Oder warum wir eine neue deutsch-griechische Freundschaft brauchen.

Wie wir sehen können, neigt sich eine Ära zu Ende. Die goldenen Zeiten sind vorbei. Vorbei die Zeiten, als man noch vollen stolzes die Einheit Europas von den Häuserdächern verkünden konnte; vorbei, als die Gleichheit aller Euro-Staaten prachtvoll wie der Parthenon auf der Akroplis auf festem Fundament stand. Die nach Einführung des Euros fast gleichen Anleihen-Renditen sind nunmehr ins genaue Gegenteil verkehrt. Die Zinsen für Griechenland-Anleihen stehen auf Höhen sondergleichen; die Deutschen sind noch immer vergleichsweise niedrig.

Alle diese Träume von einem starken, verbundenen Europa sind nur mehr ein Schatten ihrer selbst. Die Miesmacher, die schon zu Anfangs vom Euro warnten, sollten Recht behalten. Damals noch verspottet dafür, dass sie sich gegen den Main-Stream der Eu(ro)phorie richteten, sehen sie heute dem Treiben dieser oppurtunistischen Presse zu, wie sie sich damit überschlägt, eine Meldung nach der anderen zu bringen, in der nur verkündet werden kann: Griechenland vor der Pleite, Griechenland am Rand des Abgrundes.

Selbstverständlich gibt es noch Regungen zu Hauf, die die Lage nur allzugern schönreden und Propaganda für den Euro betreiben. Und auch viel zu oft wichtige Details auslassen, was das denn bedeutet, wenn Griechenland weiter in der Euro-Zone verweilen soll: es bedeutet nämlich nichts geringeres als die Aufgabe der Souveränität.

In konspirativen Zirkeln, fern ab demokratischer Leitlinien, ist man damit beschäftigt, entsprechende Machanismen zu entwerfen, die nur einem Ziel dienen: dem einer Wirtschaftsregierung.

Es gab mehrere Faktoren, weshalb es nicht geklappt hat, warum Griechenland und andere Südländer, aber auch Irland, den Euro hinunterziehen sollten. All das aber ist mit einer einfachen Formel zu begreifen: Unterschiedlicher Stand der Wirtschaftssysteme, aber gleiche, auf die deutsche Wirtschaft ausgerichtete, Währung.

Dies schadet der griechischen Wirtschaft, da sie vieles nicht ohne weiteres machen können: Abwertung der Währung zum Beispiel. Viel mehr wird ihre Wirtschaft von dem starken Euro zermanscht. Sie tragen eine gigantische Last. Genauso schadet es natürlich der deutschen Ökonomie, die nun auch um viele ihrer Möglichkeiten gebracht wurde.

Jetzt stellt sich die Frage: wenn das Griechenland doch wirtschaftlich auch schadet und ihm seine Selbstbestimmung raubt, warum, um Gottes Namen, haben sie dann soviel Kraft aufgewendet um in die Euro-Zone zu gelangen -sofern man Bilanzfälschung Leistung nennen kann- und wieso treten sie nicht einfach jetzt wieder aus, sondern beugen sich den Technokraten aus der EU? Diesen diktatorischen Eurokraten.

Es ist die Gemütlichkeit. Denn dadurch bekommen sie eine Kaufkraft starke Währung, im Gegensatz zu der ihren, die sofort abwerten würde. Das heißt konkret: Sie können in der Welt frei Haus shoppen - sie haben mehr Geld, als wenn sie den Euro nicht hätten. Andernfalls müssten sie wieder in den Wettbewerb eintreten und würden wieder zum Kaufhaus werden. Da sie aber nicht in den Wettbewerb eintreten, leihen sie sich das Geld und verdienen es sich nicht. Daher der Schuldenberg Griechenlands. Und das ist eben auch der Preis dieser Gemütlichkeit: die Schulden - Schulden, denen kein Wirtschaftswachstum entgegensteht.

Der Euro hat sie vom Wettbewerb befreit und versorgt sie mit allem, was sie brauchen - und noch um einiges mehr. Zumindest war das bis jetzt so. Jetzt ist Zahltag.

Man darf nicht vergessen, dass, bei Einführung des Euros, die niedrigen Anleihen-Zinsen ihnen einen Boom an Geldern bescherte. (Griechenland hatte das zweitgrößte Wachstum in der Euro-Zone)
Damals hatte man so gesehen gar schon Euro-Bonds, da eben der Zinssatz für Anleihen zu Anfangs bei allen Staaten noch beinahe gleich waren. Wohin das geführt hat, sieht man heute. (Soviel zu Euro-Bonds als Retter aus Not)
Heute sieht das ganze anders aus. Heute sind zum Beispiel Griechenlands Zinsbeträge für Anleihen auf einem Rekordhoch. Deutschlands sehr, sehr niedrig.

