Hildegard von Bingen
09.08.2009 um 11:03
Visionen der Hildegard von Bingen
Als Achtjährige (Stella Holzapfel) wird das visionär begabte Mädchen Hildegard von Bermersheim von ihren Eltern in das Benediktinerkloster Disibodenberg gebracht - eine kleine blonde Braut Christi. Der strenge Abt Kuno (Alexander Held) gibt sie in die Obhut der nur wenige Jahre älteren Jutta von Sponheim (Mareile Blendl), ihrer künftige Mentorin. Jutta fördert nicht nur ihre Musikbegabung, sondern gibt ihr auch das eigene Wissen weiter.
Glaube mit der Liebe zum Menschen nicht mit Selbstkasteiung und extremem Fasten
23 Jahre lebt Hildegard (Barbara Sukowa) als Nonne auf dem Disibodenberg. Als Jutta von Sponheim stirbt, entdeckt sie, gemeinsam mit ihrer Mit-Novizin Jutta (Lena Stolze), Spuren extremer Selbstkasteiung am ausgemergelten Körper. Ein Erlebnis, das sie schockiert und nachhaltig prägt. Sie schwört sich, solche Praktiken nicht zu dulden oder gar zu verlangen und lehnt es ab, durch Leiden und extremes Fasten Gott näher zu kommen. Ihr Glaube ist mit der Liebe zum Menschen verbunden.
Trotz ihrer Beteuerungen, sie sei unwürdig für so eine hohe Aufgabe, wählen die Mitschwestern sie zur neuen Magistra, zur Leiterin der Frauenabteilung des Klosters. In der Folgezeit liest sie viel, macht sich kundig über die Möglichkeiten heilender Kräfte der Pflanzen und Kräuter und unterrichtet die anderen Schwestern im Klostergarten. Ihr Credo: Der Mensch muss eins sein mit der Natur, erst muss die Seele heil werden, dann kann der Körper folgen.
Ablehnung und offener Chauvinismus- davon lässt Hildegard sich nicht einschüchtern
Nach einer besonders intensiven Vision vertraut sie sich Mönch Volmar (Heino Ferch) an, ihrem Wegbegleiter und späteren Sekretär, der sie ermutigt, der inneren Stimme zu folgen. Er berichtet Abt Kuno von Hildegards seherischen Fähigkeiten, der unwirsch reagiert und den Erzbischof von Mainz benachrichtigt. Vor einer Gruppe von Mönchen muss Hildegard ihre Visionen darlegen und verteidigen, sie stößt auf Skepsis, Ablehnung und offenen Chauvinismus. Man droht, sie als Ketzerin aus der Kirche auszustoßen. Aber sie ist keine Frau, die sich unterordnet oder von Männern einschüchtern lässt und schreibt an Bernhard von Clairvaux, den einflussreichsten Zisterziensermönch und Mystiker seiner Zeit. Clairvaux ist beeindruckt und macht sich auf der Synode von Trier beim Papst zu ihrem Fürsprecher, Hildegard erhält Unterstützung aus Rom und die Erlaubnis zur Niederschrift ihrer Visionen. Auch Abt Kuno stellt sich nun auf ihre Seite, weil er sich durch ihre zunehmende Bekanntheit mehr materielle Zuwendungen und Wohltätigkeiten für das Kloster erwartet.
Der Schleier als Zeichen der Verbundenheit mit Gott
Als die 16jährige lebhafte und schwärmerische Richardis von Stade (Hannah Herzsprung) von ihrer Mutter (Sunnyi Melles) ins Kloster gebracht wird, weil das Mädchen von Hildegard als Novizin unterwiesen werden möchte, ist diese angetan von Richardis´ Wesen und ihrer herzerfrischenden Offenheit. Zwischen ihnen entwickelt sich, trotz des Altersunterschieds, eine tiefe Freundschaft. Richardis unterstützt Hildegard in allen Bereichen, was den Neid anderer Nonnen erweckt, vor allem Hildegards langjährige Vertraute und Ordensschwester Jutta fühlt sich zurückgesetzt.
