Mitbewohner II

Wie ich lernen musste (siehe Blog "Mitbewohner"), haben Mitbewohner nicht nur Freunde, Freundes-Freunde und nächtlich wechselnde Spezialfreunde, sondern auch Haustiere. Haustiere sind ja eine schöne Angelegenheit, wenn, ja wenn deren Besitzer in der Lage wäre, ordnungsgemäß mit deren Futtermittel umzugehen: Heimchen. Wer sich jetzt denkt, dass sich hinter dieser wohlklingenden Bezeichnung auch ein ganz possierliches Tierchen verbirgt, der möge googlen. Sie sehen aus wie Kakerlaken, sind so groß wie Kakerlaken und geben -anders als Kakerlaken - ohrenbetäubende Zirp-Geräusche von sich. Nein, nicht nur ein Mal, nicht zwei Mal, sondern ab Einbruch der Dunkelheit PERMANENT, bis die Sonne am nächsten Morgen wieder aufgeht (Frequenz: 3800 Hertz^^). Sie kennen keinen Feierabend, keine Nachtruhe, keinen Arbeitstag, kein Wochenende. Sie zirpen sich die Kehle ausm Leib, um das Weibchen, das dem Raubtierschlund ebenfalls entkam und versteckt in irgendeiner Ecke des 30qm-Zimmers sitzt, zu bezirzen. Diese Eigenschaft, von der sich jeder Mann eine Scheibe abschneiden kann, bringt jedoch recht viele Unannehmlichkeiten mit sich: Man muss mit Oropax schlafen, hört dadurch den Wecker nicht, der pünktlich 6 Uhr läutet. Selbst, wenn am Morgen das Zirpen endet, hat man diesen Ton den ganzen Tag im Ohr - das Gehirn vergisst ja nun auch wirklich GAR NICHTS und: Wenn man verschlafen an einem wunderschönen Wochenende mit einem Pott Kaffee aussa Küche kommt, rennt ein zentimeterlanges, schwarzes, mit doppelt so langen Fühlern ausgestattetes Vieh vor einem durch den Flur. Schöne Angelegenheit, insbesondere wenn man sich dabei die Frage stellen muss, ob Herr Heimchen es in der Nacht zuvor schaffte, Frau Heimchen zu begatten, die dann wiederum binnen drei Tagen 1100 bis 2600 Eier gelegt haben könnte. Ablageort: ungewiss. Aus einer Zweier-WG kann so innerhalb von 3 Tagen ein Full House werden.
Zurück zum Kaffee. Während das schöne Wochenendfeeling mit diesem Gedanken also passé ist, nimmt man den freundlichen Mitbewohner in die Verantwortung, und informiert ihn über die Überlebenden der Raubtierfütterung. Reaktion: "Ach echt? Oh!". Folgen: Keine. Außer, dass er in den Urlaub fährt. Und mich zurücklässt, mit 2 Heimchen im Liebestaumel. Nach tagelangen Überlegungen, Zweifeln, durchwachten Nächten und steigendem Leidensdruck reifte in mir der Gedanke: ES KANN NUR EINEN GEBEN! Bewaffnet mit Handschuhen, Topf, Papier und Staubsauger (für das ultimative Gefecht) also am nächsten Tag auf in den Kampf. Beim Versuch des Betretens des feindlichen Gebiets wurde Frau Heimchen bereits suizidiert in der Tür aufgefunden (ich war wirklich nicht Schuld!). Ihre Fühler zappelten noch, aber ich konnte sie leider nicht erlösen, weil sie erstens an der Tür in der unteren Ecke festklebte und ich mich zweitens nicht näher als 30 cm an sie herantraute. Ich segnete sie (sie tat mir wirklich leid) und drang dann mutig weiter ins Gelände vor. Herr Heimchen rannte plötzlich unvermittelt vor meinen Füßen entlang - zu wenig Zeit, um noch den Topf zum Einsatz zu bringen. Der Staubsauger musste ran. Plopp.
Folgen: Ruhe und ein versautes Karma. Zwei unschuldige tote Tiere auf dem Gewissen.
Und als ich den Inhalt des Feuchtsaugerbehälters ins Klo entleerte, wusste ich, dass ich im Rad der Wiedergeburten um mindestens 30 Leben zurückgefallen bin: Herr Heimchen kam immer wieder "hoch". Wahrscheinlich werde ich im nächsten Leben zur Strafe als Heimchen wiedergeboren.

Ich glaub da gibts ne Lösung für. Nur ist es bei uns nicht legal sie zu spritzen^^ Ps. Wegen Heimchen brauchst du kein so Aufriss zu machen. Ohne feuchte Blumenerde und warmes Klima vermehren die sich nicht. Hatte sie mal gezüchtet und nie Probleme gehabt. Trotz Terris und Pflanzen. Stell ein Zimmerbrunnen ins Zimmer und fühl dich wie in Italien an einem Bach.

1. Es gab genug feuchte Blumenerde im Raum
2. Dank Dachgeschoss ganzjährig "warmes Klima" in der Bude
3. Nahrungsangebot (ja, ich habe mich informiert) war auch genügend vorhanden, um auch die nächsten 8 Generationen dieser niedlichen Tiere durchzubringen.

Ich habe eine bessere Dauerlösung für dieses Problem gefunden....

P.S.:

Ich hatte nie vor, sie zu züchten. Ich hatte auch nicht vor, wegen ihnen zu töten. Aber ich wollte auch irgendwann mal wieder schlafen können.

Gestern Nacht saß so ein Tierchen plötzlich auf meiner Tastatur.
Zum Glück hab ichs erwischt.
Und - ich habe kein schlechtes Gewissen.

Toll geschrieben @traces, musste so lachen...