Dunkelgraue Worte
10.11.2011 um 18:20Original anzeigen (0,2 MB)
P S A L M
Stille als sänken Blinde an herbstlicher Mauer hin,
Lauschend mit morschen Schläfen dem Flug des Raben;
Goldne Stille des Herbstes, das Antlitz des Vaters in flackernder Sonne
Am Abend verfällt im Frieden brauner Eichen das alte Dorf,
Das rote Gehämmer der Schmiede, ein pochendes Herz.
Stille; in langsamen Händen verbirgt die hyazinthene Stirne die Magd
Unter flatternden Sonnenblumen. Angst und Schweigen
Brechender Augen erfüllt das dämmernde Zimmer, die zögernden Schritte
Der alten Frauen, die Flucht des purpurnen Munds, der langsam im Dunkel erlischt.
Schweigsamer Abend in Wein. Vom niedern Dachgebälk
Fiel ein nächtlicher Falter, Nymphe vergraben in bläulichen Schlaf.
Im Hof schlachtet der Knecht ein Lamm, der süße Geruch des Blutes
Umwölkt unsre Stirnen, die dunkle Kühle des Brunnens.
Nachtrauert die Schwermut sterbender Astern, goldne Stimmen im Wind.
Wenn es Nacht wird siehst du mich aus vermoderten Augen an,
In blauer Stille verfielen deine Wangen zu Staub.
So leise erlöscht ein Unkrautbrand, verstummt der schwarze Weiler im Grund
Als stiege das Kreuz den blauen Kalvarienhügel herab,
Würfe die schweigende Erde ihre Toten aus.
Georg Trakl
***********************
Traum des Bösen
Verhallend eines Sterbeglöckchens Klänge -
Ein Liebender erwacht in schwarzen Zimmern,
Die Wang’ an Sternen, die am Fenster flimmern.
Am Strome blitzen Segel, Masten, Stränge.
Ein Mönch, ein schwangres Weib dort im Gedränge.
Guitarren klimpern, rote Kittel schimmern.
Kastanien schwül in goldnem Glanz verkümmern;
Schwarz ragt der Kirchen trauriges Gepränge.
Aus bleichen Masken schaut der Geist des Bösen.
Ein Platz verdämmert grauenvoll und düster;
Am Abend regt auf Inseln sich Geflüster.
Des Vogelfluges wirre Zeichen lesen
Aussätzige, die zur Nacht vielleicht verwesen.
Im Park erblicken zitternd sich Geschwister.
G. Trakl
P S A L M
Stille als sänken Blinde an herbstlicher Mauer hin,
Lauschend mit morschen Schläfen dem Flug des Raben;
Goldne Stille des Herbstes, das Antlitz des Vaters in flackernder Sonne
Am Abend verfällt im Frieden brauner Eichen das alte Dorf,
Das rote Gehämmer der Schmiede, ein pochendes Herz.
Stille; in langsamen Händen verbirgt die hyazinthene Stirne die Magd
Unter flatternden Sonnenblumen. Angst und Schweigen
Brechender Augen erfüllt das dämmernde Zimmer, die zögernden Schritte
Der alten Frauen, die Flucht des purpurnen Munds, der langsam im Dunkel erlischt.
Schweigsamer Abend in Wein. Vom niedern Dachgebälk
Fiel ein nächtlicher Falter, Nymphe vergraben in bläulichen Schlaf.
Im Hof schlachtet der Knecht ein Lamm, der süße Geruch des Blutes
Umwölkt unsre Stirnen, die dunkle Kühle des Brunnens.
Nachtrauert die Schwermut sterbender Astern, goldne Stimmen im Wind.
Wenn es Nacht wird siehst du mich aus vermoderten Augen an,
In blauer Stille verfielen deine Wangen zu Staub.
So leise erlöscht ein Unkrautbrand, verstummt der schwarze Weiler im Grund
Als stiege das Kreuz den blauen Kalvarienhügel herab,
Würfe die schweigende Erde ihre Toten aus.
Georg Trakl
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Traum des Bösen
Verhallend eines Sterbeglöckchens Klänge -
Ein Liebender erwacht in schwarzen Zimmern,
Die Wang’ an Sternen, die am Fenster flimmern.
Am Strome blitzen Segel, Masten, Stränge.
Ein Mönch, ein schwangres Weib dort im Gedränge.
Guitarren klimpern, rote Kittel schimmern.
Kastanien schwül in goldnem Glanz verkümmern;
Schwarz ragt der Kirchen trauriges Gepränge.
Aus bleichen Masken schaut der Geist des Bösen.
Ein Platz verdämmert grauenvoll und düster;
Am Abend regt auf Inseln sich Geflüster.
Des Vogelfluges wirre Zeichen lesen
Aussätzige, die zur Nacht vielleicht verwesen.
Im Park erblicken zitternd sich Geschwister.
G. Trakl