Wer führt uns ins dunkle Zeitalter?
16.11.2003 um 21:33Wir befinden uns in der Phase des Niedergangs und natürlich noch nicht im Kollaps selbst. Diese Phase wird wohl noch einige Jahrzehnte andauern. Wie gesagt bringt das Leben in einer solchen Phase der zivilisatorischen Entwicklung für viele Vorteile mit sich, da Dinge wie der Wohlfahrtsstaat, Toleranz usf. alle dem Individuum entgegenkommen. In einer absteigenden Zivilisation leidet die Gesellschaft zunehmend für das Individuum, was sich krassen Schadenersatzforderungen, Abzockerei und schwindendem Respekt vor staatlichen Autoritäten äussert, während in einer aufsteigenden Zivilisation das Individuum für die Gemeinschaft leidet. In einer aufsteigenden Zivilisation gibt es die genannten Dinge nicht, zumindest nicht in dem Ausmasse.
Die Zeichen sprechen eine zunehmend unmissverständliche Sprache. Als sich Rom im Niedergang befand, wurde die Sklaverei abgeschafft, die alten Götter wurde durch eine Reihe von neuen, persönlichen Kulten abgelöst. Das Bürgerrecht wurde auf so genannte Barbaren ausgedehnt und immer weniger Römer sahen einen Anreiz darin, in der Armee zu dienen. Stattdessen wurden vermehrt Söldner angeheuert. Die freie Vergabe von Lebensmitteln an die Bürger war zu einer grossen Belastung für den Staat geworden. Rom hatte drei Typen des Wasserrades erfunden. Keines davon erreichte eine weiträumige Verbreitung. Der Grund hierfür ist kein technologisches Problem, sondern im Widerstand von organisierten Interessen (Sklavenhändler), der Tatsache, dass es den Römern bereits sehr gut ging und dem, was Widdowson als "Failure of imagination" bezeichnet, zu suchen.
Als 1969 der erste Mensch auf dem Mond landete, dachte man, dass in einem halben Jahrhundert Menschen auf dem Mars haben würde und eine permanente Raumstation auf dem Mond. Diese Pläne waren durchaus realisierbar, denn wer es schafft, aus dem Stand heraus in 10 Jahren Menschen auf den Mond zu schiessen, kann in längererer Zeit auch die anderen Ziele verwirklichen. Ein Viertel Jahrhundert später sind die USA im Besitze einer alternden Flotte von Space Shuttles, nunmehr sind es gerade noch drei. Als vor einigen Jahrzehten die Concorde abhob, hegten viele die damals noch berechtigte Hoffnung, dass binnen kurzer Zeit der Luftverkehr im Überschallflug abgewickelt würde. Heute ist die Concorde zum letzten Mal geflogen und diese Visionen scheinen gestorben. Als vor vielen Jahren das erste Kenrkraftwerk in Betrieb genommen wurde, meinten viele, die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen würde in Zukunft drastisch verringert werden. Heute wissen wir, dass die Erdölproduktion in 10-20 Jahren ihren Höhepunkt erreicht haben und dann rapide absinken wird. Trotzdem hat die Kernkraft nicht jene Verbreitung erreicht, die angesichts einer solchen Situation eigentlich zu erwarten sein müsste.
Was in all diesen Fällen vorliegt ist dieselbe "failure of imagination" wie im Römischen Reich mit den Wasserrädern oder wie im alten China des 18. Jahrhunderts, als die Eisenproduktion und der Bau von grossen, neunmastigen Handelsschiffen eingestellt wurden. Doch es gibt noch andere Indizien dafür, dass wir in einer niedergehenden Zivilisation leben. Die Tatsache, dass in den USA über 1 Prozent der männlichen Bevölkerung weggesperrt wird, deutet ebensowenig auf eine gesunden Zustand der Gesellschaft hin wie die wachsenden "wealth differentials". Für die alt Welt ist darüber hinaus die Überalterung der Gesellschaft als fragwürdiges Zeichen ihres Gesundheitszustandes zu nennen. Der Umstand, dass die Dritte Welt (Kolumbien, Asien, Afghanistan etc.) seit Jahrzehnten Milliarden am Drogenabsatz in den Westen verdient, und der Westen in keinster Weise das Problem beseitigt hat, bietet ebenfalls keinen Anlass zur Beruhigung. Bekanntlich wurde dem alten China von Grossbritannien im 19. Jahrhundert der Import von Opium aufgezwungen, bekanntermassen gerieten viele Ureinwohner des amerikanischen Kontinents in die Abhängigkeit der Rauschmittel der "Barbaren".
