Der gerade Weg
30.08.2012 um 17:41
Das Ego will anerkannt sein, geachtet sein; es will gar etwas Größeres sein als all die anderen. Wenn es das nicht kann und sieht, dass andere mehr haben, entwickelt es Eifersucht und versucht den angeblich ungerechten Zustand durch perfide Mittel wieder herzustellen.
Geht man nach Buddha Sakyamuni, stammt selbst die affektive Negierung der Existenz (Die Abischt der Selbsttötung) aus dem gleichen Prinzip.
Man ist sozusagen Sklave seines Egos, das nur in Bedingungen existieren kann. Das ist es, was im mittleren Weg aufzuheben ist. Das bedeutet aber nicht, dass man deswegen zum Asket werden muss und auch sonst nicht im Weltlichen verbleiben kann. Es wird nur der Hintergrund und die Motivation verändert. Jedoch soll sich das Haften an überhaupt allem Weltichem mit der Befreiung aufheben, da man sich ab da an selbst ganz und gar genügt.
In diesem Zusammenhang kann man sich durchaus fragen, ob denn die Pratimoksha der Bikshus, ob nun Hinayana oder Mahayana, wirklich im Sinne des mittleren Weges ist; aber dazu erlaube ich mir kein Urteil.
Epikur hat in etwa eine ganz ähnliche Ethik aufgestellt, wobei er jedoch durchaus ein sogenanntes Lust-Prinzip, das von vielen missverstanden wird, propagiert hat und auch weniger auf völlige Negation des Weltichen fokussiert war, als auf schlichte Befreiung vom Unersättlichen und der Unvernunft des Menschen gegenüber dem Unausweichlichen.
So ist es verkehrt und nicht angebracht, gegen etwas aktiv ankämpfen zu wollen oder sich wegen etwas zu sorgen, das ganz einfach nicht in der Hand des Menschen liegt; man solle es vielmehr akzeptieren. In dieser Einstellung ist wieder die Parallele zum mittleren Weg des Buddhismus vorhanden, nachdem man die Widrigkeiten des Schicksals zu akzeptieren und ihnen gelassen gegenüberzutreten habe, anstatt mit ihnen zu hadern und sich von ihnen vereinnahmen zu lassen.
Aber die Epikureer rufen, entgegen den Stoikern, ganz entschieden dazu auf, dass man, immer und überall da, wo man die Entscheidung hat, auch richtig zu entscheiden und zu handeln hätte und dass der Mensch die Willensfreiheit besitze und nicht ganz und gar dem Schicksal ausgeliefert sei.
Ich würde sagen, der gerade Weg liegt darin, ohne andere zu schaden sich selbst zu verwirklichen und aus sich Autonomie vom Schicksal, den Lebensumständen, der Gesellschaft und dergleichen zu erreichen und somit die Eudamonie zu erreichen.
