland für sich umgemodelt haben, hauen ab.
Nach Ende des Wiederaufbaus zieht Frodo mit dem alten Bilbo (beide Ringträger) auf die Elbeninsel Eressea, vielleicht so eine Art Avalon.
Der Text ist wieder flotter zu lesen als der doch etwas zähe zweite Band (Buch 3 und 4), hinterlässt aber doch Rätsel. Was ist der Ring, der das Böse gebiert?
Der Westen bzw. Mittelerde ist so ein Mischmasch an Biedermeierlichkeit, Kleingewerbeherrlichkeit wie auch Lob auf alte dynastische Hierarchien, die von Guten angeführt werden. Der Osten ist die Apotheose des Bösen, eine totalitäre Vermengung aus Faschismus und Stalinismus. Deren Horden sind letztlich entindividualisiert. Die Nazgul sind so eine Art SS-Division, die Orks kollektive Kampfmaschinen.
Der Ring kann durchaus als das Nicht-Fassbare, die Irrationalität des Bösen interpretiert werden. Tolkien selbst lehnte eine Interpretation bewusst ab, um die Leser selbst zu einer Interpretation kommen zu lassen. Wie der Ring auf seine Träger wirkt, ist Gier durchaus eine der Lesarten, die weit oben stehen könnte.
Was den Gesamttext etwas befremdlich macht, ist die geringe Individualisierung der Figuren. Ihr Charakter scheint von ihrer biologischen Art bestimmt zu sein: Orks sind Kampfmaschinen, Trolle sind bösartig, Hobbits sind nett und letztlich etwas behäbig, Elben sind hochgeistige Wesen. Nur bei den Menschen sind unterschiedliche Charaktere ausgebildet, aber auch da sind es kollektive Charaktere nach Volksgruppen - je weiter weg (im Norden oder Süden), desto eher dem Bösartigen zugeneigt.
Bewundernswert ist letztlich, wie akribisch Tolkien seine Fantasiewelt - auch mit Kunstsprachen - entwickelt hat, was dieses Epos nicht zu unrecht zu einem Klassiker des Genres Fantasy erhebt.