Im 18. Jahrhundet vermochte Ludwig der Xte von Frankreich seine Bürokratie in einem Flügel von Versailles unterzubringen. Bis heute ist die Bevölkerung um den Faktor Fünf gewachsen, die französische Bürokratie jedoch um den Faktor 50. Prinzipiell ist dieser Befund in allen hochindustrialisierten Nationen des Westens festzustellen. Dieser Verlauf korrespondiert mit dem, was A. Wagner als das Gesetz der wachsenden Staatsausgaben umschrieben hat und scheint "natürlich". Trotzdem ist klar, dass es nicht ewig so weitergehen kann. Das Ausländerproblem ist ein zusätzliches Moaikstück in unserem Bild vom Niedergang. Wie im alten Rom stellen weniger die "Barbaren" vor den Toren als jene, die bereits in der Stadt selbst sind, ein zunehmendes Problem dar. Sie übernehmen grossmehrheitlich im besten Fall unsere Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Computer- und Internetbedienung, Autofahren etc.) jedoch nicht unser kulturelles Selbstverständnis und unsere Sitten. Vom Blickwinkel der Toleranz und des Verständnis für andere Völker mag dies alles schön und gut sein, unter dem Gesichtspunkt des inneren Zusammenhalts und als Indikator für die Stärke einer Zivilisation, die sich in der Fähigkeit zur Assimilation von Fremden ausdrückt, ist es ein Warnsignal.
Ein weiteres Feld, in dem sich unsere Selbstgefälligkeit und unsere Saturiertheit gandenlos offenbaren, ist jenes der so genannten Hochkultur. Glaubt wirklich jemand ernsthaft daran, dass die heutigen Kunstwerke, Musikstücke, architektonischen Errungenschaften u. ä. in 300 Jahren denselben Respekt geniessen werden wie heute die unter widrigsten arbeitstechnischen Bedingungen geschaffenen gotischen Kathedralen, die Werke eines Mozart, eines Leonardo da Vinci, der Renaissancemaler und wie die vielen Künstler aus früheren Zeiten auch alle heissen mögen? Wenn heute jemand in England einen Wohnwagen und Sonnenschirm, umgeben von einem Gartenzaun und einer Mülltonne in einem Raum aufstellen kann und dann von irgendeiner Institution wegen seiner "scharfsinnigen Kapitalismuskritik" mit einem Preis ausgezeichnet wird, dann zeigt das doch nur, wie anspruchslos wir geworden sind. Die moderne "Kunst" läuft vielfach jedem gesunden Schönheitsemfpinden und auch objektiven Schönheitsmasstäben (Stichwort "goldener Schnitt" etc.) gänzlich zuwider und konzentriert sich mehr darauf, sinnlos zu provozieren als die eigentlichen Werte unserer Gesellschaften zu stützen.
Warum sollte sie letzteres auch tun, wenn die Gesellschaft selbst davon nicht mehr wirklich überzeugt scheint? Seit Jahrzehnten schwindet das politische Interesse und der Einsatz für das Gemeinwesen, gemessen etwa anhand der Wahlbeteiligung und auch die Bereitschaft für sein Land Kriegsdienst zu leisten. Die Tatsache, dass wir uns in Frankreich, Deutschland und Italien mit Muslimen auf Diskussionen um Kopftücher und Schächten einlassen und erwägen (D, I), in Schulen das Kreuz welches trotz aller Säkularisierung das Symbol unserer Wertordnung und Kultur schlechthin darstellt, abzuhängen, ist bezeichnend für den anomischen Zustand, in dem sich unsere Kultur befindet und erinnert wiederum an das alte Rom, als jene, die sich für den Schutz der traditionellen Altäre einsetzten von den Kritikern hinweggefegt wurden. Es geht nicht darum, einem kruden Kulturpessmismus das Wort zu reden, sondern darauf hinzuweisen, dass aufsteigende Gesellschaften gewissermassen durch Intoleranz gegenüber den Bedürfnissen des Individuums und durch einer bezüglich des Wertesystems vorherrschende Geschlossenheit gekennzeichnet sind, währenddem absteigende Gesellschaften dem Individuum sehr viel Freiraum zugestehen und durch eine „multiplicity of moral systems“ (Widdowson) geprägt werden.
Unsere Gesellschaften werden nicht wegen einer Ursache, "den Barbaren", "dem Ressourcenmangel", "dem Klimawandel" untergehen, sondern infolge von komplizierten Prozessen und inneren Widersprüchen, die vor langer Zeit begonnen haben und Zeit brauchen, um sich in ihrer ganzen Tragweite zu manifestieren. Widdowson spricht von diesen Prozessen als Integration, Organisation und Cohesion, wobei sich der erste Begriff auf die Fähigkeit der Herrscher einer Gesellschaft, sich durchzusetzen bezieht, während der zweite Begriff die Schaffung von Wohlstand als Resltat von Handel und technischer Innovation umschreibt derweil schliesslich der dritte Terminus den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Loyalität der Individuen ihr gegenüber bezeichnet. Integration bezieht sich auf die politischen Beziehungen(Zwang), die eine Gesellschaft prägen, Organisation auf die ökonomischen (Austausch) und Cohesion auf die sozialen, "wertmässigen" Beziehungen unter den Elementen einer Gesellschaft(gemeinsame Ziele und Werte).
