Dunkle Geschichten....
01.11.2011 um 14:15in diesen Tage rund um Halloween, Allerseelen und den düsteren Novembertagen, beginnt wieder dir Zeit um sich kleine , dunkle Geschichtchen und Legenden zu erzählen, in den Stunden zwischen Tag und Traum.....
Original anzeigen (0,5 MB)
SEELENLOS
Eiskalt war es in der kleinen Dorfkirche, still so still, bis auf das leise Schluchzen der schmalen, schwarz gekleideten Gestalt im Raum. Es roch muffig in dem winzigen Kirchlein, die alten Holzbänke waren schmal und von vielen Jahren abgesessen und morsch.
Es gab nicht mehr viele Besucher dort und so war auch heute der Weg einsam zu dem traurigen Ereignis. Kaum ein Lichtstrahl drang durch die fast blinden Fenster und nur eine einzelne Kerze warf ein milchiges Licht auf die drei einzigen Anwesenden.
Die junge Frau in ihrem Trauerkleid mit der passenden Haube, war bleich und konnte kaum atmen, so sehr hielt der Schmerz sie gefangen. Zu beiden Seiten standen zwei kleine Mädchen. Adele die kleinere von Beiden klammerte sich fest an den Arm der Mutter, ein dunkel eingehülltes Engelchen, sie begriff das Geschehene wohl noch gar nicht, aber tief in ihrem kleinen Herzen fühlte sie, dass etwas Furchtbares passiert war.
Wie ihre Mutter, weinte sie still und nur manchmal entrang sich ein tiefes Seufzen der kleinen Brust.
Sie konnte Ihre Augen nicht lösen von der zarten, fast durchsichtigen Gestalt, die so ruhig und blass vor ihnen lag.
So unglaublich winzig war der kleine, schlichte Sarg, der auf den Altar gestellt worden war. Sofie das jüngste der Kinder, war völlig unerwartet vor drei Nächten im Schlafe gestorben.
Als die Mutter nachgesehen hatte, lag sie so still in ihrem Bettchen, man glaubte sie schliefe, doch der kleine Körper war kalt und starr. Das süße Gesichtchen, das immer so rosige Wangen gehabt hatte, schimmerte bläulich.
Nichts konnte helfen, so sehr sie sich bemühte, das Kind war nicht mehr am Leben, so war sie lange fassungslos vor dem Bett gestanden, unfähig sich zu rühren, erstarrt in ohnmächtiger Trauer, bis sich irgendwann ein unmenschlicher Schrei, ihrem Mund entrang….und endlich die erlösenden Tränen kamen.
Vor einem Jahr erst hatte sie ihren guten Mann verloren, so kurz nach der Geburt von Sofie, die ihr damals die Kraft gegeben hatte, für ihre Kinder weiter zumachen.
Viel hatten sie nicht, doch alles was sie tun konnte, war mit ihren Näharbeiten die Familie so gut als möglich zu versorgen.
Das alles kam ihr wieder in den Sinn, mit dunklen, leer geweinten Augen, starrte sie vor sich hin, immer hoffend, alles sei ein nur ein Traum und sie würde jeden Moment aufwachen.
An ihrer anderen Seite stand Viktoria, ihre älteste Tochter. Doch nur ihre dunkle Kleidung schien dem Augenblick angemessen, denn auf ihrem hübschen Gesicht, lag ein böser Zug, ja fast schien es als würde sie zufrieden lächeln, als hätte sich ein geheimer Wunsch erfüllt. Ihre Augen blickten zu irgendeinem Punkt in der Kapelle und sie schien weit entrückt in einer eigenen Welt.
Sie hatte nur kurz hingesehen beim eintreten, der elfenbeinfarbene Holzsarg, mit dem wenigen was die Mutter sich hatte leisten können, ausgeschmückt mit einfachen Blüten, zu einem Kranz gewunden und um das verblichene Geschöpfchen gelegt, einen kleinen Strauß liebevoll gebunden und zum letzten Mal die Hände wie zum Gebet gefaltet.
