katzenpfote
Diskussionsleiter
Profil anzeigen
Private Nachricht
Link kopieren
Lesezeichen setzen
dabei seit 2009
Profil anzeigen
Private Nachricht
Link kopieren
Lesezeichen setzen
Kapitel 1
16.12.2009 um 14:57Die Sonne war dem Horizont ganz nah. Ich saß auf einem warmen Fels. Auf einem dieser warmen Felsen, die hier überall verteilt sind. Ganz ruhig saß ich da. Der warme Wind wehte mit sanft durch mein helles Fell. Es war so wunderschön. Genau so, wie es sich eine Katze wünscht.
Und ich war nicht nur irgendeine Katze. Ich war Violett, die wohl hübscheste Katze in ganz Manhattan. Fühle dich geehrt, dass ich überhaupt mit dir Rede.
Bis zu dem Zeitpunkt an diesem einen Abend im Mai führte ich das ganz normale Leben einer Großstadtkatze. Das Leben in der Stadt ist nicht immer leicht für eine kleine Mieze wie mich. Ständig bestand die Gefahr, einfach von einem der tausenden Taxis totgefahren zu werden. Niemand beachtete dich, wenn du ängstlich zwischen den Füßen unzähliger beschäftigter Menschen umher huschst. Sie treten nach dir, stehen dir auf den Pfoten oder kicken dich in die nächste Ecke. Und sie bemerken es meist nicht einmal. Es ist traurig! Furchtbar! Wir Katzen haben etwas mehr Aufmerksamkeit verdient. Und ihr, ihr Menschen geht achtlos vorbei, wenn ein kleines Kätzchen schreiend zwischen den Häusern liegt. Vielleicht stirbt es bald am unerträglichem Hunger oder erstickt unter all den Abgasen aus euren lauten Autos.
Ihr lasst das leidende Etwas einfach liegen. Und wenn eure Kinder Mitleid haben und es aufheben, schreit ihr nur rum. Das Kätzchen könnte ja eventuell Flöhe haben. Das ist gemein!
Früher, da wurden wir Katzen vergöttert. Kleopatra, die wohl mächtigste Frau in eurer Geschichte, liebte uns. Es wurden Statuen und Grabstätten für uns gebaut. Hat nicht sogar die Sphinx den Körper eines Löwen; also einer großen Katze?
Gebt es doch zu. Ohne uns würdet ihr Menschen alle eingehen.
Glaube es mir ruhig. Ich kann es dir beweisen. Denn ich werde dir jetzt erzählen, wie es weiterging nachdem ich auf diesem wunderbar warmen Stein gesessen hatte.
Die Sonne wurde rot. Im Hintergrund hörte ich schon wieder das Brummen der gelben Autos. Ich sah das Aufblitzen der Werbeschilder im Augenwinkel. Und ich konnte mir ein Schmunzeln leider nicht verkneifen. Denn obwohl eure millionen und aber millionen Lichter und Maschinen unsere Welt zerstören, sind sie doch wunderschön.
Als die Sonne endgültig verschwunden war, drehte ich mich um und marschierte stolz über den schmalen gepflasterten Weg. Ich konnte die Kinder lachen hören, die Mädels kicherten vergnügt und die Jungs kamen auf ihren Skateboards angerattert. Die Erwachsenen gingen wie immer mit aufrechtem Kopf und schnellem Gang durch die Straßen. Es war Musik zu hören. Überall. Aus der einen Ecke kam der ruhige Klang einer Gitarre. Aus den Shops kam Elektro-Pop. Die Reifen der Autos quietschten und irgendwo hupte jemand. Polizeisirenen heulte, dass einem die Ohren schmerzten.
Für mich war das alles Musik. Denn ich liebte es. Es war meine Welt. Immer wieder dachte ich darüber nach, ob ich wohl die einzige war, die die Welt so wahrnahm. Gab es hier noch jemanden, der so genau alles in sich einsog, der jeden Sinn aktiviert hatte? Möglicherweise auch ein Mensch?