Die drei Prozesse von Integration, Organisation und Cohesion beinflussen sich wechselseitig. Die Ausdehnung der politischen Kontrolle, also Integration, über eine zunehmende Zahl von Subjekten im Römischen Reich sorgte für ein höheres Mass an Organisation, i. e. Wohlstand: Handelsschranken wurden abgebaut, Piraten, die das Mittelmeer unsicher machten, ausgemerzt, der Bau von Strassen erleichterte den Güteraustausch. Gleichzeitig jedoch führt wachsende Integration zu höheren Steuern, Regulierungsmassnahmen und unproduktiven bürokratischen Massnahmen und ist damit der Schaffung von Wohlstand abträglich, fördert damit also Dis-Organisation. Die Verwaltung von immer grösseren Territorien bringt den Militärapparat irgendwann an seine Grenzen und leistet der Verbreitung der Militärtechnologie an potentielle Feinde Vorschub, es kommt zu Dis-Integration. Die Gewährung des römischen Bürgerrechts an eine immer grössere Zahl von Menschen resultierte in einer Vewässerung des einst relativ geschlossenen Wertesystems, es kommt zur Dis-Cohesion.
Diese sehr vekürzte Darlegung soll zeigen, dass der Aufstieg und der Niedergang von Zivilisationen nicht allein auf "äussere" Einwirkungen zurückzuführen ist, sondern primär in einer verwickelten inneren Logik der Funktionsweise der Zivilisationen selbst begründet liegt. Kriege, Naturkatastrophen, Ressourcenmangel hat es immer schon gegeben. Sie spielen beim Niedergang einer Zivilisation denn auch eine Rolle, doch nur insofern, als eine Zivilisation in Bezug auf die drei genannten Prozesse einen Punkt erreicht hat, an dem sie selbst morsch und schwach geworden ist.
Die drei Begriffe Dis-Integration, Dis-Organisation und Dis-Cohesion lassen sich nicht nur auf die einzelnen Gesellschaften anwenden wie ich es eingangs getan habe, sondern auch in einem internationalen Masstab. Unsere Nationalstaaten sind (noch) vergleichsweise hochintegriert. War der Integrator früher eine königliche Dynastie, selbst hervorgegangen als siegreicher Fürst im Kampf gegen andere Fürsten/Banditen ("primus inter pares"), so haben die Errichtung von königlichen Beratungsgremien (Parlamenten) und schliesslich die Fundamentaldemokratisierung dazu geführt, dass wir von gewählten Vertretern regiert werden (Exkurs: Hierin begründet sich langfristig eine Tendenz hin zu Disintegration-Discohesion). Afghanistan und viele "Staaten" in Afrika befinden sich auf derselben Integrationsstufe wie Europa sagen wir im 13. oder 15. Jahrhundert. Doch auch das internationale System als Ganzes ist weit weniger integriert als die einzelnen Staaten der westlichen Hemisphäre. Es gibt keinen "Weltstaat" und damit kein Monopol der legitimen Gewalt. Wer meint, die UNO und das Völkerrecht entsprächen dem näherungsweise, der träume weiter und führe sich vielleicht die jüngste Irak-Episode zu Gemüte.
Das will jedoch nicht besagen, dass in der Weltgeschichte stets totale Anarchie und Chaos herrschen. Das chinesische Reich, das alte Ägypten, das Römisiche Reich und das Britische Empire haben partiell und regional, ja im Falle des British Empire gar für eine kurze Zeit global in einer integrierenden Weise gewirkt. Sie haben den anderen Mächten in unterschiedlichem Grad ihren Willen aufgezwungen und damit Ordnung, Stabilität und Berechenbarkeit ins Weltsystem gebracht. Eine insgesamt stabilisierende Wirkung hatte auch der bipolare Konflikt des Kalten Krieges zwischen den beiden Supermächten.
Heute stellen die USA die dominante Macht dar. Mit ihren 13 Flugzeugträgern, ihrer überlegenen Luftstreitmacht, ihrer Führerschaft im Bereich der satellitengestützten Kommunikation und Aufklärung und schliesslich ihrer Fähigkeit zur raschen Verlegung von beträchtlichen Mengen an schweren Waffen, belegen sie zweifellos den ersten Rang im Felde der globalen Machtprojektion. Auch ökonomisch sind die USA als weltweit grösste Wirtschaftsmacht führend. Doch gerade in diesem Bezirke zeigt sich, dass Amerika auf immer dünnerem Eis geht. Ich brauche nur auf die notorischen Handelsbilanzdefizite, auf die Aufhebung der Dollaranbindung an das Gold in den 70er Jahren, die Episode mit den Stahlzöllen sowie die fortlaufende Abwertung des Dollars heutzutage zu verweisen. Die amerikanische Industrie ist über weite Strecken nicht mehr kompetitiv, und zwar weder kostenmässig noch qualitativ.
Ähnlich hat der Niedergang des Britischen Empire mit seiner riesigen Flotte begonnen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde England nicht nur von Deutschland und den USA in der Stahlproduktion mengenmässig sondern qualitativ auch im Bereich der Petrochemie und Elektroindustrie überflügelt. Englands Appeasementpolitik in der 30er Jahren gegenüber Deutschland war ein Reflex seines Niedergangs von der einst grössten Finanzmacht zur relativen ökonomisch-finanziellen Impotenz. Genauso wird der ökonomische Niedergang der USA langfristig nicht ohne Folgen bleiben für Amerikas Fähigkeit, die Weltpolitik zu diktieren. Schon in 20-30 Jahren könnte China die erste Wirtschaftsmacht sein.
