Subtilitas
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Am nächsten Morgen
21.06.2016 um 18:26Am nächsten Morgen
Sie wird immer noch aufstehen, und an den Zeitpunkt denken, wann sie mit der Arbeit wohl fertig sein wird. Meine Mutter nicht. Diese hat ihr Leben schon längst ihren vielen Kindern und der damit anfallenden Arbeit geopfert. Ich liebe sie sehr und wünschte ihr mehr Zeit für sich.
Und er wird weiterhin Fremden schreiben, was er macht, wie er aussieht und worauf er Lust hat. Meistens Geschlechtsverkehr. Das widert mich an, aber so sind die meisten die meiste Zeit.
“Wechselhaftes Wetter heute”, werden sie murmeln. Wie alle paar Tage mal. Wenig nachdenken und sich glücklich wähnen.
Vielleicht sind sie noch etwas perplex oder erschüttert. Am nächsten Morgen und einige Morgen danach. Hoffentlich denken sie weiterhin so wenig nach.
Er ist mit sich unzufrieden. Und seinem Leben manchmal auch. Er sollte mehr für sich tun. Ein Wochenende wegfahren oder so. Die Katze wird’s überstehen. Und doch wird er am nächsten Morgen aufsteh’n, um seinen Sohn zur Arbeit zu chauffieren. Die kriegen sich häufig in die Haare.
Sie werden danach immer noch ihre Medikamente schlucken. Dauersubstitutionsbehandlung, etwas zur Blutgerinnungshemmung, Kopfschmerztabletten, Antidepressiva, Anti-Baby-Pille. Die alle haben irgendwas. Ich hab auch irgendwas.
Vielleicht wird der nächste Morgen ein Morgen an einem Samstag sein, zu dessen Abend er dann wieder mit Kollegen Karten spielen und trinken wird. Und danach wird er Fremden schreiben. Am Morgen wird er den Abfall zur Müllkippe gebracht haben.
Und die andere. Ich weiß nicht was sie tun wird. Vielleicht wird sie an die Zugfahrt denken, die sie antreten wird. Mit ihrem ungehorsamen Sohn und bärtigen Mann. Am Bahnsteig wird sie vielleicht wieder Leute um Zigaretten bitten. Dann rauchend ihren Sohn maßregeln.
Am Morgen danach werden sie alle etwas tun, was sie immer tun. Die eine dies, der andere jenes, und wieder ein anderer verschläft ihn.
Leben an der Oberfläche. Gedankenlos bis zur Unfähigkeit, die Leere wahrzunehmen.
Tod vor dem Morgen.
Original anzeigen (0,9 MB)
Sie wird immer noch aufstehen, und an den Zeitpunkt denken, wann sie mit der Arbeit wohl fertig sein wird. Meine Mutter nicht. Diese hat ihr Leben schon längst ihren vielen Kindern und der damit anfallenden Arbeit geopfert. Ich liebe sie sehr und wünschte ihr mehr Zeit für sich.
Und er wird weiterhin Fremden schreiben, was er macht, wie er aussieht und worauf er Lust hat. Meistens Geschlechtsverkehr. Das widert mich an, aber so sind die meisten die meiste Zeit.
“Wechselhaftes Wetter heute”, werden sie murmeln. Wie alle paar Tage mal. Wenig nachdenken und sich glücklich wähnen.
Vielleicht sind sie noch etwas perplex oder erschüttert. Am nächsten Morgen und einige Morgen danach. Hoffentlich denken sie weiterhin so wenig nach.
Er ist mit sich unzufrieden. Und seinem Leben manchmal auch. Er sollte mehr für sich tun. Ein Wochenende wegfahren oder so. Die Katze wird’s überstehen. Und doch wird er am nächsten Morgen aufsteh’n, um seinen Sohn zur Arbeit zu chauffieren. Die kriegen sich häufig in die Haare.
Sie werden danach immer noch ihre Medikamente schlucken. Dauersubstitutionsbehandlung, etwas zur Blutgerinnungshemmung, Kopfschmerztabletten, Antidepressiva, Anti-Baby-Pille. Die alle haben irgendwas. Ich hab auch irgendwas.
Vielleicht wird der nächste Morgen ein Morgen an einem Samstag sein, zu dessen Abend er dann wieder mit Kollegen Karten spielen und trinken wird. Und danach wird er Fremden schreiben. Am Morgen wird er den Abfall zur Müllkippe gebracht haben.
Und die andere. Ich weiß nicht was sie tun wird. Vielleicht wird sie an die Zugfahrt denken, die sie antreten wird. Mit ihrem ungehorsamen Sohn und bärtigen Mann. Am Bahnsteig wird sie vielleicht wieder Leute um Zigaretten bitten. Dann rauchend ihren Sohn maßregeln.
Am Morgen danach werden sie alle etwas tun, was sie immer tun. Die eine dies, der andere jenes, und wieder ein anderer verschläft ihn.
Leben an der Oberfläche. Gedankenlos bis zur Unfähigkeit, die Leere wahrzunehmen.
Tod vor dem Morgen.
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