Die Tauben gurrten, ein Hund kläffte, ein paar coole Jungs drehten die Hip-Hop Musik voll auf. Ich schloss die Augen und genoss es einfach.
Der Wind wurde langsam kälter. Die ersten Sterne waren zu sehen. Ich entfernte mich immer mehr von der City und kam in die ruhigere Gegend. Und irgendwann war sie vor mir, eine der vielen endlos langen Brücken hier. Und über genau diese Brücke, vor der ich jetzt stand, ging ich fast jeden Tag. Autos rasten mit unglaublicher Geschwindigkeit unter meinen Pfoten vorbei. Bald würde ich zuhause sein. Dort wartete sicher schon Gabrielle. Gabrielle ist so jemand, den man als mein Frauchen bezeichnen könnte, wenn ich ein Hund wäre. Sie gab mir zu essen und zu trinken, falls ich im Haus war. Und sie erzählte mir immer all ihre Sorgen, während sie vorsichtig an meinen Ohren knotete.
Ich tappte über die Brücke. Und obwohl die Musik der Innenstadt schon weiter hinter mir lag, klang sie in meinem Kopf weiter und ich genoss die Stille um mich herum. Ich konnte sogar die Möwen kreischen hören.
So war ich eben, Violett, die Katze, die alles mitbekommt. Ich roch alles, ich sah alles, ich hörte alles und ich fühlte alles. Und ich hatte Sinne, die du dir nicht mal im Traum vorstellen kannst. Es waren diese ganz speziellen Katzensinne. Ich konnte das Magnetfeld der Erde spüren und ich merkte es, wenn jemand mit seinen Schritten den Boden vibrieren ließ.
Ich kam zuhause an. Hinter der Katzenklappe war es hell und warm. Draußen war es mittlerweile ziemlich eisig geworden- angenehm eisig. Trotzdem freute ich mich auf das cremefarbene Kissen, dass oben in Gabrielles Zimmer für mich bereit lag. Ich war gerade auf halbem Weg nach oben auf der Treppe, als ich Joanna schreien hörte. Joanna war Gabrielles Mutter. Sie war genauso wenig zuhause wie ich es war. Sie ging arbeiten. Seit George nicht mehr hier lebte, hatte sie ziemlich viel zu tun um mein Katzenstreu zu bezahlen. Soweit ich es wusste arbeitete sie als Touristen-Führerin in den Hochhäusern der Stadt. Sie war eine von denen, die den dicken Kerlen in den bunten Hemden erklärte, wo man hier das leckerste Essen herbekam und die kitschigsten Geschenke für die Verwandten im eigenen Land.
Doch ihre Stimme hörte sich in dem Moment, in dem ich auf der Treppe stand, nicht so an, als würde sie Gab irgendeine Bar empfehlen. Sie war total laut. Ich konnte nicht viel verstehen, sondern schnappte immer nur einzelne Worte auf wie „unmöglich“, „bezahlen“, „unerhört“, „Lüge“ oder „arbeiten“ auf. Jetzt wollte ich es genauer wissen. Ich machte kehrt und schlich in die Küche.
Dort stand Joanna. Die Hände in den Hüften und mit weit aufgerissenem Mund brüllte sie Gab an. Die schaute gerade zu Boden und seufzte. „Verdammt, ich war es nicht“, murmelte sie immer nur.
Joanna griff sich an den Kopf. „Ich hätte nie gedacht, dass ich so eine schlechte Mutter bin. Scheinbar kann ich nicht mal meine Tochter richtig erziehen.“ „Du bist eine schlechte Mutter, weil du deiner Tochter nicht zuhörst!“, giftete Gab Joanna an. „Oder ihr besser gesagt nicht glaubst.“
„Pah“, machte Joanna, „ich soll dir glauben, dass dir jemand anderes die Sachen einfach so in die Tasche gepackt hat, weil er es lustig fand? Hältst du mich für blöd?“
Jetzt war es Gabrielle, die laut wurde. „Maria war auch im Kaufhaus. Sie hasst mich. Sie findet es bestimmt witzig, wenn ich verhaftet werde.“
Joanna sagte nichts. Sie schaute nur ohne Ausdruck auf Gabrielle. Nach einer scheinbaren Ewigkeit sagte sie: „Ich werde mal mit Marias Mutter sprechen. Und jetzt geh auf dein Zimmer und mach deine verdammte Katze sauber! Die stinkt ja erbärmlich!“
Und ich war nicht nur irgendeine Katze. Ich war Violett, die wohl hübscheste Katze in ganz Manhattan. Fühle dich geehrt, dass ich überhaupt mit dir Rede.