Den wunderschöne Stoff aus glänzendem, weißem Satin hatte sie liebevoll zum ausschlagen des Särgleins genommen und ein letztes festliches Kleidchen genäht und noch tief in den Nächten bestickt und verziert.
Bis zur völligen Erschöpfung hatte sie daran gearbeitet und so gar nicht bemerkt, dass sie beobachtet wurde.
Viktoria stand im Nachthemdchen in der Türe, verborgen im Schatten und ihr hassverzerrtes Antlitz war rot vor Wut. Selbst im Tode, so wahr ihr Empfinden, wurde das kleine Balg noch vorgezogen, bekam alles , die ganze Aufmerksamkeit der Mutter, und so war die Eifersucht immer stärker in ihr geworden. Schon bei der Geburt der Kleinen hatten sie alle zurückstecken müssen und nach dem Tod des Vaters, hatte die Mutter das Baby kaum aus den Augen gelassen, es wahr ihre letzte Verbindung.
Natürlich hatte sich die Mutter um alle gleich liebevoll gekümmert, aber Sofie war eben schon immer besonders zart und schwächlich gewesen, so dass die leidgeprüfte Frau sie besonders behütet hatte.
Adele hatte das wohl verstanden und der Mutter so gut geholfen , wie es so ein kleines Mädchen eben konnte und hatte ihre jüngste Schwester wohl auch sehr geliebt, die sie immer wie eine Puppe liebevoll umsorgt hatte und ihr eng verbunden war. Dass Viktoria, sie ihr des Öfteren aus den Armen gerissen hatte, und gesagt hatte, sie brauche nicht soviel Aufmerksamkeit und sie oft achtlos, weinend im Bettchen liegen ließ , wenn sie nach der Mutter schrie , die gerade außer Haus war und ihre Näharbeiten zu den Kunden brachte, hatte sie nicht zu erzählen gewagt.
Viktoria erklärte nur immer, alles müsse man nun noch mehr teilen und die schönsten Sachen und Kleidchen bekäme Sofie, und am Besten sei es sie wäre gar nicht erst geboren worden.
Da die Mutter oft sehr spät arbeiten musste und dann unendlich müde danach oftmals einfach über dem Tisch einschlief, so schlich Viktoria eines Abends leise zum Lager Sofies. Böse glitzerten ihre Augen als sie das Kissen nahm und dem Kinde auf das friedliche Gesichtchen drückte. Es war so einfach, so einfach…kaum rührte sich der kleine Körper, nur ein kurzes Zucken und dann lag es ganz still, die kleinen Ärmchen fielen zu Seite und wurden schlaff.
Sie zog das Kissen weg, nichts war zu bemerken, als ob sie einfach nur tief schlafen würde.
Endlich war das so verhasste Anhängsel weg, sie und ihre Schwester würden die Mutter wieder für sich alleine haben, recht war ihr geschehen. Nun würde sie als Älteste die schönen Kleider bekommen, den kostbaren Stoff für Ihre Kommunion, ein Kleid, bei der sie wie eine Prinzessin aussehen würde. Sie wusste Mutter hatte lange gearbeitet und gespart, dass sie sich den kostbaren Stoff die Spitzen und Perlen leisten konnte. Über lange Zeit hatte sie immer wieder etwas dazu getan, für den großen Tag.
Zufrieden und ohne Reue kehrte sie nun in eigenes Bett zurück und erst der Aufschrei der Mutter, als diese den leblosen Körper fand, weckte sie auf…
Natürlich versäumte sie nicht Trauer zu heucheln und sich besonders ein zu schmeicheln, bis sie entsetzt sah, dass der kostbare Stoff und all die Kleinode hervorgeholt wurden und ein Totenhemdchen so wunderschön und feierlich, so liebevoll verziert, Stich für Stich für die kleine Seele und ihren letzten Weg angefertigt wurde.
