Negra
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Schmutziges Wochenende - Helene Zahavi
02.07.2011 um 21:05Dies ist die Geschichte von Bella, die eines Morgens beim Erwachen merkte, dass sie es satt hatte.
Sie ist niemand besonderes. Die Welt ist voll von Verletzten. Die in aller Stille ersticken; leise schreien, damit die Nachbarn nichts hören. Sie müssen sie gesehen haben. Sie sind wahrscheinlich an ihnen vorübergegangen, mit Sicherheit auf sie getreten. Es gibt zu viele Menschen, die es satt haben. Das ist nichts Neues. Was zählt, ist, was man dagegen tut.
Bella hätte tun können, was sich gehört. Sie hätte tun können was Leute tun, die wissen was sich gehört. Sie hätte ihren leicht gerundeten Bauch mit Barbituraten füllen oder sich in wildem Taumel von einem Hochhaus stützen können. Man hätte es traurig gefunden, aber nicht ungehörig.
Ach die arme Bella, hätten sie alle gesagt und ihre Überreste in die wartende Erde geschaufelt. Sie hatte es anscheinend satt, hätten sie gesagt. Wenigstens besaß sie den Anstand zu tun, was sich gehört.
Aber Bella konnte sich mit dem Schmerz nicht anfreunden. Sie lief vor ihm davon und glaubte, er würde sie nicht finden. Sie schloss die Augen, hielt den Atem an und hoffte, der Schmerz würde an ihr vorbeigehen. Allein die Vorstellung, in blasse, durchscheinende Haut zu schneiden oder ihren pulsierenden Körper auf die Gleise der Strecke London - Brighton niederzulegen oder sich mit einem Elektrokabel um den Hals an der Zimmerdecke aufhängen, bewirkte, dass ihr Schließmuskel beinahe den Dienst versagt hätte. Der Schmerz also war nicht ihre Sache. Vielleicht, gab es einen weiteren Grund dafür, dass sie die Tat nicht durchführen konnte. Ein anderer Grund dafür, dass sie trotz allem weitermachte. Vielleicht war es die Vorstellung, gewesen und vergangen zu sein, ohne eine Spur hinterlassen zu haben.
Die Vorstellung, dass sie, wenn sie Schluss machte keine Geschichte haben würde; das kein Mensch je ihren Namen kennen würde. Denn auch wenn sie kaum lebte, wollte sie doch, dass man ihren Namen kannte. Wenn schon sonst nichts, sollte man wenigstens ihren Namen kennen.
Manche Menschen verstehen sich gut aufs Leben, andere schlecht. Bella verstand sich schlecht darauf. Niemand hatte ihr gezeigt, wie man es anpackt, darum tappte sie im Dunkeln.
Sie prallte krachend gegen den guten Geschmack, stolperte über die feine Lebensart und schlug sich den Kopf an der Betonmauer von Erfolg und immerwährendem Glück wund.
Sie spielt das Spiel schlecht, aber sie hatte gelernt mit Anstand zu verlieren. Verlieren scheint zu ihr zu passen. Es war etwas vertrautes, wie ein Schmerz, der immer da ist und von dem man weis, dass er einem groteskerweise fehlen würde, wenn er je verschwinden sollte. Seltsam, dass sie darüber nicht bitter wurde. Aber das wurde sie nicht.
Sie wollte lediglich in Ruhe gelassen werden, was nicht viel verlangt schien. Sie erwartete wenig und bekam noch weniger und dankte ihren Göttern für das, was sie bekam…
Sie ist niemand besonderes. Die Welt ist voll von Verletzten. Die in aller Stille ersticken; leise schreien, damit die Nachbarn nichts hören. Sie müssen sie gesehen haben. Sie sind wahrscheinlich an ihnen vorübergegangen, mit Sicherheit auf sie getreten. Es gibt zu viele Menschen, die es satt haben. Das ist nichts Neues. Was zählt, ist, was man dagegen tut.
Bella hätte tun können, was sich gehört. Sie hätte tun können was Leute tun, die wissen was sich gehört. Sie hätte ihren leicht gerundeten Bauch mit Barbituraten füllen oder sich in wildem Taumel von einem Hochhaus stützen können. Man hätte es traurig gefunden, aber nicht ungehörig.
Ach die arme Bella, hätten sie alle gesagt und ihre Überreste in die wartende Erde geschaufelt. Sie hatte es anscheinend satt, hätten sie gesagt. Wenigstens besaß sie den Anstand zu tun, was sich gehört.
Aber Bella konnte sich mit dem Schmerz nicht anfreunden. Sie lief vor ihm davon und glaubte, er würde sie nicht finden. Sie schloss die Augen, hielt den Atem an und hoffte, der Schmerz würde an ihr vorbeigehen. Allein die Vorstellung, in blasse, durchscheinende Haut zu schneiden oder ihren pulsierenden Körper auf die Gleise der Strecke London - Brighton niederzulegen oder sich mit einem Elektrokabel um den Hals an der Zimmerdecke aufhängen, bewirkte, dass ihr Schließmuskel beinahe den Dienst versagt hätte. Der Schmerz also war nicht ihre Sache. Vielleicht, gab es einen weiteren Grund dafür, dass sie die Tat nicht durchführen konnte. Ein anderer Grund dafür, dass sie trotz allem weitermachte. Vielleicht war es die Vorstellung, gewesen und vergangen zu sein, ohne eine Spur hinterlassen zu haben.
Die Vorstellung, dass sie, wenn sie Schluss machte keine Geschichte haben würde; das kein Mensch je ihren Namen kennen würde. Denn auch wenn sie kaum lebte, wollte sie doch, dass man ihren Namen kannte. Wenn schon sonst nichts, sollte man wenigstens ihren Namen kennen.
Manche Menschen verstehen sich gut aufs Leben, andere schlecht. Bella verstand sich schlecht darauf. Niemand hatte ihr gezeigt, wie man es anpackt, darum tappte sie im Dunkeln.
Sie prallte krachend gegen den guten Geschmack, stolperte über die feine Lebensart und schlug sich den Kopf an der Betonmauer von Erfolg und immerwährendem Glück wund.
Sie spielt das Spiel schlecht, aber sie hatte gelernt mit Anstand zu verlieren. Verlieren scheint zu ihr zu passen. Es war etwas vertrautes, wie ein Schmerz, der immer da ist und von dem man weis, dass er einem groteskerweise fehlen würde, wenn er je verschwinden sollte. Seltsam, dass sie darüber nicht bitter wurde. Aber das wurde sie nicht.
Sie wollte lediglich in Ruhe gelassen werden, was nicht viel verlangt schien. Sie erwartete wenig und bekam noch weniger und dankte ihren Göttern für das, was sie bekam…