Doch nicht nur im ökonomischen, auch im machtpolitischen Bereich zeichnen sich Wolken am Horizont ab. Zwar haben die USA den Irak innert kürzester Frist besiegt, doch der Wert dieses Sieges und damit die scheinbar unbezwingbare amerikanische Feuerkraft erscheint in einem immer zweifelhafteren Licht. Dasselbe gilt nicht nur Irak, sondern auch für Somalia, den Kosovo, Afghanistan und wenn man etwas weiter zurückgehen will, Vietnam. Widdowson bezeichnet das Resultat amerikanischen aussenpolitischen Wirkens als "trail of chaos". Während die europäischen Kolonailmächte, allen voran England, Afrika und den indischen Subkontinent unter ihre direkte Herrschaft zu bringen vermochten und dort ihre Ordnung durchsetzten, ist Amerika nicht offenbar in der Lage, in entsprechender Weise seine Werte durchzusetzen. Wer auf Südamerika als den Hinterhof der USA verweist sollte gleichzeitig bedenken, dass auch dort ein hohes Mass an Unordnung herrscht, an deren Elimination die USA als dominante Macht eigentlich interessiert sein müssten, wobei wiederum das Stichwort des Drogenhandels aber auch ein Verweis auf die Immigrationsprobleme (Mexiko) fallen muss.
Es wird sich weisen, ob die USA in der Lage sind, die weitere Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und militärischer Hochtechnologie in - aus Sicht der Dark Age Theorie - als "barbarisch" zu bezeichnende Nationen zu verhindern. Bisher sieht es so aus, als ob diesbezüglich langsam aber sicher ein "levelling of the playing field" (=international disintegration) stattfindet - daher auch die vezweifelten Bemühungen der USA, so rasch wie möglich einen Raketenschutzschirm aufzubauen. China, Indien, Pakistan und Nordkorea besitzen Atomwaffen, Iran bastelt womöglich an einer Atombombe. Diese Länder stellen m. E. auf absehbare Zeit keine unmittelbare Bedrohung für das amerikanische Mutterland dar, doch durch ihre Aufrüstung erhöhen sie zumindest den Preis regionaler amerikanischer Interventionen und behindern die ungestörte Durchsetzung amerikanischer Interessen. So würde etwa eine iransiche Atomwaffe eine signifikante Bedrohung für den amerikanischen Verbündeten Israel darstellen, die Atomwaffen Pjöngjangs bedrohen Japan, ebenfalls ein Alliierter der USA und Chinas Militärmaschine repräsentieren eine Abschreckung zugunsten eines amerikanischen Eingreifens für Taiwan. Die USA drohen demselben Schicksal anheimzufallen, dem schlussendlich alle Grossreiche erlegen sind: imperial overstretch. Der von Paul Kennedy geprägte Begriff besagt pathetisch formuliert und in unserem Kontext, dass die zunehmende Aufwendung von produktiver Energie für destruktive Zwecke letztendlich das Gegenteil des ursprünglich Angestrebten, nämlich nicht wachsende Macht und Handlungsfähigkeit, sondern Ohnmacht und ökonomische Impotenz erreicht.
Der langen Rede kurzer Sinn: Die USA scheinen bei aller absoluten Stärke relativ gesehen bereits den Pfad des Niedergangs eingeschlagen zu haben, während andere Nationen, namentlich China aber auch Südkorea und Indien auf dem Weg nach oben sind. Die Welt steuert auf eine jener Kollisionen oder besser gesagt Konvulsionen zu, die sich immer dann ereignen, wenn ein "Hegemon" abgelöst wird oder untergeht. Zuletzt war dies von 1914-1945 der Fall, wobei der "Hegemon" damals Grossbritannien hiess. Das in den vorangegangenen Abschnitten Gesagte ist für uns von grosser Relevanz, da Amerika die Schutzmacht der westlichen Welt darstellt. Die EU ist in entscheidendenden weltpolitischen Fragen und sicherheitspolitisch nur sehr eingeschränkt handlungsfähig. Ich persönlich erwarte, dass dieser Klub aus alternden ehemaligen Gross- und Möchtegerngrossmächten, der im Zuge seiner Erweiterung immer heterogener wird, ebenso stabil und effizient sein wird wie das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, Spanien-Habsburg oder die k. u. k. Monarchie Österreich-Ungarn. Das Nochmehr an Bürkokratie und Regulierung durch Brüssel, die nach wie vor präsenten Ressentiments zwischen den Nationen, das Demokratiedefizit und die sprachlich-kulturellen Differenzen sind schon allein geeignet, das Projekt scheitern zu lassen, was wir hier haben ist nur eine halbherzige Integration. Eine Ausweitung des "Bürgerrechts" europäischen Union an die um Jahrzehnte zurückliegenden osteuropäischen Staaten und gar eine Aufnahme der Türkei dürften dem Unterfangen endgültig den Todesstoss versetzen.
Es wird wohl keinen spektakulären Knall geben, doch die einst konkurrierenden Staaten Mitteleuropas werden gefangen sein in einem Netz aus Bürokratie, Subventionen, Strukturfonds und zu alledem noch aussenpolitisch und finanzpolitisch relativ handlungsunfähig. Die EU wird in jedem Falle nicht die Grossmacht der Zukunft werden.