Sie konnte es nicht fassen noch im Tode hatte Sofie ihr alles weggenommen, ihr Hass war unbeschreiblich.
Nun in der kleinen, ärmlichen Kirche, stand sie betroffen, jedoch nicht aus Schmerz und Trauer, sondern aus unbändiger Wut. Sie hatte zu Allem noch mit ansehen müssen, wie Mutter das einzige Kostbare was ihr von ihrer Hochzeit damals verblieben war, eine goldene Kette mit einem winzigen Rubin sanft in die Hände der toten Schwester, als letzte Liebesgabe gelegt hatte.
Es wurde langsam dunkel Draußen und der Weg nach Hause war noch weit, so dass Mutter und Schwester sie sanft erinnerten, dass man nun wohl gehen müsse, bald würde der Totengräber kommen und den Sarg verschließen.
Mit versteinertem Gesicht blickte sie beide an und bat darum noch kurz alleine Abschied nehmen zu dürfen, sie hätte doch öfter freundlicher zu der armen Sofie sein müssen und wolle sie nun noch einmal um Vergebung bitten.
Die junge Frau küsste die kalte Stirn ihres Kindes, strich das Kleidchen glatt und Adele berührte noch einmal die zarten Locken, der Schwester. Mutter nickte Viktoria zu, sie möge das tun zu und weinend gingen die beiden hinaus, fest an den Händen haltend, um sich gegenseitig zu stützen.
Viktoria beugte sich über den Sarg und ein böses, finsteres Lächeln überflog ihre Züge. Kalt und mitleidlos, ohne Seele trat sie näher.
Alles wirst du nicht behalten, dachte sie und griff nach der Kette in den kleinen Fäustchen. In den gefalteten Fingerchen war sie fest umschlossen, es gab ein grauenvolles Geräusch der filigranen Knöchelchen als die Finger brachen und als die Rubinkette entrissen wurde. Sie legte die Kette um und verbarg sie unter ihrem Kleid, niemand würde ihr den Schmuck wieder jemals abnehmen
Schnell wurden die Hände de toten Kindes wieder zurechtgelegt und mit dem Blumensträßchen überdeckt und kurz bevor der Totengräber in die Kirche kam und ihr noch mitleidig zunickte, senkte sie den Kopf und glitt an ihm vorbei aus der Kirche.
Nach der Beisetzung, versuchte man so gut es ging in den Alltag zu finden, doch die Mutter wurde zusehends schwächer und schmaler, so oft es nur ging, besuchte sie das kleine Grab von Sofie, bekleidet von Adele, die ihre Mutter half wo sie nur konnte .
Es waren wohl einige Tage nach der Beerdigung vergangen und wieder brach eine Nacht heran, längst waren alle zur Ruhe gegangen und schliefen, erschöpft und voller Traurigkeit tief und ausgelaugt von allem ein.
Nur Victoria wälzte sich unruhig auf ihrem Lager, immer wieder glaubte sie die tote Schwester zu sehen, die ihre Ärmchen nach ihr aussteckte und flüsternd nach der Kette verlangte.
Selbst im Schlafe war sie voller Zorn und Eifersucht, ohne Reue, ohne Gefühl. Sie wehrte sich gegen den Albtraum, gegen die Händchen die nach ihr griffen…
Niemals, niemals schien sie zu antworten, eher sterbe ich, als zu gestehen oder dir Kette dir zurückzugeben.
Am Morgen als Zeit zum Aufstehen war, betrat die Mutter die kleine Stube um die Kinder zu wecken, Adele stieg bereits zersaust aus dem Bette nur Victoria schien nicht wach zu werden.
Leblos lag sie in den weißen Linnen, die Hände über dem Halse gekreuzt, schon steif und wachsweiß war der Körper, der Mund zum stummen Schrei geöffnet.
