1310 1813

Wie der Untertitel Die Völkerschlacht und das Ende der alten Welt besagt, ist die sog. "Völkerschlacht" bei Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 Thema dieses Sachbuchs des studierten Historikers und FAZ-Mitarbeiters Andreas Platthaus.

Die Qualität ist unterschiedlich.

Die Rahmung mit den diplomatischen Winkelzügen und wechselnden Bündnissen vor der Schlacht sowie die Großmachtspielereien bereits während der Schlacht (Schwarzenberg ließ aus österreichischem Interesse den Franzosen den Fluchtweg nach Westen offen) sowie beim Wiener Kongress ist sehr gut dargelegt.

Die vier Kapitel zu den vier Schlachttagen sind vor allem wegen der vielen zeitgenössischen Berichte, die länger zitiert werden, sehr verdienstvoll zu lesen. Auch gelingt es ihm den Schrecken dieser Tage (mit etwa 100.000 Toten ist diese Schlacht noch immer die opferreichste Militäroperation auf deutschem Boden) plastisch vor Augen zu führen.

Auch das Leid der Bevölkerung findet sich im Zentrum der Darstellung:

- mehr als eine halbe Million Soldaten fressen das Land kahl
- Dörfer und Häuser werden beschossen, brennen ab
- die Stadt Leipzig wird zu einem riesigen Lazarett
- es dauert Monate, Berge von Leichen zu begraben
- eine Typhusepidemie wütet bis April 1814

Sehr treffend sind auch die Bewertungen der Völkerschlacht als Wendepunkt in der Kriegsführung und Diplomatie:

- Frankreich und Preußen hatten Armeen mit Wehrpflichtigen
- Österreich besitzt eine Generalstabs- und keine Fürsten-Armee
- Großbritannien testet neue Technologien (Raketen)
- Sachsens Teilung am Wiener Kongress ist ein Diktatfrieden

Vier zum Teil weit in die Zukunft reichende Neuerungen.

Dazu gibt es zwei eingeschobene Kapitel, von denen dasjenige über die britischen "Rocketeers", also die britische Raketeneinheit, hochinteressant ist, während das Kapitel über Goethes Verhältnis zu Napoleon eher als Seitenfüller wirkt, wenn auch für Literaturinteressierte nicht uninteressant.

Das Abschlusskapitel - eine Rundfahrt zu den Schauplätzen der Schlacht vom 16. bis 19. Oktober 2012 - ist nicht gelungen. Eine Beschreibung ohne lesbare Karten oder gar Fotos der Erinnerungsstätten in Leipzig, vor allem der Apelsteine, ist für Ortsunkundige dann doch etwas zu trocken. Dies hätte viel eher in einem eigenen Band mit Fotos und Karten Platz. Hier ist diese Textwand eine eher vergebene Liebesmüh.

Infos im Spoiler

Die Apelsteine:
Wikipedia: Apelsteine
http://meinleipzig.eu/Freizeit-und-Tourismus/Apelstein (Archiv-Version vom 29.12.2020)

Der Autor:
Wikipedia: Andreas Platthaus

Verlagsinfo:
http://www.rowohlt.de/hardcover/andreas-platthaus-1813.html

Rezensionen:
http://www.swr.de/swr2/literatur/buch-der-woche/andreas-platthaus/-/id=8316184/did=12074740/nid=8316184/ajtwma/index.html
http://www.glanzundelend.de/Artikel/abc/o_p/platthaus-1813-die-voelkerschlacht-und-das-ende-der-alten-welt.htm
http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article118348389/Als-Europa-Napoleon-in-die-Flucht-schlug.html
http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=18725
http://www.deutschlandfunk.de/voelkerschlacht-mit-vorgeplaenkel.1310.de.html?dram:article_id=265512
http://www.deutschlandradiokultur.de/ein-krieg-neuen-typs.950.de.html?dram:article_id=256070