Rätselhaftes Massengrab in Kassel
25.01.2008 um 14:58Mehr als 20 Skelette gefunden
Die Polizeischüler gucken kritisch und etwas ratlos. Eine von ihnen zieht mit spitzen Fingern einen Knochen aus dem Lehm, säubert ihn grob und gibt ihn ihrem Chef. Der mustert den Knochen kurz und legt ihn zu den anderen. Zu vielen anderen. In Kassel, mitten in der Innenstadt zwischen der Universität und einer Tankstelle, ist ein Gräberfeld entdeckt worden. Der mysteriöse Fund gibt Rätsel auf: Niemand weiß - oder hat auch nur eine Ahnung -, wessen sterbliche Überreste man dort gefunden hat.
Von drei, vielleicht vier Toten berichtete die Polizei vor einer Woche. Dann waren es noch mal zwei, noch einer, und so geht es seit Tagen weiter. "Wir finden ständig neue Knochen", sagt Dirk Kleinhans von der Kasseler Kriminalpolizei. Mit Fotoapparat und Schreibblock stiefelt der Experte für Spurensicherung durch den knöcheltiefen roten Lehmmatsch und dirigiert die Polizeischüler in ihren einst weißen und längst verdreckten Schutzanzügen.
Es sind wohl nicht die letzten gefundenen Knochen
Mehr als 20 Skelette haben die Ermittler schon gefunden. Und der Bagger trägt weiter vorsichtig Schicht um Schicht des Lehms ab, dann müssen die Polizisten mit Spaten, Schaber und Gartenschaufel ran. Keiner zweifelt daran, dass die bislang geborgenen Knochen noch nicht die letzten sind.
"Noch einer", sagt einer der Polizeischüler. Hans Simon, der Chef, kommt vorbei, begutachtet die Knochen, sagt nur ruhig "Passt auf, dass ihr nichts kaputtmacht" und eilt schon zum nächsten Fund. "Man versucht auszublenden, dass hier Dutzende Menschen liegen. Ich bin Kriminalist, ich habe zu funktionieren." Doch spätestens zu Hause kehren die Gedanken zurück. Simon watet stundenlang, tagelang durch ein Areal aus Wirbelsäulen, Rippen und Beckenknochen. Schädel mit weit aufgerissenen Augenhöhlen und zertrümmerten Kiefern blicken ihn ständig an.
Keine normale Grabstätte
"Spurlos geht es nicht an mir vorüber", sagt Kristina Jost. Die 23-Jährige hätte solche Aufgaben nicht erwartet, als sie zur Polizei ging. "Wir machen uns alle Gedanken und wollen wissen, wer hier liegt, was für Schicksale wir in den Händen haben", sagt die Polizeischülerin. Sie selbst hat keine Ahnung: "Da müssen Profis ran." Kleinhans ist einer von ihnen, aber auch er ist noch ratlos: "Vor einer Viertelstunde war ich noch optimistisch, weil alle Skelette parallel nebeneinander lagen. Geordnet, wie nach einer Bestattung. Aber jetzt haben wir ein zweites Gräberfeld gefunden, in dem alles durcheinanderliegt." Neben einem Torso liegen vier Schädel, alle schwer beschädigt. "Momentan ist nur eines klar: Eine normale Grabstätte ist das nicht."
Die Knochen sind in einem schlechten Zustand, die Gebisse in den zumeist zertrümmerten Schädeln sehen aber gut erhalten aus. Waren diese Menschen noch jung, als sie starben? "Natürlich gehen die Spekulationen in Richtung Bombenkrieg, dass hier die Opfer der Luftangriffe auf Kassel liegen. Aber das ist nur eine Vermutung", sagt Kleinhans. Völlig rätselhaft sei, dass nur Knochen gefunden werden: "Keine Kleiderreste, keine Kette, kein Ring, kein Knopf." Das Gelände an der Universität gehörte früher zu einem Rüstungsbetrieb. Also Zwangsarbeiter? Kleinhans zuckt ratlos mit den Schultern.
Tote aus dem Siebenjährigen Krieg?
"Ich glaube, dass die Knochen viel älter sind", sagt der Regionalhistoriker Christian Bruno von Klobuczynski und verweist auf ein Fundament, in dem auch Knochen stecken. "Das ist vermutlich mindestens von 1928. Oder älter." Zudem wurden Bombenopfer und Zwangsarbeiter auf dem Hauptfriedhof begraben.
"Wild(durcheinander) wurde nicht bestattet, nicht einmal im Krieg." Seine Theorien gehen weiter: "Im Siebenjährigen Krieg haben 1762 die Hessen Kassel von den Franzosen eingenommen. Das Areal hier lag genau vor der damaligen Festung." Also doch Kriegstote, nur ein Vierteljahrtausend alt? Für Kristina Jost, die junge Polizistin, ein neuer Anreiz. "Wir machen weiter. Wir wollen das wissen."
