Kurze Zwischenfrage zu Raum und Zeit
05.11.2015 um 18:59
Erkenntnistheoretisch würde sagen, gewinnen wir nur durch die Sinne einen Zugang zur Außenwelt.
Nun können wir das Vermögen der Sinne als Rezeptivität fassen.
Rezeptivität hört sich gut an und steht letztendlich für Empfänglichkeit.
Die Sinne sind empfänglich für etwas außerhalb befindliches, was diese affiziert.
Die Data der Sinne liefern uns in unserem Bewusstsein aufbereitet ein Bild der Außenwelt.
Nun kann aber doch nur Materie etwas sein, dass die Sinne affiziert.
Raum und Zeit können keine Empfindungen auslösen.
Wie kommt also der Raum und die Zeit in die sinnliche Erfahrung ?
Wie erfassen wir durch Empfindung räumliche Entfernungen und Anordnungen ?
Nur weil dies funktioniert, können wir Bewegungen fassen, welche aufgrund ihrer,
Beschaffenheit einer Bewegung, zeitlich ablaufen müssen, weil sich etwas verändert,
mithin etwas das vorher war, nachher anders ist ...
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Kurze Zwischenfrage zu Raum und Zeit
05.11.2015 um 22:07
Raum und Zeit haben nichts mit "sinnlichen Erfahrungen" und auch nichts mit Bewegung zu tun. Raum und Zeit bedingen sich gegenseitig und bilden eine Einheit - die sogenannte Raumzeit.
Menschen, Tiere etc sind dafür nicht notwendig.
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Kurze Zwischenfrage zu Raum und Zeit
06.11.2015 um 14:16
Ich statuiere mit Kant nicht mehr als zwei Kategorien des Denkvermögens, nämlich Zaum und Reit - ich wollte sagen Raut und Zein. :D
(aus:Das größte Insekt ist ein Elefant. Prof. Galettis gesammelte Kathedersprüche. München 1965, S117)
Die Geschiche der Raum- und Zeitvorstellungen läßt sich als eine Auseinandersetzung zwischen relativistischen u.
absoluten Konzepten verstehen (Vgl. dazu Capek 1976, Vorwort), (Miller/Johnson-Laird, 1976 S 56/58).
Für ein mitteleuropäisches "Normalbewußtsein" gilt zwar ein absolutes Konzept, das sich im Gefolge Newtons entwickelte, und sich im räumlichen Koordinatensystem bzw. im Bild der unenlichen Gerade für die Zeit widerspiegelt,
als der natürliche Normfall.
Die historische Bedingtheit dieser Sicht wird allerdings sofort erkennbar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es erstens auch in der klassischen europäischen Tradition andere Positionen gibt (Vgl Miller/Johnson-Laird, 1976, S. 58),
zum zweiten in der modernen Mathematik u. Physik Theorien entwickelt worden sind, die die Grenzen der traditionellen Vorstellung aufzeigen (vgl. Sklar, 1976, S. 11)
Wie auch immer...blabla
Ach, da wär ja noch...Angenommen , wir zerschneiden die Raumzeit in Scheiben, sukzessive von der Vergangenheit in die Zukunft. Jede Scheibe ist der gesamte dreidimensionale Raum zu einer bestimmten Zeit. Die Summe all dieser raumartigen Schnitte ist die vierdimensionale Raumzeit. Wir können aber auch von der Seite auf die Welt schauen und sie entsprechend zerschneiden.
Dadurch wird jeder dreidimensionale Schnitt eine seltsame Mischung von raumartigen - zweidimensionalen - und zeitartigen Ereignissen. Die zwei Schnittfolgen ähneln dem vertikalen u. horizontalen Zerteilen eines Brotlaibes.
Ach, da wäre noch... Loop- oder Schleifen-Quantenmechanik (s. Quanten der Raumzeit von Lee Smolin, Spektrum der Wissenachaft 3/2004, S.54).
Viel Spaß beim lesen. :trollking:
Ich mag die Erklärung des französischen Philosophen Maurice Merleau-Ponty. Er argumentierte 1945 in seiner
Phänomomenologie der Wahrnehmung ähnlich wie moderne Pysiker gegen einen objektiven Fluss der Zeit:
Die Geschehnisse sind von einem endlichen Beobachter aus der raumzeitlichen Totalität der objektiven Welt
herausgeschnitten. Wenn ich aber diese Zeit selbat betrachte, so habe ich nur ein einziges unteilbares Sein, das sich
nicht wandelt.
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Kurze Zwischenfrage zu Raum und Zeit
07.11.2015 um 15:48
Ist es nicht einfach nur schwachsinnig sich hierüber Gedanken zu machen ?
Also jetzt mal ganz im Ernst ?
Ist es nicht vollkommen schwachsinnig ?
Ich meine dass man irgendwann sich als Wesen dieser Welt findet und anfängt darüber nachzudenken warum
alles so ist und irgendeine Auflösung erwartet und eifrig weiter denkt in der Erwartung sie komme irgendwann ...
