Narrenschiffer
Diskussionsleiter
Profil anzeigen
Private Nachricht
Link kopieren
Lesezeichen setzen
dabei seit 2013Unterstützer
Profil anzeigen
Private Nachricht
Link kopieren
Lesezeichen setzen
Jim Thompson - The Alcoholics
02.01.2018 um 21:52Der Leiter einer privaten Klinik für Alkoholiker namens "El Healtho" südlich von Los Angeles ist vor dem Bankrott, da seine Klienten einfach nicht zahlen. So gibt es nur einen Deal: er übernimmt einen Lobotomie-Patienten aus einer angesehenen Familie, bei dem praktisch alles daneben gegangen ist, und lässt sich 15.000 Dollar anweisen, was seine Klinik rettet.
Diese gedruckt wohl nur etwa 150 Seiten sind dicht gedrängt und mehr oder weniger der aristotelischen Schule verpflichtet: ein Ort, ein Tag, eine Handlung.
Pasteur Semelweiss Murphy stammt aus einer Arztfamilie, sein Vater stirbt aufgrund seines Alkoholismus, und als Dr. Peter S. Murphy gründet er eine Privatklinik für Alkoholkranke, die aber nicht gut läuft, da seine Klienten nicht zahlen, obwohl sie dies eigentlich könnten. Der Betrag: 30 Dollar pro Tag (heute etwa 300 USD).
Der Kern ist, wie Murphy aus einer alten familiären Bekanntschaft das Geld rauspresst, damit seine Klinik weitergeführt werden kann.
Aber es wäre kein Thompson, wenn nicht das Setting völlig skurril wäre:
- der Lobotomiepatient ist praktisch unbeweglich und wird von der einzigen, sehr hübschen sexbesessenen Krankenschwester gefoltert
- es gibt sieben Insaßen: einen alten pensionierten General, zwei Brüder mit einer Literatur-Agentur, eine 40-jährige schwangere Schauspielerin, einen abgetakelten Pulitzer-Preisträger und einen Werbe-Fuzzi, die alle auch in der Klinik saufen können wie das Loch, plus den Lobotomierten.
Saufen hat in diesem Roman nichts mit dem weinerlichen "Ich trinke jeden Tag ein Bier - bin ich Alkoholiker?" unserer Tage zu tun. Saufen heißt: ein Liter Whiskey zwischen Frühstück und Mittagessen.
Thompson zerpflückt das US-Gesundheitssystem und das mit einer für die 50er Jahre erfrischenden Art und Weise. Ultra und ich ziehe das Kapperl.