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Urlaub
19.03.2017 um 18:02Die Aussicht ist so wunderschön wie trügerisch:
Vorne Palmen, deren Blätter im frischen Wind klappern, dahinter auf dem Hügel ein Pinienwald, dahinter blass die Silhouette eines Bergzuges.
Rechts rauscht das Meer, die Sonne brutzelt auf den Balkon.
Hinter dem Pinienwald und den niedrigen Häusern, die man sich als Fischerdorf denken könnte (wenn es einen Hafen an diesem endlosen Strand gäbe, also sind es wohl ältere Sommerbehausungen von Mallorquinern und Spaniern), mitten in ein bezauberndes Naturschutzgebiet geholzt, liegt in Blickrichtung eines jener berüchtigten Touristenzentren. Geht man am Strand entlang, sieht man kilometerlang nur Hotels - wenn auch nicht die ganz schlimmen, denn die stehen in zweiter und dritter Reihe dahinter. An der Straße mit den Nachtclubs und dem Dutzend "Superspar"-Märkten, damit die Deutschen im Urlaub auf nichts verzichten müssen.
Noch sind fast alle Hotels geschlossen, es wird gebaut, gesägt, gestrichen: Vorsaison. Man spürt so etwas wie ein tiefes Luftholen vor dem Ansturm, auch die Kellner in unserem Hotelrestaurant und die Zimmermädchen sind extrem gutgelaunt. Ob sie das im Herbst immer noch sind (und ob ich wohl Lust hätte, das rauszufinden)?
Restaurants, Läden, Bars, Discos ... alle im Dornröschenschlaf. Dabei ist hier gerade Wetter, wie es an der Nordsee auch im Sommer nicht besser wird. Nur dass dort bei der Aussicht auf die entsprechenden Bettenburgen die Palmen im Vordergrund fehlen. :troll:
Die junge Dame, mit der ich das Zimmer teile (nein, nicht was man denken möchte: Meine Nichte, die mir diesen Urlaub geschenkt und organisiert hat), vermisst laktosefreie Milch. Ja, sie kommt aus Berlin und nein, sie ist kein Hipster. Sie hat nur eine Allergie... wo waren eigentlich all die Allergien früher?
Ich vermisste meinen Kaffee, aber wie sollen die den auch so plörrig und aus der Kafetiére und aus Espresso hinbekommen, wie ich nach jahrelangen Versuchen bis zur Perfektion des Ergebnisses, das (fertig gezuckert!) aus alten Kaffeekannenr mit nicht weniger als 1,2l Inhalt am besten schmeckt?
Zum Glück gibt es überall den ollen Nescafé, der schon vor 25 Jahren in Griechenland funktionierte, und man kann sich ein Kännchen heißes Wasser holen. Nur das ständige neu portionieren von Kaffeepulver und Zucker für jede Tasse macht mich irre.
Ich werde also genau so ein spleeniger deutscher Tourist... (die fränkische Bäuerin, mit der ich mich auf meinen Spaziergängen 1976/77 unterhielt, hat immer von "Touristen" gesprochen, wenn sie "Terroristen" meinte. Also "Duurrisden". Vielleicht gibt es da mehr Parallelen, als einem lieb sein kann, habe ich seitdem oft gedacht)?
Einen "Eingeborenen" werde ich in der Woche wohl kaum kennen lernen, auch nicht abends in irgend einer Bodega, und auch nicht mit dem Fischer schwatzen, der mir das Abendbrot gefangen hat.
Die Leute erkennen einen schon als Deutschen, bevor man den Mund aufgemacht hat, sind freundlich und verbindlich. Mehr möchte ich ihnen auch gar nicht zumuten angesichts der Plage, die sie in ein paar Wochen überfallen wird. Und der Fisch auf dem Büffet kommt von sonstwo, aber vermutlich nicht aus dem Meer rundum.
Ich verbringe den ersten Urlaub als Massentourist, zum Glück außerhalb der Saison für Massentouristen.
Wenigstens gibt es noch keine Inselrundfahrten und kein Animationsprogramm, wie es im Hotelkatalog angedroht wird. Aber macht es das besser?
Ich kann mich entspannen (es gibt sogar eine Sauna und einen Indoor-Pool), das Essen ist gut, man könnte allmorgendlich nichts anderes als süße Honigmelone frühstücken, wenn da nicht noch Omelette und Serrano wären, und abends gibt es mindestens drei Sorten Fisch plus Meeresfrüchte und Salat und was-nicht-alles (die Rippchen waren auch sensationell) - man müsste ein Vollidiot sein, um sich nicht wohl zu fühlen.
