@Grenox Nein. Der Glaube dient dazu, Nicht-Beweisbares und die Grenzen der menschlichen Denkfähigkeit als Tatsache hinzunehmen, und dem Leben einen Inhalt zu geben - für den Gläubigen. Der Nicht-Gläubige findet andere Inhalte, oder hat erst gar nicht danach gefragt. Fragt sich aber, ob es überhaupt einen nicht-gläubigen Menschen gibt. Darauf komme ich noch zurück.
In der Darstellung kommt es darauf an, ob man das Nicht-Beweisbare als Glaubensinhalt ("Ich glaube, dass ..."), oder als Tatsache ("Es steht fest, dass ...") darstellt.
Was den Unterschied zwischen fundamentalistischem und tolerantem Glauben ausmacht, der heute oft übersehen wird. Dabei findet man den in allen möglichen Lebensbereichen, und nicht nur in der Religion, auf die das Thema "Glaube" meist vorschnell verkürzt wird.
Es findet sich "Glaube" aber nicht nur in der Religion, sondern genauso in der Wirtschaft (Börsengeschäfte), wie in der Politik, wie im Alltag, wo Glaube oft Bildung ersetzt, oder zumindest ergänzt, wo sie Lücken zeigt. Glaube betrifft auch viele zwischenmenschlichen Beziehungen, in denen das Subjektive und das Vorurteil die Erfahrung ersetzt
Glaube ergänzt aber auch eine umfassende Bildung, die bewusst werden lässt, dass man mit Wissen immer an Grenzen stößt. Strenggenommen ist jede auf Wissen aufgebaute, noch nicht bewiesene These Glaube.
Es gibt auch Physiker und Biologen, die gläubig sind, weil sie hinter den bekannten Naturgesetzen einen übergeordneten Mechanismus sehen, oder die Diskrepanz zwischen Naturgesetz und Moral erkennen (und in der Distanz des Menschen zur übrigen Schöpfung einen übergeordneten Mechanismus sehen), oder der reinen Schönheit der Logik der Naturgesetze einen Namen geben wollen.
Religiöse Menschen gehen davon aus, dass ihr Gott sich (wie die Gravitationswellen) irgendwann offenbart, nur halt auf einer sehr persönlichen Ebene (wenn sie tolerant sind), oder als letzte Instanz in der Apokalypse (wenn sie meinen, dass nur ihr persönlicher Gott Tatsache ist, denn alle Apokalyptiker haben natürlich den einzig
richtigen Gott und Glauben).
@Heide_witzka Grotesk kann darum auch das Festklammern an der Wissenschaft sein, das sich der Vorspiegelung endgültiger Anworten hingibt. Wir wissen noch nichtmal wirklich über unseren Soffwechsel bescheid, dennoch gibt es andauernd neue Thesen zur optimalen Ernährung ... die den einen oder anderen Erfinder schon früh ins Grab brachten.
Zwar hätten wir dazu seit Jahrtausenden die Versuchskaninchen im Haus, aber es ist ja nichtmal die optimale Ernährung von Hunden und Katzen geklärt.
Da wird auch über weite Strecken sehr viel mehr geglaubt, als gewusst.
Und der Glaube wird mit dem gleichen Furor verteidigt (gerade, was die Ernährung von Haustieren angeht), wie mancher Religiöser seine Überzeugungen vertritt.
Es geht auch so weit, dass Tierschützer, die sich sämtlich auf wissenschaftliche Erkenntnisse berufen, Käfigtiere "befreien", die in der Wildnis sofort qualvoll umkommen. Aber das ist dann ein "guter" Tod, weil "natürlich".
Letztens erst las ich von einem Bakterium, das als hoch ansteckende Geschlechtskrankheit mit Antibiotika zu behandeln sei. Ziemlich verdutzt, weil ich noch nie davon gehört hatte, habe ich eine Ärztin befragt. Die sagte, dass es gar nicht erwiesen ist, ob das Bakterium tatsächlich die vielen Krankheiten auslöst, die damit in Zusammenhang gebracht werden oder ob es harmlos ist, und nur weil 2/3 der Bevölkerung damit leben, mit den Erkrankungen in Zusammenhang gebracht wurde. Möglich, dass auch 2/3 der Gesunden mit dem Bakterium "infiziert" sind.
Ihr Bakteriologe, bei dem sie die Analysen durchführen lässt, rät von der Behandlung mit Antibiotika ab, bis genaueres bekannt ist. Im Netz findet man immer noch die Empfehlung, es zu behandeln. Antibiotika haben die bekannten Nebenwirkungen.
Was immer man nun entscheidet, sollte das Bakterium bei einem diagnostiziert werden, ist also reine Glaubenssache. Ist das nicht auch grotesk?
;)