So hatte nun die arme Frau noch mal ein Kind verloren und sah hilflos zu, als ihre älteste Tochter abgeholt wurde und sank fast ohnmächtig zu Boden…
So wurde Viktoria in der gleichen Kapelle aufgebahrt wie vor einiger Zeit Sofie, der Sarg , weil nahezu aller Stoff verbraucht war , aber genau so liebevoll hergerichtet, natürlich hatte die Mutter einen Teil des Stoffes und der Zierborten und Perlchen aufbewahrt für ihr Kind und sein Fest, auf das sie sich so gefreut hatte. Es hatte wohl gereicht, denn das winzige Körperchen des Babys hatte ja nur Puppengröße gehabt und sie würde doch nie eines ihrer Kindlein nicht bedenken, alles war wohl durchdacht gewesen.
So marmorweiß und ebenmäßig war der kleine Leib von Viktoria, von morbider Schönheit, eingehüllt in feinen, einer Prinzessin gleich. Nur fehlte irgendwie der Friede auf ihren Zügen, einzig die dunklen Spuren um ihren Hals, die an winzige Händchen erinnerten waren etwas merkwürdig und der feine Streifen , der fast so anmutete als trüge sie ein feines unsichtbares Kettchen…
Auf dem kleinen Kirchhof aber, wo der Grabhügel unter den welkenden Blüten lag, blinkte im ersten Sonnenstrahl des Morgens ein kleiner Stein…blutrot und schimmernd, an einem güldenen Kettlein.
© SAMNANG
inspiriert durch den Austausch mit @cute_lenore ^^
Original anzeigen (0,3 MB)
DAS FAHLE KIND
Vor meinem Zimmer, auf der Schwelle,
stand letzte Nacht, mit müdem Blick,
ein gar zu fahles Kind.
Es trat ein Weilchen auf der Stelle,
und wollte nicht ins Bett zurück,
wie Kinder eben sind.
Ich hatte nicht den Mut zu fragen,
was seinen starren Blick betrog.
Doch als der Mond nach Westen zog,
pechschwarze Raben sich erhoben,
und in den Morgennebel flogen,
verflog das Kind, - das Haar schneeweiß.
Und durch die Bäume raunte leis
ein unheilvolles Totenklagen.
Original anzeigen (0,5 MB)
SEELENLOS
Eiskalt war es in der kleinen Dorfkirche, still so still, bis auf das leise Schluchzen der schmalen, schwarz gekleideten Gestalt im Raum. Es roch muffig in dem winzigen Kirchlein, die alten Holzbänke waren schmal und von vielen Jahren abgesessen und morsch.
Es gab nicht mehr viele Besucher dort und so war auch heute der Weg einsam zu dem traurigen Ereignis. Kaum ein Lichtstrahl drang durch die fast blinden Fenster und nur eine einzelne Kerze warf ein milchiges Licht auf die drei einzigen Anwesenden.
Die junge Frau in ihrem Trauerkleid mit der passenden Haube, war bleich und konnte kaum atmen, so sehr hielt der Schmerz sie gefangen. Zu beiden Seiten standen zwei kleine Mädchen. Adele die kleinere von Beiden klammerte sich fest an den Arm der Mutter, ein dunkel eingehülltes Engelchen, sie begriff das Geschehene wohl noch gar nicht, aber tief in ihrem kleinen Herzen fühlte sie, dass etwas Furchtbares passiert war.
Wie ihre Mutter, weinte sie still und nur manchmal entrang sich ein tiefes Seufzen der kleinen Brust.
Sie konnte Ihre Augen nicht lösen von der zarten, fast durchsichtigen Gestalt, die so ruhig und blass vor ihnen lag.
So unglaublich winzig war der kleine, schlichte Sarg, der auf den Altar gestellt worden war. Sofie das jüngste der Kinder, war völlig unerwartet vor drei Nächten im Schlafe gestorben.
Als die Mutter nachgesehen hatte, lag sie so still in ihrem Bettchen, man glaubte sie schliefe, doch der kleine Körper war kalt und starr. Das süße Gesichtchen, das immer so rosige Wangen gehabt hatte, schimmerte bläulich.