Insgesamt zeigen diese Ausführungen m. E. deutlich, dass wir in der Tat in einer niedergehenden Zivilisation leben und dass sowohl der innere Zustand unserer Gesellschaften als auch die wesentlichen internationalen Entwicklungen uns mittel- bis langfristig zu einem Zusammenbruch der gegenwärtigen Welt- und Gesellschaftsordnung hinführen werden.
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Hier mal etwas über die wirkliche gefahr und wie die zukunft aussehen könnte.
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Die Zeichen sprechen eine zunehmend unmissverständliche Sprache. Als sich Rom im Niedergang befand, wurde die Sklaverei abgeschafft, die alten Götter wurde durch eine Reihe von neuen, persönlichen Kulten abgelöst. Das Bürgerrecht wurde auf so genannte Barbaren ausgedehnt und immer weniger Römer sahen einen Anreiz darin, in der Armee zu dienen. Stattdessen wurden vermehrt Söldner angeheuert. Die freie Vergabe von Lebensmitteln an die Bürger war zu einer grossen Belastung für den Staat geworden. Rom hatte drei Typen des Wasserrades erfunden. Keines davon erreichte eine weiträumige Verbreitung. Der Grund hierfür ist kein technologisches Problem, sondern im Widerstand von organisierten Interessen (Sklavenhändler), der Tatsache, dass es den Römern bereits sehr gut ging und dem, was Widdowson als "Failure of imagination" bezeichnet, zu suchen.
Als 1969 der erste Mensch auf dem Mond landete, dachte man, dass in einem halben Jahrhundert Menschen auf dem Mars haben würde und eine permanente Raumstation auf dem Mond. Diese Pläne waren durchaus realisierbar, denn wer es schafft, aus dem Stand heraus in 10 Jahren Menschen auf den Mond zu schiessen, kann in längererer Zeit auch die anderen Ziele verwirklichen. Ein Viertel Jahrhundert später sind die USA im Besitze einer alternden Flotte von Space Shuttles, nunmehr sind es gerade noch drei. Als vor einigen Jahrzehten die Concorde abhob, hegten viele die damals noch berechtigte Hoffnung, dass binnen kurzer Zeit der Luftverkehr im Überschallflug abgewickelt würde. Heute ist die Concorde zum letzten Mal geflogen und diese Visionen scheinen gestorben. Als vor vielen Jahren das erste Kenrkraftwerk in Betrieb genommen wurde, meinten viele, die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen würde in Zukunft drastisch verringert werden. Heute wissen wir, dass die Erdölproduktion in 10-20 Jahren ihren Höhepunkt erreicht haben und dann rapide absinken wird. Trotzdem hat die Kernkraft nicht jene Verbreitung erreicht, die angesichts einer solchen Situation eigentlich zu erwarten sein müsste.
Was in all diesen Fällen vorliegt ist dieselbe "failure of imagination" wie im Römischen Reich mit den Wasserrädern oder wie im alten China des 18. Jahrhunderts, als die Eisenproduktion und der Bau von grossen, neunmastigen Handelsschiffen eingestellt wurden. Doch es gibt noch andere Indizien dafür, dass wir in einer niedergehenden Zivilisation leben. Die Tatsache, dass in den USA über 1 Prozent der männlichen Bevölkerung weggesperrt wird, deutet ebensowenig auf eine gesunden Zustand der Gesellschaft hin wie die wachsenden "wealth differentials". Für die alt Welt ist darüber hinaus die Überalterung der Gesellschaft als fragwürdiges Zeichen ihres Gesundheitszustandes zu nennen. Der Umstand, dass die Dritte Welt (Kolumbien, Asien, Afghanistan etc.) seit Jahrzehnten Milliarden am Drogenabsatz in den Westen verdient, und der Westen in keinster Weise das Problem beseitigt hat, bietet ebenfalls keinen Anlass zur Beruhigung. Bekanntlich wurde dem alten China von Grossbritannien im 19. Jahrhundert der Import von Opium aufgezwungen, bekanntermassen gerieten viele Ureinwohner des amerikanischen Kontinents in die Abhängigkeit der Rauschmittel der "Barbaren".
Im 18. Jahrhundet vermochte Ludwig der Xte von Frankreich seine Bürokratie in einem Flügel von Versailles unterzubringen. Bis heute ist die Bevölkerung um den Faktor Fünf gewachsen, die französische Bürokratie jedoch um den Faktor 50. Prinzipiell ist dieser Befund in allen hochindustrialisierten Nationen des Westens festzustellen. Dieser Verlauf korrespondiert mit dem, was A. Wagner als das Gesetz der wachsenden Staatsausgaben umschrieben hat und scheint "natürlich". Trotzdem ist klar, dass es nicht ewig so weitergehen kann. Das Ausländerproblem ist ein zusätzliches Moaikstück in unserem Bild vom Niedergang. Wie im alten Rom stellen weniger die "Barbaren" vor den Toren als jene, die bereits in der Stadt selbst sind, ein zunehmendes Problem dar. Sie übernehmen grossmehrheitlich im besten Fall unsere Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Computer- und Internetbedienung, Autofahren etc.) jedoch nicht unser kulturelles Selbstverständnis und unsere Sitten. Vom Blickwinkel der Toleranz und des Verständnis für andere Völker mag dies alles schön und gut sein, unter dem Gesichtspunkt des inneren Zusammenhalts und als Indikator für die Stärke einer Zivilisation, die sich in der Fähigkeit zur Assimilation von Fremden ausdrückt, ist es ein Warnsignal.
