Die Widersprüche des Wählers
16.09.2011 um 14:46
die etablierten parteien werden immer gesichtsloser.
das zeigt eine deutliche tendenz hin zu einer "politischen mitte", deutlich bei der spd vor allem unter schröder, die weg von den sozialdemokratischen grundwerten hin zu einem neuen kapitalistisch-konservativen leitbild tendierte und nun krampfhaft versucht die scherben wieder zusammenzukehren, ohne einen deutlichen kurswechsel vorzunehmen; auf der anderen seite rückt die union immer weiter nach links, wenn sie auf wählerfang ihre sozialen heldentaten preist oder sogar versucht ökologischer zu sein als die grünen, die widerum auf der suche nach möglichen koalitionspartnern abseits der kränkelnden spd immer mehr das konservative weltbild der cdu und den neoliberalismus der fdp adaptieren. letztere springt auf jeden fahrenden populistischen zug auf, um sich über wasser zu halten, nur um gleichzeitig anderen populismus vorzuwerfen.
alles, was von dieser mitte deutlich abweicht, wird sogleich als radikal bezeichnet, wie unlängst mal wieder an den forderungen seitens csu und fdp, die linkspartei zu verbieten, deutlich wurde. diese stellen derzeit eigentlich die letzte verbliebene kraft außerhalb dieses "mittelmaßes" dar, die frage ist nur, wie lange noch, ehe sie entweder auch mit in diesen sog gezogen werden, wozu sich bereits erste tendenzen zeigen, oder tatsächlich verboten werden.
aus meiner sicht hat der parlamentarismus spätestens dann versagt, wenn parteien, egal aus welcher richtung, verboten werden. eine funktionierende demokratie muss in der lage sein, sich mit allen strömungen und meinungen sachlich auf parlamentarischer ebene auseinanderzusetzen.
wenn aber die auseinandersetzung mit dem "politischen gegner" (sind wir hier eigentlich im krieg?!?) zu reinen verbalinjurien verkommt, wenn parlamentarische opposition nicht mehr konstruktiv ist, sondern nur noch darin besteht, dem anderen prinzipiell und ohne reflektion des inhalts zu widersprechen (wenn der a sagt, muss ich b sagen, auch wenn er eigentlich recht hat), dann ist gar keine kraft mehr übrig, um diesem grundsatz nachzukommen.
da aber eben dieses ständige gerangel um die macht und den machterhalt zwischen den mächtigen alle kraft aufzehrt, kann man von dieser regierung keine konstruktive politik mehr erwarten. da ist dann letztlich auch der wähler mit seiner meinung nur noch störfaktor. aber er wird ja schon einen von uns wählen, wenn es dann doch jemand von außerhalb der mitte sein sollte, können wir den ja verbieten oder assimilieren. mal sehen, wie lange das gutgeht!
sollte es tatsächlich mal zu einer wahl mit weniger als 50% beteiligung kommen, so bleibt diese wahl dennoch gültig, es gibt im gesetz keine mindestbeteiligung! aktuelles beispiel hierfür sei mal die volksabstimmung zum nichtraucherschutzgesetz in bayern: 37,7% wahlbeteiligung, davon 61% für den antrag, somit eine politische mehrheit. tatsächlich haben aber nur 23% der bevölkerung dafür gestimmt. hier zeigt sich, dass enthaltung nichts bringt, da immer noch eine mehrheit konstruiert wird, mit dem argument, dass denen ja das ergebnis egal ist. dass aber auch aus protest gegen den antrag selbst enthalten wurde, dass der abstimmungstermin für viele aufgrund der ferienzeit sehr ungünstig war, dass zum teil 20km und mehr bis zum nächsten abstimmungsort zurückzulegen waren, dass viele auch gar nicht hinreichend über die abstimmung und ihre tragweite informiert waren, all das wird einfach ignoriert.