Noch nette Zitate:
„Auch die Unabhängigkeit von äußeren Dingen halten wir für ein großes Gut, nicht um uns in jeder Lage mit Wenigem zufrieden zu geben, sondern um, wenn wir das Meiste nicht haben, mit Wenigem auszukommen, weil wir voll davon überzeugt sind, dass jene, die den Überfluss am meisten genießen, ihn am wenigsten brauchen, und dass alles Natürliche leicht, das Sinnlose aber schwer zu beschaffen ist und dass eine einfache Brühe die gleiche Lust bereitet wie ein üppiges Mahl […] und dass Wasser und Brot die höchste Lust bereiten, wenn man sie zu sich nimmt, weil man Hunger hat. Die Gewöhnung an einfache und nicht üppige Nahrung dient also einerseits in jeder Hinsicht der Gesundheit und nimmt andererseits auch dem Menschen die Sorgen angesichts der Grundbedürfnisse des Lebens, stärkt uns, wenn wir uns in Abständen an üppige Tafeln begeben, und macht uns furchtlos gegenüber dem Schicksal.“
Epikur
(Wir sollten jegliche Art von Hoffnung auf eine Gegenleistung aufgeben, jegliche Art von Erwartung, dass man uns dankbar sein wird. Das bedeutet, wir sollten praktizieren, egal ob man uns dankbar dafür ist oder nicht. Das nennt sich eine reine Einstellung, eine reine, positive Einstellung. Sie ist rein, weil man keine Hoffnung auf eine Gegenleistung hegt. Es heißt auch: gib jegliches Hoffen auf flüchtige Dinge, wie Anerkennung (Lob), Ruhm, Reichtum und Ansehen auf. Diese acht weltlichen Dharmas sind keine Basis für Glück, sie sind flüchtig, nur die Leerheitserkenntnis, die Erleuchtung ist eine stabile Basis, so arbeite in allen Leben immer an den zwei Bodhichittas. ‐‐ Vimalakirti sprach zu Manjushri: „…'So wie ich den Dharma in mir verwirklicht habe, so möchte ich ihn auch allen Wesen lehren.' Damit erzeugt [der Bodhisattva] Liebe, die wahrlich eine Zuflucht für alle Lebewesen ist; eine Liebe, die frei ist vom Besitzergreifen; Liebe, die nicht fieberhaft ist, weil sie frei von unreinen Motivationen ist; Liebe, die mit der Wirklichkeit übereinstimmt, weil sie in allen drei Zeiten (Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft) gleichbleibend ist; Liebe, die konfliktfrei ist, denn sie ist frei von Gewalt, die mit Leidenschaften verbunden ist; Liebe, die in sich nicht‐zwei ist, denn sie ist weder in das Äußere noch in das Innere verstrickt; Liebe, die unerschütterlich ist, weil sie unbedingt ist. Damit erzeugt der Bodhisattva Liebe, die fest und von unzerbrechlicherEntschlossenheit ist wie ein Diamant; eine Liebe, die rein ist, gereinigt in ihrem innersten Wesen; eine Liebe, die gleich ist, weil ihr Bestreben gleich ist; die Liebe des Heiligen, der den Gegner überwunden hat; die Liebe des Bodhisattva, der beständig daran arbeitet, die (geistige) Entwicklung anderer zu fördern; die Liebe des Tathagata, die die Wirklichkeit versteht; die Liebe des Buddha, die Lebewesen aus ihrem Schlaf erwachen lässt; Liebe, die spontan ist, denn sie ist spontan vollkommen erleuchtet; Liebe, die Erleuchtung ist, denn sie ist die Einheit der Erfahrung; Liebe, die keine Bestätigung sucht, denn sie hat Gier und Abneigung überwunden; Liebe, die große heilende Hinwendung (mahakaruna) ist, denn sie verleiht dem Mahayana Strahlkraft; Liebe, die sich niemals erschöpft, denn sie erkennt die Leere und das Nicht‐Selbst; Liebe, die Geben (dana) ist, denn sie lehrt den Dharma frei und ohne Geiz; Liebe, die Tugend (sila) ist, denn sie macht die Lebewesen besser; Liebe, die Geduld (ksanti) ist, denn sie schützt einen selbst wie die anderen; Liebe, die Tatkraft (virya) ist, denn sie übernimmt Verantwortung für alle lebenden Wesen; Liebe, die Meditation (dhyana) ist, denn sie enthält sich der Zügellosigkeit des Genusses; Liebe, die Weisheit (prajna) ist, denn sie erlangt (Weisheit) zur geeigneten Zeit; Liebe, die Befreiung (upaya) ist, denn sie weist den Weg ueberall; Liebe, die ohne Selbstruhm (dambha) ist, denn sie ist in der Motivation rein; Liebe, die ohne Arglist ist, denn sie handelt aus entschiedener Motivation; Liebe, die von hoher Entschlusskraft ist, denn sie ist ohne Leidenschaften; Liebe, die ohne Illusion (maya) ist, nicht künstlich; Liebe, die Glück (sukha) ist, denn sie führt die Lebewesen zum Glück des Buddha. So, Manjushri, ist die große Liebe eines Bodhisattva.“)
Zitiert aus einem PDF buddhistischer Ethik