Ein weiteres Feld, in dem sich unsere Selbstgefälligkeit und unsere Saturiertheit gandenlos offenbaren, ist jenes der so genannten Hochkultur. Glaubt wirklich jemand ernsthaft daran, dass die heutigen Kunstwerke, Musikstücke, architektonischen Errungenschaften u. ä. in 300 Jahren denselben Respekt geniessen werden wie heute die unter widrigsten arbeitstechnischen Bedingungen geschaffenen gotischen Kathedralen, die Werke eines Mozart, eines Leonardo da Vinci, der Renaissancemaler und wie die vielen Künstler aus früheren Zeiten auch alle heissen mögen? Wenn heute jemand in England einen Wohnwagen und Sonnenschirm, umgeben von einem Gartenzaun und einer Mülltonne in einem Raum aufstellen kann und dann von irgendeiner Institution wegen seiner "scharfsinnigen Kapitalismuskritik" mit einem Preis ausgezeichnet wird, dann zeigt das doch nur, wie anspruchslos wir geworden sind. Die moderne "Kunst" läuft vielfach jedem gesunden Schönheitsemfpinden und auch objektiven Schönheitsmasstäben (Stichwort "goldener Schnitt" etc.) gänzlich zuwider und konzentriert sich mehr darauf, sinnlos zu provozieren als die eigentlichen Werte unserer Gesellschaften zu stützen.
Warum sollte sie letzteres auch tun, wenn die Gesellschaft selbst davon nicht mehr wirklich überzeugt scheint? Seit Jahrzehnten schwindet das politische Interesse und der Einsatz für das Gemeinwesen, gemessen etwa anhand der Wahlbeteiligung und auch die Bereitschaft für sein Land Kriegsdienst zu leisten. Die Tatsache, dass wir uns in Frankreich, Deutschland und Italien mit Muslimen auf Diskussionen um Kopftücher und Schächten einlassen und erwägen (D, I), in Schulen das Kreuz welches trotz aller Säkularisierung das Symbol unserer Wertordnung und Kultur schlechthin darstellt, abzuhängen, ist bezeichnend für den anomischen Zustand, in dem sich unsere Kultur befindet und erinnert wiederum an das alte Rom, als jene, die sich für den Schutz der traditionellen Altäre einsetzten von den Kritikern hinweggefegt wurden. Es geht nicht darum, einem kruden Kulturpessmismus das Wort zu reden, sondern darauf hinzuweisen, dass aufsteigende Gesellschaften gewissermassen durch Intoleranz gegenüber den Bedürfnissen des Individuums und durch einer bezüglich des Wertesystems vorherrschende Geschlossenheit gekennzeichnet sind, währenddem absteigende Gesellschaften dem Individuum sehr viel Freiraum zugestehen und durch eine „multiplicity of moral systems“ (Widdowson) geprägt werden.
Unsere Gesellschaften werden nicht wegen einer Ursache, "den Barbaren", "dem Ressourcenmangel", "dem Klimawandel" untergehen, sondern infolge von komplizierten Prozessen und inneren Widersprüchen, die vor langer Zeit begonnen haben und Zeit brauchen, um sich in ihrer ganzen Tragweite zu manifestieren. Widdowson spricht von diesen Prozessen als Integration, Organisation und Cohesion, wobei sich der erste Begriff auf die Fähigkeit der Herrscher einer Gesellschaft, sich durchzusetzen bezieht, während der zweite Begriff die Schaffung von Wohlstand als Resltat von Handel und technischer Innovation umschreibt derweil schliesslich der dritte Terminus den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Loyalität der Individuen ihr gegenüber bezeichnet. Integration bezieht sich auf die politischen Beziehungen(Zwang), die eine Gesellschaft prägen, Organisation auf die ökonomischen (Austausch) und Cohesion auf die sozialen, "wertmässigen" Beziehungen unter den Elementen einer Gesellschaft(gemeinsame Ziele und Werte).
Die drei Prozesse von Integration, Organisation und Cohesion beinflussen sich wechselseitig. Die Ausdehnung der politischen Kontrolle, also Integration, über eine zunehmende Zahl von Subjekten im Römischen Reich sorgte für ein höheres Mass an Organisation, i. e. Wohlstand: Handelsschranken wurden abgebaut, Piraten, die das Mittelmeer unsicher machten, ausgemerzt, der Bau von Strassen erleichterte den Güteraustausch. Gleichzeitig jedoch führt wachsende Integration zu höheren Steuern, Regulierungsmassnahmen und unproduktiven bürokratischen Massnahmen und ist damit der Schaffung von Wohlstand abträglich, fördert damit also Dis-Organisation. Die Verwaltung von immer grösseren Territorien bringt den Militärapparat irgendwann an seine Grenzen und leistet der Verbreitung der Militärtechnologie an potentielle Feinde Vorschub, es kommt zu Dis-Integration. Die Gewährung des römischen Bürgerrechts an eine immer grössere Zahl von Menschen resultierte in einer Vewässerung des einst relativ geschlossenen Wertesystems, es kommt zur Dis-Cohesion.