Nichts konnte helfen, so sehr sie sich bemühte, das Kind war nicht mehr am Leben, so war sie lange fassungslos vor dem Bett gestanden, unfähig sich zu rühren, erstarrt in ohnmächtiger Trauer, bis sich irgendwann ein unmenschlicher Schrei, ihrem Mund entrang….und endlich die erlösenden Tränen kamen.
Vor einem Jahr erst hatte sie ihren guten Mann verloren, so kurz nach der Geburt von Sofie, die ihr damals die Kraft gegeben hatte, für ihre Kinder weiter zumachen.
Viel hatten sie nicht, doch alles was sie tun konnte, war mit ihren Näharbeiten die Familie so gut als möglich zu versorgen.
Das alles kam ihr wieder in den Sinn, mit dunklen, leer geweinten Augen, starrte sie vor sich hin, immer hoffend, alles sei ein nur ein Traum und sie würde jeden Moment aufwachen.
An ihrer anderen Seite stand Viktoria, ihre älteste Tochter. Doch nur ihre dunkle Kleidung schien dem Augenblick angemessen, denn auf ihrem hübschen Gesicht, lag ein böser Zug, ja fast schien es als würde sie zufrieden lächeln, als hätte sich ein geheimer Wunsch erfüllt. Ihre Augen blickten zu irgendeinem Punkt in der Kapelle und sie schien weit entrückt in einer eigenen Welt.
Sie hatte nur kurz hingesehen beim eintreten, der elfenbeinfarbene Holzsarg, mit dem wenigen was die Mutter sich hatte leisten können, ausgeschmückt mit einfachen Blüten, zu einem Kranz gewunden und um das verblichene Geschöpfchen gelegt, einen kleinen Strauß liebevoll gebunden und zum letzten Mal die Hände wie zum Gebet gefaltet.
Den wunderschöne Stoff aus glänzendem, weißem Satin hatte sie liebevoll zum ausschlagen des Särgleins genommen und ein letztes festliches Kleidchen genäht und noch tief in den Nächten bestickt und verziert.
Bis zur völligen Erschöpfung hatte sie daran gearbeitet und so gar nicht bemerkt, dass sie beobachtet wurde.
Viktoria stand im Nachthemdchen in der Türe, verborgen im Schatten und ihr hassverzerrtes Antlitz war rot vor Wut. Selbst im Tode, so wahr ihr Empfinden, wurde das kleine Balg noch vorgezogen, bekam alles , die ganze Aufmerksamkeit der Mutter, und so war die Eifersucht immer stärker in ihr geworden. Schon bei der Geburt der Kleinen hatten sie alle zurückstecken müssen und nach dem Tod des Vaters, hatte die Mutter das Baby kaum aus den Augen gelassen, es wahr ihre letzte Verbindung.
Natürlich hatte sich die Mutter um alle gleich liebevoll gekümmert, aber Sofie war eben schon immer besonders zart und schwächlich gewesen, so dass die leidgeprüfte Frau sie besonders behütet hatte.
Adele hatte das wohl verstanden und der Mutter so gut geholfen , wie es so ein kleines Mädchen eben konnte und hatte ihre jüngste Schwester wohl auch sehr geliebt, die sie immer wie eine Puppe liebevoll umsorgt hatte und ihr eng verbunden war. Dass Viktoria, sie ihr des Öfteren aus den Armen gerissen hatte, und gesagt hatte, sie brauche nicht soviel Aufmerksamkeit und sie oft achtlos, weinend im Bettchen liegen ließ , wenn sie nach der Mutter schrie , die gerade außer Haus war und ihre Näharbeiten zu den Kunden brachte, hatte sie nicht zu erzählen gewagt.
Viktoria erklärte nur immer, alles müsse man nun noch mehr teilen und die schönsten Sachen und Kleidchen bekäme Sofie, und am Besten sei es sie wäre gar nicht erst geboren worden.