Unter großer Anteilnahme ihrer Familie legt Richards das Gelöbnis ab und trägt den Schleier als Zeichen der Verbundenheit mit Gott.
Nur Askese im Kloster? - Nicht für Hildegard von Bingen
Aufgeschreckt durch den Selbstmord der jungen im Kloster geschwängerten Nonne Clara entschließt sich Hildegard, ein nur von Nonnen bewirtschaftetes Kloster einzurichten. Abt Kuno verweigert ihr die Genehmigung, auch aus Angst, seine Pfründe zu verlieren. Hildegard verfällt in eine rätselhafte Starre, die Schwestern fürchten gar ihren Tod. Doch dann holt Richardis´ Mutter die Erlaubnis beim Erzbischof von Mainz ein und Hildegard gesundet wie durch ein Wunder. Sie kauft ein ehemaliges Augustinerkloster und zieht mit zwanzig Nonnen hoch zu Ross trotz aller Widerstände auf den Rupertsberg bei Bingen, am Zusammenfluss von Rhein und Nahe - Kreuzpunkt von Pilgern und Kaufleuten. Der Aufbau des Klosters ist mühsam für die Frauen, einige von ihnen beginnen, gegen Hildegard zu rebellieren und werfen ihr Egoismus vor. Hildegard zweifelt an sich und muss zusätzlich noch gegen Abt Kuno kämpfen, der ihr die zustehenden finanziellen Mittel verweigert, obgleich sie nur das einfordert, was die Schwestern eingebracht haben. Erst eine neuerliche Intervention von Richardis´ Mutter beim Erzbischof von Mainz bringt das notwendige Geld zur Fertigstellung des Klosters. Zu Ehren der Äbtissin Tengwich aus Andernach feiern die Nonnen mit Musik, Tanz und Theater, sie tragen weiße, kostbare Gewänder und ihre Haare offen. Eine Sitte, die der älteren, zu Besuch weilenden Äbtissin gar nicht gefällt. Aber für Hildegard gibt es nicht nur Askese, sondern auch Lebensfreude.
Prophezeihungen und Visionen für König Barbarossa und ein Schicksalsschlag für Hildegard
Nach der Fertigstellung des Buches "Scivias" mit tatkräftiger Unterstützung von Richardis erfährt Hildegard, dass ihre Seelenfreundin das Kloster auf dem Rupertsberg verlassen muss und auf Wunsch ihrer Familie ein eigenes Kloster als Äbtissin übernehmen soll. Wie ein trotziges Kind wehrt sich Hildegard dagegen und setzt alle Hebel in Bewegung, um den Fortgang ihrer langjährigen Schülerin zu verhindern. In einer für beide schmerzhaften Auseinandersetzung bezichtigt Richardis die zutiefst enttäuschte Hildegard der Eigensucht. Letztendlich muss die Ältere das geliebte Wesen ziehen lassen, den Verlust akzeptieren. Ein Schicksalsschlag wie der plötzliche Tod ihrer Jugendfreundin Jutta.
Doch Hildegard findet ihren inneren Frieden wieder, ihr Ruhm als Visionärin und Heilerin geht inzwischen weit über die Klostermauern hinaus. Sogar König Friedrich Barbarossa bittet sie um Rat und macht sie mit seinen Hofgelehrten bekannt, eine lang ersehnte Möglichkeit, sich mit modernem Wissen aus aller Herren Länder auseinanderzusetzen. In einem persönlichen Gespräch prophezeit sie ihm die Kaiserkrone, warnt ihn aber gleichzeitig vor Hochmut. Zurück im Kloster erfährt sie vom Tode Richardis´ - eine Nachricht, die sie mitten ins Herz trifft. Mit 60 erkrankt Hildegard schwer, aber eine Vision befiehlt ihr, wieder aufzustehen und ihren Lebensweg fortzusetzen, ihr Werk über die Heilkräfte der Natur zu schreiben und auf Pilgerreise zu gehen ...
Quelle: Concorde Film
bzw: kwick