Bis zu dem Zeitpunkt an diesem einen Abend im Mai führte ich das ganz normale Leben einer Großstadtkatze. Das Leben in der Stadt ist nicht immer leicht für eine kleine Mieze wie mich. Ständig bestand die Gefahr, einfach von einem der tausenden Taxis totgefahren zu werden. Niemand beachtete dich, wenn du ängstlich zwischen den Füßen unzähliger beschäftigter Menschen umher huschst. Sie treten nach dir, stehen dir auf den Pfoten oder kicken dich in die nächste Ecke. Und sie bemerken es meist nicht einmal. Es ist traurig! Furchtbar! Wir Katzen haben etwas mehr Aufmerksamkeit verdient. Und ihr, ihr Menschen geht achtlos vorbei, wenn ein kleines Kätzchen schreiend zwischen den Häusern liegt. Vielleicht stirbt es bald am unerträglichem Hunger oder erstickt unter all den Abgasen aus euren lauten Autos.
Ihr lasst das leidende Etwas einfach liegen. Und wenn eure Kinder Mitleid haben und es aufheben, schreit ihr nur rum. Das Kätzchen könnte ja eventuell Flöhe haben. Das ist gemein!
Früher, da wurden wir Katzen vergöttert. Kleopatra, die wohl mächtigste Frau in eurer Geschichte, liebte uns. Es wurden Statuen und Grabstätten für uns gebaut. Hat nicht sogar die Sphinx den Körper eines Löwen; also einer großen Katze?
Gebt es doch zu. Ohne uns würdet ihr Menschen alle eingehen.
Glaube es mir ruhig. Ich kann es dir beweisen. Denn ich werde dir jetzt erzählen, wie es weiterging nachdem ich auf diesem wunderbar warmen Stein gesessen hatte.
Die Sonne wurde rot. Im Hintergrund hörte ich schon wieder das Brummen der gelben Autos. Ich sah das Aufblitzen der Werbeschilder im Augenwinkel. Und ich konnte mir ein Schmunzeln leider nicht verkneifen. Denn obwohl eure millionen und aber millionen Lichter und Maschinen unsere Welt zerstören, sind sie doch wunderschön.
Als die Sonne endgültig verschwunden war, drehte ich mich um und marschierte stolz über den schmalen gepflasterten Weg. Ich konnte die Kinder lachen hören, die Mädels kicherten vergnügt und die Jungs kamen auf ihren Skateboards angerattert. Die Erwachsenen gingen wie immer mit aufrechtem Kopf und schnellem Gang durch die Straßen. Es war Musik zu hören. Überall. Aus der einen Ecke kam der ruhige Klang einer Gitarre. Aus den Shops kam Elektro-Pop. Die Reifen der Autos quietschten und irgendwo hupte jemand. Polizeisirenen heulte, dass einem die Ohren schmerzten.
Für mich war das alles Musik. Denn ich liebte es. Es war meine Welt. Immer wieder dachte ich darüber nach, ob ich wohl die einzige war, die die Welt so wahrnahm. Gab es hier noch jemanden, der so genau alles in sich einsog, der jeden Sinn aktiviert hatte? Möglicherweise auch ein Mensch?
Die Tauben gurrten, ein Hund kläffte, ein paar coole Jungs drehten die Hip-Hop Musik voll auf. Ich schloss die Augen und genoss es einfach.