Dies kann ich verstehen ...
Doch irgendwann kommt die Auflösung dass es keine verdammte Auflösung geben wird ...
Warum also ab diesem Status des Denkens, noch weiter über so einen Schwachsinn wie Raum und Zeit nachdenken ?
Wenn man doch genau weiß man wird es nie absolut wissen und alles was man hierzu denkt ist nur ein versuch es zu denken unter unendlich vielen anderen, die alle nicht ausreichen um es wirklich ganz zu denken ...
Mithin denkt man im Hinblick auf ein Ziel, von dem man weiß, dass es sich nicht denken lässt ...
--> Schwachsinnigkeit
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Kurze Zwischenfrage zu Raum und Zeit
08.11.2015 um 21:17
Wie kommt also der Raum und die Zeit in die sinnliche Erfahrung?
Wie erfassen wir durch Empfindung räumliche Entfernungen und Anordnungen?
Die Evolution hat uns mit 2 Augen ausgestattet. Durch die Helligkeits- und Farbunterschiede allein entsteht noch kein Raum. Aber unser Gehirn lernt irgendwann, das verdeckte Dinge weiter weg sind als verdeckende Dinge. Es lernt das starke Kontraste und intensive Farben näher sind als weiche ins grau gehende Kontraste. In der Malerei wurde die Maltechnik des "Sfumato" als erstes in der Renaissance von Leonardo da Vinci exzessiv eingesetzt um den Eindruck räumlicher Tiefe auf einem objektiv flachen Bild zu erzeugen. Raum existiert nach meinem Verständnis nicht aus sich selbst heraus, sondern ist eine Abstraktion des menschlichen Gehirns um Wahrnehmungen sinnhaft zu sortieren weil sich dies als Überlebensvorteil erwiesen hat.
Ein Gefühl für Entfernung muss man trainieren. Jeder der schon mal mit einem Bogen geschossen hat, kennt das. Eingangsvariablen sind, zwei Bilder von unseren Augen, Windstärkeinformationen von unserer Hautoberfläche, Winkel und Schusskraft des Bogens. Wir lassen den Pfeil fliegen und er landet etwas rechts unterhalb der Mitte. Wenn wir einige tausend Pfeile geschossen haben, entwickelt sich ein Bauchgefühl das uns sagt das wir etwas weiter nach oben links zielen sollten. Wer nur ein gesundes Auge hat, kann für die Entfernungsschätzung lediglich die Größen- und Verdeckungsinformation benutzen. Wenn zwei mutmaßlich gleiche Dinge (z.B. 2 Lichtmasten) unterschiedlich groß wirken, dann wissen wir aus Erfahrung das der kleinere Lichtmast weiter weg sein muss. Doppelte Entfernung von der Linse bedeutet halbe Größe auf der Netzhaut.
Auch Zeit existiert in meinen Augen nicht objektiv sondern ist eine Abstraktion des Gehirns. Wir korrelieren Sinneswahrnehmungen von Augen, Ohren usw. mit der Reihenfolge ihres subjektiven Auftretens. Noch genauer betrachtet, bündelt das Gehirn Wahrnehmungen von semantisch zusammengehörenden Zeiträumen. Wenn man sich versucht an Begebenheiten aus der Vergangenheit zu erinnern, dann läuft das zumindest in meinem Gehirn nicht als ein Film ab. Viel eher ist es eine Sammlung aus Bildfetzen, Gesichtern, Sätzen, Umgebungsinformationen, Wetter, Helligkeit, Ort, Gefühle usw. die in einem bestimmten semantisch zusammengehörigen Erlebnis aufgetreten sind. Es wäre nicht notwendig diese Meme zeitlich zu sortieren. Und das Gehirn tut das auch nicht immer. Nicht immer können wir genau sagen, ob Ereignis A vor Ereignis B stattgefunden hat. Viel wichtiger war für das Überleben eines Urzeitmenschen auch nicht die Reihenfolge von Ereignissen, sondern ihre Kategorie (gefährlich / nicht gefährlich). Ein Bewusstsein für Zeit entstand meiner Meinung nach auch erst verstärkt durch die Schrift und Malerei. Heute zählen wir Nanosekunden. Für den Urzeitmenschen war die Differenzierung wesentlich gröber. "Wir treffen uns beim nächsten Vollmond" oder "bei Sonnenaufgang". Zeit ist gewissermaßen eine Technologie. In dem Moment wo wir durch Technologie Zeit wahrnehmbar gemacht haben, hat diese auch Einfluss auf unser Denken und unsere Kultur ausgeübt. Fragen sie mal einen Regenwurm, welche Bedeutung für ihn Zeit hat. Ich unterstelle, das Zeit für einen Regenwurm nicht existiert. Es ist für ihn eine vollkommen bedeutungslose Dimension.
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