Aber...
Früher...
Da war Urlaub, dass man sich mindestens drei Wochen Zeit nahm, einen Flug buchte und von da an alles offen ließ.
Ich binabsichtlich nach Athen geflogen und nicht direkt nach Kreta, um die sieben Stunden Schiffsreise zwischen den Alltag und mich zu bringen. Und dann suchte man sich eine schrabbelige Pension am Ende der Welt mit nur dem allernötigsten Komfort (situationsbedingt: bei kaltem Wetter bitte mit Warmwasser).
Oder ich flog nach Indonesien oder Trinidad, ohne jeden Plan. Als Reiseführer höchstens "Lonely Planet", gerne aber auch ohne.
Den Rest verrieten einem örtliche Busfahrpläne und dann war man darauf angewiesen, eine gute Pension von einer schlechten Pension von außen unterscheiden zu können. Ich hatte ein Händchen für gute Pensionen, nach dem ersten Griechenlandurlaub ... das war wohl der Härtetest, mit einem mückenverseuchten Zimmer in einer ehemaligen Garage, das perfekt war, nachdem ich einen Mückenkiller kaufte, der in die Steckdose einzustecken war. Die Biester waren noch da, pennten aber friedlich. Die Wirtin war so süß, dass sie jeglichen fehlenden Komfort - also alles - vergessen ließ.
Nur war abends sehr schnell das warme Wasser alle, das aus einem Tank auf dem Dach kam.
Danach wusste ich, worauf ich zu achten hatte.
Dieses Hotel widerspricht allen Erfahrungen und erworbenen Instinkten... hier sind die falschen Gäste. es ist zu groß und man wird mit niemandem ins Gespräch kommen, außer mit einem Radrennfahrer aus dem Rheinland, falls man sich an die Hotelbar verirrt. Es ist günstig und der Komfort lässt nichts zu wünschen übrig, aber .......................
Wenn es geputzt wurde, riecht es muffig und die Gardinen sind zugezogen. Trotzdem möchte man der Putzfrau wegen ihren konstant und grenzenlosen guten Laune ein fettes Trinkgeld hinterlassen. Auch wenn sie bei uns kaum jemals putzen musste.
Sicher kann man Mallorca erkunden, fernab der Touristenzentren, wenn man ein Auto hat. Ohne Auto ist das unmöglich: Die Busse geben sehr kryptische Fahrpläne an, die einzelnen Stationen sind nicht aufgeführt. Man möchte eindeutig, dass die nervigen Touristen in ihren Hotels und am Strand bleiben.
Der zunehmende Autoverkehr wurde von meiner Sitznachbarin auf dem Hinflug beklagt... nirgendwo findet man mehr einen Parkplatz. Sie kommt seit 25 Jahren hierher, und jetzt nimmt sie nur noch den Bus zum Strand oder in den Ort. Das bedeutet, dass sie nichts Neues mehr kennen lernt.
Was machen eigentlich die Malloquiner? Die benutzen ja auch die Busse. Jedenfalls hat jeder Busfahrer bei jeder Fahrt eine klitzekleine ältere Dame vorne sitzen oder stehen, mit der er sich angeregt unterhält. Oder auch zwei.
Positiv hat mich außerdem eingenommen, dass der Fahrer seine wunderschöne, echt schweinslederne Geldtasche voller Scheine und Kleingeld direkt neben dem Fahrersitz im Gang abstellte und dort auch stehen ließ, als er minutenlang die Hebebühne für einen Rollstuhl bediente. Jeder hätte sich bedienen können.
Vielleicht ist man hier wirklich noch so vertrauensseelig?
Morgen fahren wir in die Stadt, sagt meine Nichte. Ich lasse mich treiben, denn in einer Woche (noch drei Tagen) werde ich ohnehin keinen Abstand gewinnen. Weder von meinem Betrieb, noch von meinem Privatleben. Auch wenn ich Handy und e-mail nicht gecheckt habe.
Vermisse ich jemanden?
Es tauchen ständig Erinnerungen an frühere Urlaube auf. Bedeutsame Begegnungen, krasse Erfahrungen, schöner, außergewöhnlicher, erwartungsgemäßer und erstaunlich bedeutungsloser Sex. Orte, die man nur zufällig fand ... aber was ist an Alcudia Altstadt originell? Da wurde jede Ecke schon von Dutzenden fotografiert.