Diese sehr vekürzte Darlegung soll zeigen, dass der Aufstieg und der Niedergang von Zivilisationen nicht allein auf "äussere" Einwirkungen zurückzuführen ist, sondern primär in einer verwickelten inneren Logik der Funktionsweise der Zivilisationen selbst begründet liegt. Kriege, Naturkatastrophen, Ressourcenmangel hat es immer schon gegeben. Sie spielen beim Niedergang einer Zivilisation denn auch eine Rolle, doch nur insofern, als eine Zivilisation in Bezug auf die drei genannten Prozesse einen Punkt erreicht hat, an dem sie selbst morsch und schwach geworden ist.
Die drei Begriffe Dis-Integration, Dis-Organisation und Dis-Cohesion lassen sich nicht nur auf die einzelnen Gesellschaften anwenden wie ich es eingangs getan habe, sondern auch in einem internationalen Masstab. Unsere Nationalstaaten sind (noch) vergleichsweise hochintegriert. War der Integrator früher eine königliche Dynastie, selbst hervorgegangen als siegreicher Fürst im Kampf gegen andere Fürsten/Banditen ("primus inter pares"), so haben die Errichtung von königlichen Beratungsgremien (Parlamenten) und schliesslich die Fundamentaldemokratisierung dazu geführt, dass wir von gewählten Vertretern regiert werden (Exkurs: Hierin begründet sich langfristig eine Tendenz hin zu Disintegration-Discohesion). Afghanistan und viele "Staaten" in Afrika befinden sich auf derselben Integrationsstufe wie Europa sagen wir im 13. oder 15. Jahrhundert. Doch auch das internationale System als Ganzes ist weit weniger integriert als die einzelnen Staaten der westlichen Hemisphäre. Es gibt keinen "Weltstaat" und damit kein Monopol der legitimen Gewalt. Wer meint, die UNO und das Völkerrecht entsprächen dem näherungsweise, der träume weiter und führe sich vielleicht die jüngste Irak-Episode zu Gemüte.
Das will jedoch nicht besagen, dass in der Weltgeschichte stets totale Anarchie und Chaos herrschen. Das chinesische Reich, das alte Ägypten, das Römisiche Reich und das Britische Empire haben partiell und regional, ja im Falle des British Empire gar für eine kurze Zeit global in einer integrierenden Weise gewirkt. Sie haben den anderen Mächten in unterschiedlichem Grad ihren Willen aufgezwungen und damit Ordnung, Stabilität und Berechenbarkeit ins Weltsystem gebracht. Eine insgesamt stabilisierende Wirkung hatte auch der bipolare Konflikt des Kalten Krieges zwischen den beiden Supermächten.
Heute stellen die USA die dominante Macht dar. Mit ihren 13 Flugzeugträgern, ihrer überlegenen Luftstreitmacht, ihrer Führerschaft im Bereich der satellitengestützten Kommunikation und Aufklärung und schliesslich ihrer Fähigkeit zur raschen Verlegung von beträchtlichen Mengen an schweren Waffen, belegen sie zweifellos den ersten Rang im Felde der globalen Machtprojektion. Auch ökonomisch sind die USA als weltweit grösste Wirtschaftsmacht führend. Doch gerade in diesem Bezirke zeigt sich, dass Amerika auf immer dünnerem Eis geht. Ich brauche nur auf die notorischen Handelsbilanzdefizite, auf die Aufhebung der Dollaranbindung an das Gold in den 70er Jahren, die Episode mit den Stahlzöllen sowie die fortlaufende Abwertung des Dollars heutzutage zu verweisen. Die amerikanische Industrie ist über weite Strecken nicht mehr kompetitiv, und zwar weder kostenmässig noch qualitativ.
Ähnlich hat der Niedergang des Britischen Empire mit seiner riesigen Flotte begonnen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde England nicht nur von Deutschland und den USA in der Stahlproduktion mengenmässig sondern qualitativ auch im Bereich der Petrochemie und Elektroindustrie überflügelt. Englands Appeasementpolitik in der 30er Jahren gegenüber Deutschland war ein Reflex seines Niedergangs von der einst grössten Finanzmacht zur relativen ökonomisch-finanziellen Impotenz. Genauso wird der ökonomische Niedergang der USA langfristig nicht ohne Folgen bleiben für Amerikas Fähigkeit, die Weltpolitik zu diktieren. Schon in 20-30 Jahren könnte China die erste Wirtschaftsmacht sein.
