savaboro schrieb:Ich habe aus zig Erfahrungen und Konflikten gelernt, das ich es alleine bin, der die Wut bei einer bösen Beleidigung hervorruft. Dein gegenüber schickt dir keine Wut, du erzeugst sie selbst.
Gilt das nur für Worte oder auch, wenn man körperlich angegriffen wird und dadurch Angst oder Schmerzen erleidet? Ist es also nur das Problem des Opfers, wenn es unter einem (von mir aus nur verbalen) Angriff leidet?
Dass so etwas in der Tat nur ein Problem für das Opfer ist, weil der andere es ja freiwillig tut und die Zuschauer das Ganze als Bagatelle abtun (und meistens der Ansicht sind, ihnen könnte so etwas nie passieren, weil sie ja nicht so gestrickt sind wie das Opfer), ist dem Opfer auch ohne hin klar.
Deine Idee ist nicht neu, und klingt für viele Menschen überzeugend und "wahr". Nach meinen Erfahrunge vor allem für die, die niemals Opfer der Bösartigkeit anderer werden mussten, also überhaupt keine Ahnung haben, wie es ist, von anderen beleidigt, beschimpft oder gar geschlagen oder angespuckt zu werden. Vor allem, wenn das nicht nur einmal passiert, sondern ständig, zum Beispiel, weil man den Täter regelmäßig in der Nachbarschaft, der Schule oder auf der Arbeit trifft und ihm nicht ausweichen kann.
Meiner Meinung nach trifft dieses "Keine richtige Ahnung haben" vor seiner Gefangennahme auch auf Jesus zu. Solche Nicht-Betroffenen, die den Opfern einreden wollen, es läge allein an ihnen, wenn sie sich getroffen fühlen, wissen eben nicht, dass die Tatsache, von einer anderen Person gedemütigt zu werden, nicht nur Rachegefühle, sondern vor allem Angst auslöst. Angst vor Wiederholungen in dem Bewusstsein, dass von keiner Seite Hilfe zu erwarten ist, weil die nicht-betroffene Umwelt die Sache nicht ernst nimmt, sondern bagatellisiert.
Das klingt alles wunderschön - so, als ob wir eine heile Welt haben könnten, wenn sich die Opfer von Gewalttaten nur endlich dazu durchringen wollten, den Tätern zu vergeben. Und dazu werden sie in den "friedlichen" Religionen gedrängt, als ob es an ihnen läge, dass die Welt (noch) nicht heil ist. Während man im Buddhismus wenigstens nur negatives Karma ansammelt, wenn man nicht vergeben kann, muss man im Christentum zusätzlich zum irdischen Schaden auch noch mit Verdammung rechnen, wenn man Groll gegen den Täter hegt. Dieser braucht dagegen nur ein bisschen Reue zu heucheln und ist sofort erlöst. Wenn man dem Täter so viel Selbsterniedrigung überhaupt zumuten möchte.
Opfer brauchen keine Ratschläge, die ihnen einreden wollen, dass sie selbst schuld sind, wenn sie aufgrund von Mobbing und ähnlichem keine gute Laune haben. Sie wissen aus leidvoller Erfahrung, dass ihre Rechte sowieso niemanden interessieren, solange sie nicht in der Lage sind, sie selbst zu verteidigen.
Und nun zum anderen Punkt in meinem vorherigen Post: Warum predigt Jesus (gilt natürlich auch für seine Kollegen aus anderen Religionen) nicht, dass man auf Gewalt überhaupt verzichten sollte?