Ich vermisse die Urlaubsbegleiter: den Kameraden auf anstrengenden Wandertouren und den, der mir die entlegensten Orte zeigte aber immer an sich selbst scheiterte, und den, der in der Fremde eine unerreichbare Heimat fand.
Ziemlich sicher werde ich keinen Partner für erstaunlichen Sex an dieser Hotelbar finden, die einen gefliesten Boden hat und zur Not auch 300 Personen Platz bietet. Und zur Zeit scheinen sich auch nur Fahrradfahrer dort aufzuhalten, die tagsüber in Trikots mit Sponsorenwerbung auftreten.
Urlaub war auch immer ein Abenteuer mit dem Begleiter... Beziehungen konnten gefestigt oder zerstört werden. Meine Nichte wird aber, egal was passiert, meine Nichte bleiben (auch wenn wir gar nicht verwandt sind, aber das ist eine andere Geschichte).
Natürlich stellt sich die Frage, wie das mit der derzeitigen, nicht näher definierten Beziehung ist. Ziemlich sicher würden wir schöne Tage verbringen können, mit Auto (er hat einen Führerschein) umher fahren, u.s.w..
Aber macht das einen Urlaub aus? Oder ist das das gleiche, was wir auch zu Hause haben können, da die Beziehung sowieso im Ausnahmezustand gehalten wird? Würde eine veränderte Kulisse irgendwas an der Beziehung ändern?
Nunja, ich habe einen Balkon mit Abendsonne und Panorama der Bergkette. Rechts rauscht das Meer, heute mit weißen Wellenkämmen. Die hässliche Bettenburgen-Meile ist verdeckt von dem Hügel mit Pinienwald. Die niedrigen Häuser, die sich zwischen die Bäume ducken, sind noch nicht bewohnt.
Abends kläfft immer ein Hund, als wollte er den Soundtrack für ambitionierte Literaten bilden.
Der Rosé ist sehr billig und das Essen ist gut... was will man mehr.
Am Himmel zeigen sich Wolkenschleier, die aussehen wie federige, geronnene Milch.
Obwohl ich in Berlin immer den Himmel sehe, habe ich solche Wolken noch nie gesehen.
Noch zwei Tage Urlaub.
Vorne Palmen, deren Blätter im frischen Wind klappern, dahinter auf dem Hügel ein Pinienwald, dahinter blass die Silhouette eines Bergzuges.
Rechts rauscht das Meer, die Sonne brutzelt auf den Balkon.
Hinter dem Pinienwald und den niedrigen Häusern, die man sich als Fischerdorf denken könnte (wenn es einen Hafen an diesem endlosen Strand gäbe, also sind es wohl ältere Sommerbehausungen von Mallorquinern und Spaniern), mitten in ein bezauberndes Naturschutzgebiet geholzt, liegt in Blickrichtung eines jener berüchtigten Touristenzentren. Geht man am Strand entlang, sieht man kilometerlang nur Hotels - wenn auch nicht die ganz schlimmen, denn die stehen in zweiter und dritter Reihe dahinter. An der Straße mit den Nachtclubs und dem Dutzend "Superspar"-Märkten, damit die Deutschen im Urlaub auf nichts verzichten müssen.
Noch sind fast alle Hotels geschlossen, es wird gebaut, gesägt, gestrichen: Vorsaison. Man spürt so etwas wie ein tiefes Luftholen vor dem Ansturm, auch die Kellner in unserem Hotelrestaurant und die Zimmermädchen sind extrem gutgelaunt. Ob sie das im Herbst immer noch sind (und ob ich wohl Lust hätte, das rauszufinden)?
Restaurants, Läden, Bars, Discos ... alle im Dornröschenschlaf. Dabei ist hier gerade Wetter, wie es an der Nordsee auch im Sommer nicht besser wird. Nur dass dort bei der Aussicht auf die entsprechenden Bettenburgen die Palmen im Vordergrund fehlen. :troll:
Die junge Dame, mit der ich das Zimmer teile (nein, nicht was man denken möchte: Meine Nichte, die mir diesen Urlaub geschenkt und organisiert hat), vermisst laktosefreie Milch. Ja, sie kommt aus Berlin und nein, sie ist kein Hipster. Sie hat nur eine Allergie... wo waren eigentlich all die Allergien früher?
