Joseph, Sohn Jakobs, der Traumdeuter

"Zum Palast! Zum Königshof!"
Die Wachleute des Pharao zeigen auf Jospeh.
"Der da! Das ist doch der Traumdeuter. Er soll sofort zu unserem König, zum Pharao!"

Verwirrt schaut Joseph auf. Zum Königshof? Er ist doch nur ein Sklave in Ägypten. Er hat bei Potifar gearbeitet und der hat ihn - völlig ungerecht - in das Gefängnis werfen lassen. Und jetzt holten sie ihn ab - zum Königshof. Voller Staunen geht Joseph mit ihnen. In seiner schäbigen Kleidung, voller Dreck und Gefängnisgestank, betritt er den prächtigen Palast.
Was für ein Luxus, welche Pracht! So viele Diener, so viele Wachleute!
Der Pharao sitzt auf einem goldenen Thron. Joseph verneigt sich vor ihm, tief, bis auf den Boden.

Die Stimme des Pharao klingt angespannt:
"Kannst du Träume deuten? Kannst du mir sagen, was sie bedeuten?"
Joseph antwortet:
"Manchmal ... manchmal sagt Gott mir, warum er einen Traum geschickt hat und was er bedeutet."
Der Pharao schickt alle Wachleute und Diener hinaus, bis er mit Joseph alleine ist.

"Pass auf, Joseph. Ich habe etwas geträumt, das ist ganz wichtig. Aber ich weiß seine Bedeutung nicht ... Ich habe geträumt, dass ich am Ufer des großen Flusses stehe. Da sehe ich sieben große Wasserbüffel aus dem Wasser steigen. Wunderschön sind sie, groß und kräftig.
Sie stehen am Ufer und fressen. Doch da! Noch einmal kommen sieben Büffel aus dem Wasser, aber sie sind dürr, mager und hässlich! So hässlich! Sie fressen die sieben schönen Büffel auf, und sie bleiben doch dürr und mager. Dann bin ich aufgewacht. Was hat der Traum zu bedeuten?"

Joseph schweigt lange. Dann aber redet er:
"Ich weiss es, Pharao. Gott hat es mir gesagt. Es ist wirklich ein wichtiger Traum, er zeigt, was bald passieren wird. Sieben schöne Büffel, das sind sieben schöne Jahre, da wird in Ägypten alles wachsen, Getreide und Früchte im Überfluss. Doch dann kommen sieben hässliche Jahre, wie die hässlichen Büffel. Sie fressen alles Schöne. Nichts wird wachsen. Kein Getreide, kein Brot, der Hunger wird über dein Volk kommen. Wenn ich einen Rat geben darf, Pharao: Sammelt in den sieben schönen Jahren, sammelt Getreide, soviel ihr bekommen könnt. Baut neue Lagerhallen, dann kann es reichen."

Der Pharao schaut Joseph an.
"Welch eine kluge Traumdeutung. Welch ein weiser Rat von diesem Mann. Ja ich will es so machen, wie er sagt. Aber wer kann diesen Plan umsetzen. Meine Minister? Das schaffen sie nicht ...Aber vielleicht ..."
Er schaut Joseph an.
"Du bist der geeignete Mann. Du wirst die Vorratshallen bauen lassen und das Getreide sammeln."

Der Pharao lässt seine Diener kommen. Joseph wird gewaschen und vornehm gekleidet. Er bekommt den königlichen Siegelring. So wird Joseph an einem Tag vom Sklaven im Gefängnis zum Herrscher in Ägypten. Die ersten sieben Jahre lang vom Volk gehasst und schließlich verehrt in alle Ewigkeit ...