(Quelle n-tv.de)
Was denkt ihr???
Die Polizeischüler gucken kritisch und etwas ratlos. Eine von ihnen zieht mit spitzen Fingern einen Knochen aus dem Lehm, säubert ihn grob und gibt ihn ihrem Chef. Der mustert den Knochen kurz und legt ihn zu den anderen. Zu vielen anderen. In Kassel, mitten in der Innenstadt zwischen der Universität und einer Tankstelle, ist ein Gräberfeld entdeckt worden. Der mysteriöse Fund gibt Rätsel auf: Niemand weiß - oder hat auch nur eine Ahnung -, wessen sterbliche Überreste man dort gefunden hat.
Von drei, vielleicht vier Toten berichtete die Polizei vor einer Woche. Dann waren es noch mal zwei, noch einer, und so geht es seit Tagen weiter. "Wir finden ständig neue Knochen", sagt Dirk Kleinhans von der Kasseler Kriminalpolizei. Mit Fotoapparat und Schreibblock stiefelt der Experte für Spurensicherung durch den knöcheltiefen roten Lehmmatsch und dirigiert die Polizeischüler in ihren einst weißen und längst verdreckten Schutzanzügen.
Es sind wohl nicht die letzten gefundenen Knochen
Mehr als 20 Skelette haben die Ermittler schon gefunden. Und der Bagger trägt weiter vorsichtig Schicht um Schicht des Lehms ab, dann müssen die Polizisten mit Spaten, Schaber und Gartenschaufel ran. Keiner zweifelt daran, dass die bislang geborgenen Knochen noch nicht die letzten sind.
"Noch einer", sagt einer der Polizeischüler. Hans Simon, der Chef, kommt vorbei, begutachtet die Knochen, sagt nur ruhig "Passt auf, dass ihr nichts kaputtmacht" und eilt schon zum nächsten Fund. "Man versucht auszublenden, dass hier Dutzende Menschen liegen. Ich bin Kriminalist, ich habe zu funktionieren." Doch spätestens zu Hause kehren die Gedanken zurück. Simon watet stundenlang, tagelang durch ein Areal aus Wirbelsäulen, Rippen und Beckenknochen. Schädel mit weit aufgerissenen Augenhöhlen und zertrümmerten Kiefern blicken ihn ständig an.
Keine normale Grabstätte
"Spurlos geht es nicht an mir vorüber", sagt Kristina Jost. Die 23-Jährige hätte solche Aufgaben nicht erwartet, als sie zur Polizei ging. "Wir machen uns alle Gedanken und wollen wissen, wer hier liegt, was für Schicksale wir in den Händen haben", sagt die Polizeischülerin. Sie selbst hat keine Ahnung: "Da müssen Profis ran." Kleinhans ist einer von ihnen, aber auch er ist noch ratlos: "Vor einer Viertelstunde war ich noch optimistisch, weil alle Skelette parallel nebeneinander lagen. Geordnet, wie nach einer Bestattung. Aber jetzt haben wir ein zweites Gräberfeld gefunden, in dem alles durcheinanderliegt." Neben einem Torso liegen vier Schädel, alle schwer beschädigt. "Momentan ist nur eines klar: Eine normale Grabstätte ist das nicht."
Die Knochen sind in einem schlechten Zustand, die Gebisse in den zumeist zertrümmerten Schädeln sehen aber gut erhalten aus. Waren diese Menschen noch jung, als sie starben? "Natürlich gehen die Spekulationen in Richtung Bombenkrieg, dass hier die Opfer der Luftangriffe auf Kassel liegen. Aber das ist nur eine Vermutung", sagt Kleinhans. Völlig rätselhaft sei, dass nur Knochen gefunden werden: "Keine Kleiderreste, keine Kette, kein Ring, kein Knopf." Das Gelände an der Universität gehörte früher zu einem Rüstungsbetrieb. Also Zwangsarbeiter? Kleinhans zuckt ratlos mit den Schultern.
Tote aus dem Siebenjährigen Krieg?
"Ich glaube, dass die Knochen viel älter sind", sagt der Regionalhistoriker Christian Bruno von Klobuczynski und verweist auf ein Fundament, in dem auch Knochen stecken. "Das ist vermutlich mindestens von 1928. Oder älter." Zudem wurden Bombenopfer und Zwangsarbeiter auf dem Hauptfriedhof begraben.
"Wild(durcheinander) wurde nicht bestattet, nicht einmal im Krieg." Seine Theorien gehen weiter: "Im Siebenjährigen Krieg haben 1762 die Hessen Kassel von den Franzosen eingenommen. Das Areal hier lag genau vor der damaligen Festung." Also doch Kriegstote, nur ein Vierteljahrtausend alt? Für Kristina Jost, die junge Polizistin, ein neuer Anreiz. "Wir machen weiter. Wir wollen das wissen."
(Quelle n-tv.de)
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