Da die Mutter oft sehr spät arbeiten musste und dann unendlich müde danach oftmals einfach über dem Tisch einschlief, so schlich Viktoria eines Abends leise zum Lager Sofies. Böse glitzerten ihre Augen als sie das Kissen nahm und dem Kinde auf das friedliche Gesichtchen drückte. Es war so einfach, so einfach…kaum rührte sich der kleine Körper, nur ein kurzes Zucken und dann lag es ganz still, die kleinen Ärmchen fielen zu Seite und wurden schlaff.
Sie zog das Kissen weg, nichts war zu bemerken, als ob sie einfach nur tief schlafen würde.
Endlich war das so verhasste Anhängsel weg, sie und ihre Schwester würden die Mutter wieder für sich alleine haben, recht war ihr geschehen. Nun würde sie als Älteste die schönen Kleider bekommen, den kostbaren Stoff für Ihre Kommunion, ein Kleid, bei der sie wie eine Prinzessin aussehen würde. Sie wusste Mutter hatte lange gearbeitet und gespart, dass sie sich den kostbaren Stoff die Spitzen und Perlen leisten konnte. Über lange Zeit hatte sie immer wieder etwas dazu getan, für den großen Tag.
Zufrieden und ohne Reue kehrte sie nun in eigenes Bett zurück und erst der Aufschrei der Mutter, als diese den leblosen Körper fand, weckte sie auf…
Natürlich versäumte sie nicht Trauer zu heucheln und sich besonders ein zu schmeicheln, bis sie entsetzt sah, dass der kostbare Stoff und all die Kleinode hervorgeholt wurden und ein Totenhemdchen so wunderschön und feierlich, so liebevoll verziert, Stich für Stich für die kleine Seele und ihren letzten Weg angefertigt wurde.
Sie konnte es nicht fassen noch im Tode hatte Sofie ihr alles weggenommen, ihr Hass war unbeschreiblich.
Nun in der kleinen, ärmlichen Kirche, stand sie betroffen, jedoch nicht aus Schmerz und Trauer, sondern aus unbändiger Wut. Sie hatte zu Allem noch mit ansehen müssen, wie Mutter das einzige Kostbare was ihr von ihrer Hochzeit damals verblieben war, eine goldene Kette mit einem winzigen Rubin sanft in die Hände der toten Schwester, als letzte Liebesgabe gelegt hatte.
Es wurde langsam dunkel Draußen und der Weg nach Hause war noch weit, so dass Mutter und Schwester sie sanft erinnerten, dass man nun wohl gehen müsse, bald würde der Totengräber kommen und den Sarg verschließen.
Mit versteinertem Gesicht blickte sie beide an und bat darum noch kurz alleine Abschied nehmen zu dürfen, sie hätte doch öfter freundlicher zu der armen Sofie sein müssen und wolle sie nun noch einmal um Vergebung bitten.
Die junge Frau küsste die kalte Stirn ihres Kindes, strich das Kleidchen glatt und Adele berührte noch einmal die zarten Locken, der Schwester. Mutter nickte Viktoria zu, sie möge das tun zu und weinend gingen die beiden hinaus, fest an den Händen haltend, um sich gegenseitig zu stützen.
Viktoria beugte sich über den Sarg und ein böses, finsteres Lächeln überflog ihre Züge. Kalt und mitleidlos, ohne Seele trat sie näher.
Alles wirst du nicht behalten, dachte sie und griff nach der Kette in den kleinen Fäustchen. In den gefalteten Fingerchen war sie fest umschlossen, es gab ein grauenvolles Geräusch der filigranen Knöchelchen als die Finger brachen und als die Rubinkette entrissen wurde. Sie legte die Kette um und verbarg sie unter ihrem Kleid, niemand würde ihr den Schmuck wieder jemals abnehmen
Schnell wurden die Hände de toten Kindes wieder zurechtgelegt und mit dem Blumensträßchen überdeckt und kurz bevor der Totengräber in die Kirche kam und ihr noch mitleidig zunickte, senkte sie den Kopf und glitt an ihm vorbei aus der Kirche.