Doch nicht nur im ökonomischen, auch im machtpolitischen Bereich zeichnen sich Wolken am Horizont ab. Zwar haben die USA den Irak innert kürzester Frist besiegt, doch der Wert dieses Sieges und damit die scheinbar unbezwingbare amerikanische Feuerkraft erscheint in einem immer zweifelhafteren Licht. Dasselbe gilt nicht nur Irak, sondern auch für Somalia, den Kosovo, Afghanistan und wenn man etwas weiter zurückgehen will, Vietnam. Widdowson bezeichnet das Resultat amerikanischen aussenpolitischen Wirkens als "trail of chaos". Während die europäischen Kolonailmächte, allen voran England, Afrika und den indischen Subkontinent unter ihre direkte Herrschaft zu bringen vermochten und dort ihre Ordnung durchsetzten, ist Amerika nicht offenbar in der Lage, in entsprechender Weise seine Werte durchzusetzen. Wer auf Südamerika als den Hinterhof der USA verweist sollte gleichzeitig bedenken, dass auch dort ein hohes Mass an Unordnung herrscht, an deren Elimination die USA als dominante Macht eigentlich interessiert sein müssten, wobei wiederum das Stichwort des Drogenhandels aber auch ein Verweis auf die Immigrationsprobleme (Mexiko) fallen muss.
Es wird sich weisen, ob die USA in der Lage sind, die weitere Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und militärischer Hochtechnologie in - aus Sicht der Dark Age Theorie - als "barbarisch" zu bezeichnende Nationen zu verhindern. Bisher sieht es so aus, als ob diesbezüglich langsam aber sicher ein "levelling of the playing field" (=international disintegration) stattfindet - daher auch die vezweifelten Bemühungen der USA, so rasch wie möglich einen Raketenschutzschirm aufzubauen. China, Indien, Pakistan und Nordkorea besitzen Atomwaffen, Iran bastelt womöglich an einer Atombombe. Diese Länder stellen m. E. auf absehbare Zeit keine unmittelbare Bedrohung für das amerikanische Mutterland dar, doch durch ihre Aufrüstung erhöhen sie zumindest den Preis regionaler amerikanischer Interventionen und behindern die ungestörte Durchsetzung amerikanischer Interessen. So würde etwa eine iransiche Atomwaffe eine signifikante Bedrohung für den amerikanischen Verbündeten Israel darstellen, die Atomwaffen Pjöngjangs bedrohen Japan, ebenfalls ein Alliierter der USA und Chinas Militärmaschine repräsentieren eine Abschreckung zugunsten eines amerikanischen Eingreifens für Taiwan. Die USA drohen demselben Schicksal anheimzufallen, dem schlussendlich alle Grossreiche erlegen sind: imperial overstretch. Der von Paul Kennedy geprägte Begriff besagt pathetisch formuliert und in unserem Kontext, dass die zunehmende Aufwendung von produktiver Energie für destruktive Zwecke letztendlich das Gegenteil des ursprünglich Angestrebten, nämlich nicht wachsende Macht und Handlungsfähigkeit, sondern Ohnmacht und ökonomische Impotenz erreicht.
Der langen Rede kurzer Sinn: Die USA scheinen bei aller absoluten Stärke relativ gesehen bereits den Pfad des Niedergangs eingeschlagen zu haben, während andere Nationen, namentlich China aber auch Südkorea und Indien auf dem Weg nach oben sind. Die Welt steuert auf eine jener Kollisionen oder besser gesagt Konvulsionen zu, die sich immer dann ereignen, wenn ein "Hegemon" abgelöst wird oder untergeht. Zuletzt war dies von 1914-1945 der Fall, wobei der "Hegemon" damals Grossbritannien hiess. Das in den vorangegangenen Abschnitten Gesagte ist für uns von grosser Relevanz, da Amerika die Schutzmacht der westlichen Welt darstellt. Die EU ist in entscheidendenden weltpolitischen Fragen und sicherheitspolitisch nur sehr eingeschränkt handlungsfähig. Ich persönlich erwarte, dass dieser Klub aus alternden ehemaligen Gross- und Möchtegerngrossmächten, der im Zuge seiner Erweiterung immer heterogener wird, ebenso stabil und effizient sein wird wie das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, Spanien-Habsburg oder die k. u. k. Monarchie Österreich-Ungarn. Das Nochmehr an Bürkokratie und Regulierung durch Brüssel, die nach wie vor präsenten Ressentiments zwischen den Nationen, das Demokratiedefizit und die sprachlich-kulturellen Differenzen sind schon allein geeignet, das Projekt scheitern zu lassen, was wir hier haben ist nur eine halbherzige Integration. Eine Ausweitung des "Bürgerrechts" europäischen Union an die um Jahrzehnte zurückliegenden osteuropäischen Staaten und gar eine Aufnahme der Türkei dürften dem Unterfangen endgültig den Todesstoss versetzen.
Es wird wohl keinen spektakulären Knall geben, doch die einst konkurrierenden Staaten Mitteleuropas werden gefangen sein in einem Netz aus Bürokratie, Subventionen, Strukturfonds und zu alledem noch aussenpolitisch und finanzpolitisch relativ handlungsunfähig. Die EU wird in jedem Falle nicht die Grossmacht der Zukunft werden.
Insgesamt zeigen diese Ausführungen m. E. deutlich, dass wir in der Tat in einer niedergehenden Zivilisation leben und dass sowohl der innere Zustand unserer Gesellschaften als auch die wesentlichen internationalen Entwicklungen uns mittel- bis langfristig zu einem Zusammenbruch der gegenwärtigen Welt- und Gesellschaftsordnung hinführen werden.
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