Ich vermisste meinen Kaffee, aber wie sollen die den auch so plörrig und aus der Kafetiére und aus Espresso hinbekommen, wie ich nach jahrelangen Versuchen bis zur Perfektion des Ergebnisses, das (fertig gezuckert!) aus alten Kaffeekannenr mit nicht weniger als 1,2l Inhalt am besten schmeckt?
Zum Glück gibt es überall den ollen Nescafé, der schon vor 25 Jahren in Griechenland funktionierte, und man kann sich ein Kännchen heißes Wasser holen. Nur das ständige neu portionieren von Kaffeepulver und Zucker für jede Tasse macht mich irre.
Ich werde also genau so ein spleeniger deutscher Tourist... (die fränkische Bäuerin, mit der ich mich auf meinen Spaziergängen 1976/77 unterhielt, hat immer von "Touristen" gesprochen, wenn sie "Terroristen" meinte. Also "Duurrisden". Vielleicht gibt es da mehr Parallelen, als einem lieb sein kann, habe ich seitdem oft gedacht)?
Einen "Eingeborenen" werde ich in der Woche wohl kaum kennen lernen, auch nicht abends in irgend einer Bodega, und auch nicht mit dem Fischer schwatzen, der mir das Abendbrot gefangen hat.
Die Leute erkennen einen schon als Deutschen, bevor man den Mund aufgemacht hat, sind freundlich und verbindlich. Mehr möchte ich ihnen auch gar nicht zumuten angesichts der Plage, die sie in ein paar Wochen überfallen wird. Und der Fisch auf dem Büffet kommt von sonstwo, aber vermutlich nicht aus dem Meer rundum.
Ich verbringe den ersten Urlaub als Massentourist, zum Glück außerhalb der Saison für Massentouristen.
Wenigstens gibt es noch keine Inselrundfahrten und kein Animationsprogramm, wie es im Hotelkatalog angedroht wird. Aber macht es das besser?
Ich kann mich entspannen (es gibt sogar eine Sauna und einen Indoor-Pool), das Essen ist gut, man könnte allmorgendlich nichts anderes als süße Honigmelone frühstücken, wenn da nicht noch Omelette und Serrano wären, und abends gibt es mindestens drei Sorten Fisch plus Meeresfrüchte und Salat und was-nicht-alles (die Rippchen waren auch sensationell) - man müsste ein Vollidiot sein, um sich nicht wohl zu fühlen.
Aber...
Früher...
Da war Urlaub, dass man sich mindestens drei Wochen Zeit nahm, einen Flug buchte und von da an alles offen ließ.
Ich binabsichtlich nach Athen geflogen und nicht direkt nach Kreta, um die sieben Stunden Schiffsreise zwischen den Alltag und mich zu bringen. Und dann suchte man sich eine schrabbelige Pension am Ende der Welt mit nur dem allernötigsten Komfort (situationsbedingt: bei kaltem Wetter bitte mit Warmwasser).
Oder ich flog nach Indonesien oder Trinidad, ohne jeden Plan. Als Reiseführer höchstens "Lonely Planet", gerne aber auch ohne.
Den Rest verrieten einem örtliche Busfahrpläne und dann war man darauf angewiesen, eine gute Pension von einer schlechten Pension von außen unterscheiden zu können. Ich hatte ein Händchen für gute Pensionen, nach dem ersten Griechenlandurlaub ... das war wohl der Härtetest, mit einem mückenverseuchten Zimmer in einer ehemaligen Garage, das perfekt war, nachdem ich einen Mückenkiller kaufte, der in die Steckdose einzustecken war. Die Biester waren noch da, pennten aber friedlich. Die Wirtin war so süß, dass sie jeglichen fehlenden Komfort - also alles - vergessen ließ.
Nur war abends sehr schnell das warme Wasser alle, das aus einem Tank auf dem Dach kam.
Danach wusste ich, worauf ich zu achten hatte.
Dieses Hotel widerspricht allen Erfahrungen und erworbenen Instinkten... hier sind die falschen Gäste. es ist zu groß und man wird mit niemandem ins Gespräch kommen, außer mit einem Radrennfahrer aus dem Rheinland, falls man sich an die Hotelbar verirrt. Es ist günstig und der Komfort lässt nichts zu wünschen übrig, aber .......................
Wenn es geputzt wurde, riecht es muffig und die Gardinen sind zugezogen. Trotzdem möchte man der Putzfrau wegen ihren konstant und grenzenlosen guten Laune ein fettes Trinkgeld hinterlassen. Auch wenn sie bei uns kaum jemals putzen musste.
