Der Prozess Oscar Pistorius und der Tod von Reeva Steenkamp
12.11.2014 um 14:55@Ahnungslose
Du hast es nochmal sehr treffend zusammengefasst und bewertet.
Die Frage nach dem Besitzwillen im Zusammenhang mit der Munition soll nach Bestreben der Staatsanwaltschaft ja auch nochmal im Rahmen eines Appeals geklärt werden.
Die Argumentation von Masipa finde ich an dieser Stelle auch besonders merkwürdig.
Bei der Munition hat sie ja darauf abgestellt, dass bei OP kein Besitzwille vorliege. Er sei zwar im Besitz der Munition, wollte sie aber gar nicht (für sich) besitzen.
Aus dem Urteil:
Mit ihrer Auslegung des Gesetzes führt Masipa im Grunde die gesamte Vorschrift, die den Besitz der Munition ohne Lizenz verbietet, ad absurdum. Man kann diese Regelung nun einfach dadurch umgehen, dass man behauptet, man wolle die Munition nicht (für sich) besitzen. Das Gesetz wird damit überflüssig – und das obwohl es sich bei diesem Delikt um ein offenbar recht schwerwiegendes Vergehen handelt. Es hätten ja bis zu 15 Jahre Haft nur für dieses eine Delikt als Strafe verhängt werden können.
http://www.bbc.com/news/world-africa-26985770
So setzt z.B. Besitzen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes ein bewusstes tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis sowie Besitzwillen und Besitzbewusstsein voraus. Allerdings ist Besitzer im betäubungsrechtlichen Sinne nicht nur der Eigenbesitzer. Auch der Fremdbesitzer, der die tatsächliche Verfügungsgewalt für einen anderen ausübt und keine eigene Verfügungsgewalt in Anspruch nehmen will, ist Besitzer. Das gilt insbesondere für den Verwahrer, sofern dieser nach wie vor selbst Zugriff auf das Verwahrte hat – so wie es ja im Fall von OP zutraf: Er nutzte den Safe auch für eigene Zwecke und konnte jeder Zeit auf die Munition zugreifen. Es ist daher völlig absurd, OP als Verwahrer mangels Besitzwillens von dem Strafvorwurf freizusprechen.
Was die Strafe für die fahrlässige Tötung anbelangt, schrieb ich bereits, dass es für mich (freundlich ausgedrückt) eine Mogelpackung ist: Das Strafmaßurteil ist im Grunde gar keine Haftstrafe im engeren Sinne, sondern eine etwas strengere Variante der correctional supervision.
Es war Masipas Entscheidung, diese Form der Bestrafung zu wählen. Die 1/6-Regelung gilt nicht automatisch für jede Haftstrafe, die maximal 5 Jahre beträgt, sondern sie muss explizit durch das Gericht angeordnet werden. Masipa hat sich ganz bewusst für diese Form der Bestrafung entschieden (daher wurde auch die Maximalstrafe von 5 Jahren nicht überschritten, obwohl diese für eine grob fahrlässige an Eventualvorsatz grenzende Tötung – wie Ahnungslose treffend darstellt – angesichts des möglichen Strafrahmens bis zu 15 Jahren mehr als unangemessen erscheint).
http://www.dcs.gov.za/Services/CorrectionalSupervisionandParoleBoards.aspx (Archiv-Version vom 05.11.2014)
Du hast es nochmal sehr treffend zusammengefasst und bewertet.
Die Frage nach dem Besitzwillen im Zusammenhang mit der Munition soll nach Bestreben der Staatsanwaltschaft ja auch nochmal im Rahmen eines Appeals geklärt werden.
Die Argumentation von Masipa finde ich an dieser Stelle auch besonders merkwürdig.
Bei der Munition hat sie ja darauf abgestellt, dass bei OP kein Besitzwille vorliege. Er sei zwar im Besitz der Munition, wollte sie aber gar nicht (für sich) besitzen.
Aus dem Urteil:
"From the above it is clear that the state must prove that the accused had the necessary mental intention (animus) to possess a firearm, or ammunition before there can be conviction.”Diese Einschätzung von Masipa wird von vielen Juristen nicht geteilt – das gilt insbesondere für den Fall, dass der Beschuldigte wusste oder zumindest hätte wissen müssen, dass der Besitz ohne Lizenz verboten ist.
Mit ihrer Auslegung des Gesetzes führt Masipa im Grunde die gesamte Vorschrift, die den Besitz der Munition ohne Lizenz verbietet, ad absurdum. Man kann diese Regelung nun einfach dadurch umgehen, dass man behauptet, man wolle die Munition nicht (für sich) besitzen. Das Gesetz wird damit überflüssig – und das obwohl es sich bei diesem Delikt um ein offenbar recht schwerwiegendes Vergehen handelt. Es hätten ja bis zu 15 Jahre Haft nur für dieses eine Delikt als Strafe verhängt werden können.
http://www.bbc.com/news/world-africa-26985770
The prescribed sentence on this count is 15 years in prison.Tatsächlich ist es zwar auch nach unserem (deutschen) Strafrecht nicht ungewöhnlich, dass bisweilen ein Besitzwille als Voraussetzung verlangt wird.
So setzt z.B. Besitzen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes ein bewusstes tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis sowie Besitzwillen und Besitzbewusstsein voraus. Allerdings ist Besitzer im betäubungsrechtlichen Sinne nicht nur der Eigenbesitzer. Auch der Fremdbesitzer, der die tatsächliche Verfügungsgewalt für einen anderen ausübt und keine eigene Verfügungsgewalt in Anspruch nehmen will, ist Besitzer. Das gilt insbesondere für den Verwahrer, sofern dieser nach wie vor selbst Zugriff auf das Verwahrte hat – so wie es ja im Fall von OP zutraf: Er nutzte den Safe auch für eigene Zwecke und konnte jeder Zeit auf die Munition zugreifen. Es ist daher völlig absurd, OP als Verwahrer mangels Besitzwillens von dem Strafvorwurf freizusprechen.
Was die Strafe für die fahrlässige Tötung anbelangt, schrieb ich bereits, dass es für mich (freundlich ausgedrückt) eine Mogelpackung ist: Das Strafmaßurteil ist im Grunde gar keine Haftstrafe im engeren Sinne, sondern eine etwas strengere Variante der correctional supervision.
Es war Masipas Entscheidung, diese Form der Bestrafung zu wählen. Die 1/6-Regelung gilt nicht automatisch für jede Haftstrafe, die maximal 5 Jahre beträgt, sondern sie muss explizit durch das Gericht angeordnet werden. Masipa hat sich ganz bewusst für diese Form der Bestrafung entschieden (daher wurde auch die Maximalstrafe von 5 Jahren nicht überschritten, obwohl diese für eine grob fahrlässige an Eventualvorsatz grenzende Tötung – wie Ahnungslose treffend darstellt – angesichts des möglichen Strafrahmens bis zu 15 Jahren mehr als unangemessen erscheint).
http://www.dcs.gov.za/Services/CorrectionalSupervisionandParoleBoards.aspx (Archiv-Version vom 05.11.2014)
Placement under Correctional Supervision is a community-based sentencing option by the court which an offender serves under set conditions in the community. It also refers to an option where the Commissioner may convert a sentence of imprisonment after a portion has been served in a correctional centre under certain set conditions.
In respect of offender’s who can be considered for placement under Correctional Supervision or referred back to the court a quo for possible conversion of sentence into Correctional Supervision the following periods must be served:
• Section 276 1(i) of the Criminal Procedure Act.
1/6 of sentence must be served prior to placement under Correctional Supervision by the Commissioner. Sentence may not exceed 5 years.