Und dennoch hält das Euroktaten nicht davon ab, ihr gleiches nochmal zu versuchen. Vorerst mit Mechanismen, die dem ganzen schon sehr nahe kommen, den Eurobonds: EFSF oder später ESM.

Ob am Ende dieser Entwicklung die Bonds stehen, ist nicht auszuschließen, wenngleich es fraglich scheint, ob sie denn überhaupt bis zu diesem Punkt gelangen können, oder aber die Transferunion auch Deutschland schon derweil leer gemolken hat.

Gleichzeitig aber hat man doch etwas gelernt, man hat gelernt, dass ein Vertrauens-Bund nicht ausreicht. Heißt: Man vertraut den Griechen nicht mehr, dass sie sich an Verträge halten werden. Damals gab es noch keinerlei wirkliche Strafmechanismen, die Sünder hätte bestraft und sie zu "richtigem" Verhalten gezwungen.

Das soll sich durch eine Wirtschaftsregierug ändern, die auch die Exekutive sein wird. Und das wäre das komplette Ende der Demokratie. Und Griecheland, dieses wundervolle Stücken Erde, nichts mehr weiter als eine Kolonie von Technokraten.

Beileibe kann ich mir nicht vorstellen, dass dies im Interesse der Griechen wäre. Nicht einmal, dass dies im Interesse der Deutschen wäre. Viele Deutsche wollen die Mark wieder. Sie haben es satt, nicht mehr die Kaufkraft zu besitzen, wie damals, als man für die Mark noch das Dreifache an Obst bekam. Und satt, dass die Löhne sich nicht steigerten, weil man sonst nicht wettbewerbsfähig bleiben würde und seine Exportstellung verlieren könnte. Und noch viel mehr satt, dass man sie mit dem Totschlag Argument "Export" erdrückt. Aber hat der Export denn in den letzten zehn Jahren zu mehr Wohlstand in Deutschland geführt? Er ist hochgeschossen, ja, aber mit ihm nicht die Löhne des Bürgers. Oftmals sogar im Gegenteil.

Es ist gar nicht das A und O, ein Export-Staat zu sein. Zumindest sind Exportüberschüsse dies nicht. Wie schon genannt wurde, haben die Griechen sich durch Schulden eine goldene Nase verdient. Sie haben eingekauft, importiert, auch bei uns Deutschen. Und sie haben mit Schulden eingekauft, gemacht unter anderem auch bei uns Deutschen.

Ihre Schulden können sie aber nicht mehr zurückzahlen. Daraus folgt: Wir haben die Exporte verschenkt.
Und noch größere Zwickmühle: Um sie überhaupt ansatzweise zurückzahlen zu können, braucht Griechenland erst wieder eine Währung, die ihr angemessen ist. Denn nur so können sie ihre Haupteinahmequellen wieder einträglicher gestalten, die da wären: Tourismus, Olivenölexport usw.

Das Geld wird Deutschland nie wieder sehen. Zumindest einen Teil, soviel ist klar. Aber mit einer neuen Währung könnten sie mindestens diesen anderen Teil ohne zu große Umschweife zurückzahlen. Dazu müsste man nur angebrachte Verbindlichkeiten schaffen, in welchem Kurs die Griechen ihre Schulden zurückzahlen müssen. Und dem ganzen steht auch wieder ein Wirtschaftswachstum entgegen, das die Steuereinnahmen erhöht.

Aber die Griechen kommen sich ebenso verarscht vor: schließlich brauchen wir jemanden, der uns unsere Waren abnimmt. Das war Griechenland. Damit jemand einen Exportüberschuss erreichen kann, muss es jemanden geben, der einen Importüberschuss hat. Das ist Griechenland. Es ist also schon richtig, wenn sie sagen: Bei alle dem macht Deutschland den meisten Reibach durch seine Zinsen und durch seine Exporte. Klar. Aber nur unter der Voraussetzung, dass die Griechen das vollkommen zurückzahlen. Aber sie können uns auch einfach den Stinkefinger zeigen.

Wie wir in letzter Zeit sehen konnten, hat alles dies nicht gerade die deutsch-griechische Freundschaft gestärkt, sondern eher belastet. Man erinnere sich an die Proteste mit den EU-Fahnen, auf denen Merkel oftmals nicht gerade anzüglich zu sehen ist und als Diktator dargestellt wird. Und man erinnere sich an die Stimmungsmache gegen die "faulen" Griechen bei uns.