Nach der Beisetzung, versuchte man so gut es ging in den Alltag zu finden, doch die Mutter wurde zusehends schwächer und schmaler, so oft es nur ging, besuchte sie das kleine Grab von Sofie, bekleidet von Adele, die ihre Mutter half wo sie nur konnte .
Es waren wohl einige Tage nach der Beerdigung vergangen und wieder brach eine Nacht heran, längst waren alle zur Ruhe gegangen und schliefen, erschöpft und voller Traurigkeit tief und ausgelaugt von allem ein.
Nur Victoria wälzte sich unruhig auf ihrem Lager, immer wieder glaubte sie die tote Schwester zu sehen, die ihre Ärmchen nach ihr aussteckte und flüsternd nach der Kette verlangte.
Selbst im Schlafe war sie voller Zorn und Eifersucht, ohne Reue, ohne Gefühl. Sie wehrte sich gegen den Albtraum, gegen die Händchen die nach ihr griffen…
Niemals, niemals schien sie zu antworten, eher sterbe ich, als zu gestehen oder dir Kette dir zurückzugeben.
Am Morgen als Zeit zum Aufstehen war, betrat die Mutter die kleine Stube um die Kinder zu wecken, Adele stieg bereits zersaust aus dem Bette nur Victoria schien nicht wach zu werden.
Leblos lag sie in den weißen Linnen, die Hände über dem Halse gekreuzt, schon steif und wachsweiß war der Körper, der Mund zum stummen Schrei geöffnet.
So hatte nun die arme Frau noch mal ein Kind verloren und sah hilflos zu, als ihre älteste Tochter abgeholt wurde und sank fast ohnmächtig zu Boden…
So wurde Viktoria in der gleichen Kapelle aufgebahrt wie vor einiger Zeit Sofie, der Sarg , weil nahezu aller Stoff verbraucht war , aber genau so liebevoll hergerichtet, natürlich hatte die Mutter einen Teil des Stoffes und der Zierborten und Perlchen aufbewahrt für ihr Kind und sein Fest, auf das sie sich so gefreut hatte. Es hatte wohl gereicht, denn das winzige Körperchen des Babys hatte ja nur Puppengröße gehabt und sie würde doch nie eines ihrer Kindlein nicht bedenken, alles war wohl durchdacht gewesen.
So marmorweiß und ebenmäßig war der kleine Leib von Viktoria, von morbider Schönheit, eingehüllt in feinen, einer Prinzessin gleich. Nur fehlte irgendwie der Friede auf ihren Zügen, einzig die dunklen Spuren um ihren Hals, die an winzige Händchen erinnerten waren etwas merkwürdig und der feine Streifen , der fast so anmutete als trüge sie ein feines unsichtbares Kettchen…
Auf dem kleinen Kirchhof aber, wo der Grabhügel unter den welkenden Blüten lag, blinkte im ersten Sonnenstrahl des Morgens ein kleiner Stein…blutrot und schimmernd, an einem güldenen Kettlein.
© SAMNANG
inspiriert durch den Austausch mit @cute_lenore ^^
Original anzeigen (0,3 MB)
DAS FAHLE KIND
Vor meinem Zimmer, auf der Schwelle,
stand letzte Nacht, mit müdem Blick,
ein gar zu fahles Kind.
Es trat ein Weilchen auf der Stelle,
und wollte nicht ins Bett zurück,
wie Kinder eben sind.
Ich hatte nicht den Mut zu fragen,
was seinen starren Blick betrog.
Doch als der Mond nach Westen zog,
pechschwarze Raben sich erhoben,
und in den Morgennebel flogen,
verflog das Kind, - das Haar schneeweiß.
Und durch die Bäume raunte leis
ein unheilvolles Totenklagen.