Sicher kann man Mallorca erkunden, fernab der Touristenzentren, wenn man ein Auto hat. Ohne Auto ist das unmöglich: Die Busse geben sehr kryptische Fahrpläne an, die einzelnen Stationen sind nicht aufgeführt. Man möchte eindeutig, dass die nervigen Touristen in ihren Hotels und am Strand bleiben.
Der zunehmende Autoverkehr wurde von meiner Sitznachbarin auf dem Hinflug beklagt... nirgendwo findet man mehr einen Parkplatz. Sie kommt seit 25 Jahren hierher, und jetzt nimmt sie nur noch den Bus zum Strand oder in den Ort. Das bedeutet, dass sie nichts Neues mehr kennen lernt.
Was machen eigentlich die Malloquiner? Die benutzen ja auch die Busse. Jedenfalls hat jeder Busfahrer bei jeder Fahrt eine klitzekleine ältere Dame vorne sitzen oder stehen, mit der er sich angeregt unterhält. Oder auch zwei.
Positiv hat mich außerdem eingenommen, dass der Fahrer seine wunderschöne, echt schweinslederne Geldtasche voller Scheine und Kleingeld direkt neben dem Fahrersitz im Gang abstellte und dort auch stehen ließ, als er minutenlang die Hebebühne für einen Rollstuhl bediente. Jeder hätte sich bedienen können.
Vielleicht ist man hier wirklich noch so vertrauensseelig?
Morgen fahren wir in die Stadt, sagt meine Nichte. Ich lasse mich treiben, denn in einer Woche (noch drei Tagen) werde ich ohnehin keinen Abstand gewinnen. Weder von meinem Betrieb, noch von meinem Privatleben. Auch wenn ich Handy und e-mail nicht gecheckt habe.
Vermisse ich jemanden?
Es tauchen ständig Erinnerungen an frühere Urlaube auf. Bedeutsame Begegnungen, krasse Erfahrungen, schöner, außergewöhnlicher, erwartungsgemäßer und erstaunlich bedeutungsloser Sex. Orte, die man nur zufällig fand ... aber was ist an Alcudia Altstadt originell? Da wurde jede Ecke schon von Dutzenden fotografiert.
Ich vermisse die Urlaubsbegleiter: den Kameraden auf anstrengenden Wandertouren und den, der mir die entlegensten Orte zeigte aber immer an sich selbst scheiterte, und den, der in der Fremde eine unerreichbare Heimat fand.
Ziemlich sicher werde ich keinen Partner für erstaunlichen Sex an dieser Hotelbar finden, die einen gefliesten Boden hat und zur Not auch 300 Personen Platz bietet. Und zur Zeit scheinen sich auch nur Fahrradfahrer dort aufzuhalten, die tagsüber in Trikots mit Sponsorenwerbung auftreten.
Urlaub war auch immer ein Abenteuer mit dem Begleiter... Beziehungen konnten gefestigt oder zerstört werden. Meine Nichte wird aber, egal was passiert, meine Nichte bleiben (auch wenn wir gar nicht verwandt sind, aber das ist eine andere Geschichte).
Natürlich stellt sich die Frage, wie das mit der derzeitigen, nicht näher definierten Beziehung ist. Ziemlich sicher würden wir schöne Tage verbringen können, mit Auto (er hat einen Führerschein) umher fahren, u.s.w..
Aber macht das einen Urlaub aus? Oder ist das das gleiche, was wir auch zu Hause haben können, da die Beziehung sowieso im Ausnahmezustand gehalten wird? Würde eine veränderte Kulisse irgendwas an der Beziehung ändern?
Nunja, ich habe einen Balkon mit Abendsonne und Panorama der Bergkette. Rechts rauscht das Meer, heute mit weißen Wellenkämmen. Die hässliche Bettenburgen-Meile ist verdeckt von dem Hügel mit Pinienwald. Die niedrigen Häuser, die sich zwischen die Bäume ducken, sind noch nicht bewohnt.
Abends kläfft immer ein Hund, als wollte er den Soundtrack für ambitionierte Literaten bilden.
Der Rosé ist sehr billig und das Essen ist gut... was will man mehr.
Am Himmel zeigen sich Wolkenschleier, die aussehen wie federige, geronnene Milch.
Obwohl ich in Berlin immer den Himmel sehe, habe ich solche Wolken noch nie gesehen.
Noch zwei Tage Urlaub.