Wollen wir aber denn den Griechen nun auch noch wirklich die Last zumuten, dass wir ihnen zukünftig diktieren, wie sie zu handeln haben. Werner Sinn, ein bekannter deutscher Ökonom, hat vorgerechnet, dass Griechenland, bliebe es im Euro, innerlich um einiges Abwerten muss, da es ja seine Währung nicht abwerten kann. Dem Euro sei dank. Das heißt aber, dass die Griechen nun richtige Einsparungen hinnehmen müsste und faktisch nur noch für die Abtragung der Schulden arbeiten sollte. Da sagt Werner Sinn zurecht, dies könne in einen Bürgerkrieg führen.

Nein. Ich glaube wahrlich nicht, dass dies die Freundschaft der beiden Länder stärken würde.

Viel mehr würde es die Freundschaft stärken, wenn wir die Griechen vom Euro entlassen würden. Aber eben nicht einfach rauswerfen, sondern ihnen einen edlen Abgang zu gewähren. Ich meine damit, ihnen finanziell über die Runden zu helfen.

Mag sich widerspüchlich anhören. Habe ich doch eben noch davon palavert, die Griechen saugen auch uns irgenwann das Blut aus, im Zuge der Transferunion.

Aber dies muss man anders sehen: Sollte Griechenland austreten, würde ein Nord-Euro aufwerten und die griechische Drachme abwerten. Das heißt, wir müssten ihnen gar nicht einmal zuviel Geld zukommen lassen. Da sie mit dem Nord-Euro eine ungleich höhere Kaufkraft erzielen würden. Und es wäre mitnichten soviel, als wir mit der Transferunion zahlen würden. Das hat Deutschland übrigens vor dem Euro auch schon gemacht.

Eine Art Marshall-Plan für Griechenland wäre nicht schlecht. Wir sollten Griechenland noch ein einziges mal Kredite mit niedrigen Zinsen gewähren, für einen guten Start-Schuss, da es sich sonst nach der kommenden Pleite erst einmal nicht mehr am Kapitalmarkt finanzieren können wird. Danach sollte Griechenland dem Wettbewerb überlassen werden. Und das sollte man auch so sagen. Man sollte ihnen klar machen: Es ist nur eine Finanzspritze. Eine dieses mal wirklich einmalige. Und wirklich, es wäre ja auch kein Interesse mehr vorhanden: die Griechen sind nun aus der Zone draußen. Und sie selbst müssten ebenso ein Interesse daran haben, dass sie die Schulden abbezahlen, da sie sich danach sonst erst recht nicht mehr am Kapitalmarkt versorgen könnten. Dann wäre auch das letzte Vertrauen verstrichen.


Deutsche Firmen sollten sich dazu durchringen, in Griechenland zu investieren. Gerade der Tourismus-Sektor wäre hier wieder lukrativ. Da Urlauber nach der Abwertung dort wieder günstiger ihre Ferien verbringen können. Mit dem Euro wäre das eben nicht der Fall. Alternativ könnte Griechenland einen Teil seiner Schulden als Anteile an eben genannten Wirtschaftssektoren abtragen.

Generell sollte Griechenland geholfen werden. Man sollte das auf eine verbindende kommunikative Art und Weise machen. Es soll bei den Bürgern Griechenlands ankommen. Aber auch bei den Bürgern Deutschlands. Also eben Stellung beziehen. Da war von Merkel in Punkto Euro bis jetzt nicht wirklich etwas zu erwarten. Und es dem Bürger geschmackhaft zu machen, erst recht nicht.

Schlicht: Griechenland soll nicht das Gefühl bekommen, es wäre ein Ausgestoßener. Und Deutschland nicht mehr das Gefühl, es wäre der, der für alles in den Geldbeutel langen muss.

Ja, ich glaube, das wäre Freundschaft. Und was wäre da besser, um diese Freundschaft auf den Weg zu bringen, als dass Griechenland und Deutschland die Initiative ergreifen und diesem Euro das Aus bereiten?

Nicht mehr Europa ist das Gebot der Stunde, sondern mehr Griechenland und Deutschland als die zwei Gegensätze. Gegensätze, die sich nicht mehr ausschließen sollen in Zukunft, sondern sich ergänzen. Beide müssen dafür etwas geben, aber beide bekommen dafür auch etwas.

Urlauber auf nach Griechenland. Deutsche unterstützt Griechenlands Interessen. Für die deutsch-griechische Freundschaft.