@amore11 Am vergangenen Wochenende kam ich auf dem Bahnsteig eines ländlichen Bahnhofs rein zufällig mit einem Mann ins Gespräch. Wir hatten dasselbe Reiseziel und so setzten wir uns zusammen in ein Abteil. Es entspann sich eine angeregte Diskussion über diverse Themen, die durchaus ein gewisses Maß an Bildung und Wissen voraussetzten. Ich hatte sehr wohl den Eindruck, dass mein Gesprächspartner hochintelligent war und es deutete rein gar nichts darauf hin, dass er psychisch krank war. Erst im Verlaufe des Gesprächs gestand mir der Mann, dass er wegen einer psychischen Erkrankung stark wirkende Psychopharmaka einnehmen müsse. Er sei auch auf Dauer arbeitsunfähig und werde von einen Vormund betreut.
Ich hatte aber auch mal eine Nachbarin, die sämtliche Lebensmittel in Tüten und Taschen verpackte und diese Lebensmittel stets mit sich trug, wenn sie die Wohnung verließ. Ich habe sie auf dieses Verhalten angesprochen und sie erklärte mir allen Ernstes, dass ihr geschiedener Mann Verbindungen zur Stasi hätte und er die Stasi beauftragt hätte, sie zu vergiften. Diese Nachbarin litt zweifelsohne an einer Psychose, die als Verfolgungswahn bezeichnet wird. Mein Versuch, sie zu einem Arztbesuch zu bewegen, blieb leider erfolglos. Sie war unfähig, sich ihre Psychose einzugestehen. Ich war erst beruhigt, als sie mir eröffnete, dass sie zu ihrem Sohn nach H. umziehen werde. Ihrem Sohn habe ich dann über die Krankheit seiner Mutter informiert.
In diesen beiden Fällen habe ich zunächst weder die psychische Krankheit meines Mitreisenden noch die Psychose meiner Nachbarin erkannt. Sie wirkten beide völlig normal auf mich. Somit ist zu vermuten, dass doch eine größere Zahl von Mitmenschen an psychischen Erkrankungen leiden, die von ihrer Umwelt zunächst nicht erkannt werden. Vermutlich haben die meisten Menschen einen mehr oder weniger großen oder kleinen "Dachschaden". Durchaus möglich, dass sowohl du als auch ich mit einem psychischen Defekt behaftet sind, den wir selbst nicht erkennen. Das ist aber noch lange keine Grund, den Kontakt zu anderen Menschen zu meiden.