Narrenschiffer
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Jim Thompson - Recoil
02.11.2017 um 23:05Patrick Cosgrove ist ein zwiespältiger Charakter: noch vor seinem achtzehnten Geburtstag betritt er mit einem Jagdgewehr eine Bank in der Provinzstadt, in der er aufgewachsen ist. Eigentlich will er jagen gehen und Geld von seinem Konto abheben, aber durch sein ungeschicktes Verhalten wird ein Bankraub daraus, er flieht mit seinem Wagen Richtung Flughafen und will mit vorgehaltener Waffe noch ein Flugzeug entführen. Das geht nicht gut: er erhält eine fünfundzwanzigjährige Gefängnisstrafe. Nach 15 Jahren schreibt er Hunderte von Briefen, um auf Bewährung freigesetzt zu werden.
Als der Gefängnispsychologe für ihn eintritt und ihn rausholt, weiß Patrick nicht, dass jener ihn für einen Lebensversicherungsbetrug benötigt (als Schein-Mörder) und zur Verschleierung der Tat sich ganz tief in die Machenschaften der rechtsradikalen Granden der wohl texanischen Öl-Stadt, die wirtschaftlich am absteigenden Ast ist, verstrickt hat.
Nach unzähligen Verstrickungen und einem Mord an einem wissenden Privatdetektiv endet - ungewöhnlich für Thompson - der Thriller mit einem Happy-End. Die Machenschaften des Psychologen und dessen Freunde werden von der Bewährungshelferin aufgedeckt und Patrick heiratet als freier Mann die Frau des Psychologen, welche dieser wegen einer Ex-Patientin verstoßen hat.
Interessant bei diesem 1953 veröffentlichten Noir-Thriller ist, dass der Protagonist als Leser vorgestellt wird, der im Gefängnis unter anderem Marx und Schopenhauer gelesen hat, und dass die Anhänger der "Patriotic Phalanx" Schulbücher säubern möchten (als Lobbyisten für Schulbuchverlage, welche die Konkurrenz aus dem Geschäft drängen wollen).
Thompson hat sich in diesen politisch schweren Zeiten sehr eindeutig positioniert. Dieser Thriller ist sehr lesbar und Patrick eine Mischung aus naiv und klug, aber der erste "Held" Thompsons, der für mich sympathisch rüberkommt.