Der Wind wurde langsam kälter. Die ersten Sterne waren zu sehen. Ich entfernte mich immer mehr von der City und kam in die ruhigere Gegend. Und irgendwann war sie vor mir, eine der vielen endlos langen Brücken hier. Und über genau diese Brücke, vor der ich jetzt stand, ging ich fast jeden Tag. Autos rasten mit unglaublicher Geschwindigkeit unter meinen Pfoten vorbei. Bald würde ich zuhause sein. Dort wartete sicher schon Gabrielle. Gabrielle ist so jemand, den man als mein Frauchen bezeichnen könnte, wenn ich ein Hund wäre. Sie gab mir zu essen und zu trinken, falls ich im Haus war. Und sie erzählte mir immer all ihre Sorgen, während sie vorsichtig an meinen Ohren knotete.
Ich tappte über die Brücke. Und obwohl die Musik der Innenstadt schon weiter hinter mir lag, klang sie in meinem Kopf weiter und ich genoss die Stille um mich herum. Ich konnte sogar die Möwen kreischen hören.
So war ich eben, Violett, die Katze, die alles mitbekommt. Ich roch alles, ich sah alles, ich hörte alles und ich fühlte alles. Und ich hatte Sinne, die du dir nicht mal im Traum vorstellen kannst. Es waren diese ganz speziellen Katzensinne. Ich konnte das Magnetfeld der Erde spüren und ich merkte es, wenn jemand mit seinen Schritten den Boden vibrieren ließ.
Ich kam zuhause an. Hinter der Katzenklappe war es hell und warm. Draußen war es mittlerweile ziemlich eisig geworden- angenehm eisig. Trotzdem freute ich mich auf das cremefarbene Kissen, dass oben in Gabrielles Zimmer für mich bereit lag. Ich war gerade auf halbem Weg nach oben auf der Treppe, als ich Joanna schreien hörte. Joanna war Gabrielles Mutter. Sie war genauso wenig zuhause wie ich es war. Sie ging arbeiten. Seit George nicht mehr hier lebte, hatte sie ziemlich viel zu tun um mein Katzenstreu zu bezahlen. Soweit ich es wusste arbeitete sie als Touristen-Führerin in den Hochhäusern der Stadt. Sie war eine von denen, die den dicken Kerlen in den bunten Hemden erklärte, wo man hier das leckerste Essen herbekam und die kitschigsten Geschenke für die Verwandten im eigenen Land.
Doch ihre Stimme hörte sich in dem Moment, in dem ich auf der Treppe stand, nicht so an, als würde sie Gab irgendeine Bar empfehlen. Sie war total laut. Ich konnte nicht viel verstehen, sondern schnappte immer nur einzelne Worte auf wie „unmöglich“, „bezahlen“, „unerhört“, „Lüge“ oder „arbeiten“ auf. Jetzt wollte ich es genauer wissen. Ich machte kehrt und schlich in die Küche.
Dort stand Joanna. Die Hände in den Hüften und mit weit aufgerissenem Mund brüllte sie Gab an. Die schaute gerade zu Boden und seufzte. „Verdammt, ich war es nicht“, murmelte sie immer nur.
Joanna griff sich an den Kopf. „Ich hätte nie gedacht, dass ich so eine schlechte Mutter bin. Scheinbar kann ich nicht mal meine Tochter richtig erziehen.“ „Du bist eine schlechte Mutter, weil du deiner Tochter nicht zuhörst!“, giftete Gab Joanna an. „Oder ihr besser gesagt nicht glaubst.“
„Pah“, machte Joanna, „ich soll dir glauben, dass dir jemand anderes die Sachen einfach so in die Tasche gepackt hat, weil er es lustig fand? Hältst du mich für blöd?“
Jetzt war es Gabrielle, die laut wurde. „Maria war auch im Kaufhaus. Sie hasst mich. Sie findet es bestimmt witzig, wenn ich verhaftet werde.“
Joanna sagte nichts. Sie schaute nur ohne Ausdruck auf Gabrielle. Nach einer scheinbaren Ewigkeit sagte sie: „Ich werde mal mit Marias Mutter sprechen. Und jetzt geh auf dein Zimmer und mach deine verdammte Katze sauber! Die stinkt ja erbärmlich!“