Hiltlers Krankheiten - Therapie mit Rattengift
12.12.2012 um 23:22Drogensucht, Syphilis, Schizophrenie - von jeher haben Historiker wild über Adolf Hitlers Gesundheitszustand spekuliert. Zwei Forscher analysierten nun die Krankheiten des Diktators genau. Das Ergebnis: Hitler kämpfte tatsächlich mit vielen Leiden und pumpte sich mit Medikamentencocktails voll. Von Christoph Gunkel
Zu seinem Leibarzt war der Massenmörder richtig väterlich. "Doktorchen, ich freue mich ja so, wenn Sie morgens kommen!", rief Diktator Adolf Hitler verzückt seinem Hausarzt Theodor Morell zu, dem er grenzenlos vertraute. Mehrfach, so fabulierte Hitler, habe ihm der Mediziner das Leben gerettet. "Mein lieber Doktor", ließ der Despot Morell noch im November 1944 wissen, "wenn wir beide glücklich durch den Krieg kommen, dann sollen Sie einmal sehen, wie groß ich Sie entlohnen werde!"
Hitler sei "regelrecht morellsüchtig" gewesen sein, kolportierte später des "Führers" Sekretärin, Traudl Junge. Dabei eilte dem Arzt ein denkbar schlechter Ruf voraus. Nicht nur Eva Braun beklagte sich über seine mangelnde Körperhygiene. "Morell ist nicht zum Beriechen da, sondern um mich gesund zu halten", verteidigte Hitler seinen Leibarzt trotzig. Doch daran hatte der innere Zirkel um Hitler seine Zweifel. Generaloberst Heinz Guderian nannte Morell einen "unappetitlichen, fetten Kurpfuscher", der morphiumsüchtige Luftwaffen-Chef Hermann Göring bezeichnete Morell abfällig als "Reichsspritzenmeister". Hartnäckig hielten sich Gerüchte, der Arzt habe Hitler von Medikamenten und Drogen abhängig gemacht.
Auch nach dem Krieg ist wohl über kaum einen Bereich aus Hitlers Privatleben so wild spekuliert worden wie über seine Krankheiten. Generationen von Historikern, Psychologen, Psychiatern und Hobbyforschern haben nach Hitlers angeblichen und tatsächlichen Leiden gefahndet. Es lag nahe, das irrationale Wüten eines Mannes, der den millionenfachen Mord an Juden befahl, als Ausdruck eines kranken Geistes zu sehen: Natürlich musste Hitler irgendwie traumatisiert, drogenabhängig oder geistesgestört gewesen sein!
Stammte Hitlers Zahngold von KZ-Opfern?
Schon bald nach 1945 gab es einfache Antworten. Wahlweise galt Hitler als homosexuell oder schizophren. Er litt angeblich jahrzehntelang unter den Folgen einer falsch durchgeführten Hypnose-Behandlung. Sein Penis soll so verkümmert gewesen sein wie sein Selbstwertgefühl, hieß es, der "Führer" habe angeblich nur einen Hoden gehabt und sei an Syphilis erkrankt gewesen. Ständig habe er sich mit Drogen aufgeputscht und zügellos Medikamente geschluckt. Hitler, der Fixer der Nation - und sein Leibarzt sein größter Dealer?
Solche Erklärungsversuche suggerieren, dass Hitler eigentlich unzurechnungsfähig war und bestenfalls eingeschränkt verantwortlich für Befehle, die das Leben von Millionen auslöschten. So behauptet etwa Holocaust-Leugner David Irving, dass Hitler wegen ärztlicher Fehler in "euphorische Trancezustände" versetzt worden sei - und suggeriert damit, dass der Diktator kaum noch wusste, was er tat. Andererseits haben auch seriöse Forscher die berechtigte Frage nach Hitlers Gesundheit gestellt. Doch die Quellenlage ist dünn. Hitlers Krankenakten verschwanden - es blieben die Notizen seines Leibarztes und Zeitzeugenberichte.
Jetzt haben der Historiker Henrik Eberle und der emeritierte Berliner Charité-Mediziner Hans-Joachim Neumann in ihrem Buch "War Hitler krank?" historische Quellenarbeit mit modernen medizinischen Analysen verbunden, um Beweisbares von Legenden zu trennen. Das Ergebnis soll nicht weniger als einen "abschließenden Befund" über Hitlers Gesundheitszustand liefern. Es enthüllt manch zynisches Detail: So hatte Hitler womöglich Zahngold von jüdischen KZ-Opfern im Mund - zumindest verfügte sein Zahnarzt mehr als 50 Kilogramm davon.
Testosteron für den Diktator
Akribisch listen die beiden Autoren alle 82 Medikamente auf, von denen belegt ist, dass Hitler sie im Laufe seiner Herrschaft einnahm. Sie zeugen davon, dass Leibarzt Morell bereitwillig auf die Marotten seines Patienten einging. So verabreichte er ihm regelmäßig gegen Ermüdung eine Lösung aus Traubenzucker und Vitaminen - intravenös oder intramuskulär injiziert, denn Hitler nahm Pillen und Kapseln kaum ernst. Auch in anderer Hinsicht brachte Morell Hitler auf Hochtouren: Seit 1944 spritzte er ihm das Sexualhormon Testosteron - meist dann, wenn Eva Braun in der Nähe war. Manchmal ließ sich Hitler für die Treffen mit seiner Geliebten auch einen Extrakt aus Samenbläschen und der Prostata junger Stiere in die Blutbahn jagen.
Die Notizen von Leibarzt Morell verraten ansonsten, dass der Mann, der sich für den größten Feldherrn aller Zeiten hielt, unter ziemlich banalen Dingen litt: Hitler quälte die Angst, an Krebs zu erkranken. Nachdem er sich buchstäblich an die Macht geschrien hatte, war er ständig heiser; zweimal wurden ihm Polypen an den Stimmbändern entfernt. Er hatte Bluthochdruck und chronische Magen-Darm-Krämpfe und war auch sonst recht zimperlich: Als er sich bei seinem Leibfriseur einen Infekt holte, beschwerte sich der "Führer" wütend: "Der Kerl hat seit fünf Tagen einen Schnupfen und mir nichts davon gesagt!"
Wegen seiner Verdauungsprobleme war Hitler sogar Vegetarier geworden - und nicht etwa aus Tierliebe, wie es die NS-Propaganda gern verbreiten ließ. Ein Mittel gegen Blähungen nahm er in solch' rauen Mengen ein, dass einige seiner Begleitärzte gar eine Vergiftung vermuteten: Das Medikament enthielt auch geringe Dosen des Nervengifts Strychnin, das lange auch gegen Ratten Verwendung fand. Als Hitler im Herbst 1944 Symptome von Gelbsucht zeigte, entbrannte ein heftiger Streit unter seinen Ärzten, bei dem auch Neid und das Buhlen um die Nähe zum "Führer" eine Rolle spielten. Einige bezichtigten ihren Kollegen Morell, Hitler vergiftet zu haben - doch der hielt zu seinem Leibarzt. Dessen Gegner kanzelte er als "Blödels" ab, ließ kurzerhand zwei von ihnen versetzen.
War Hitler süchtig?
Das Rätsel um diese angebliche Fehlbehandlung haben die Buchautoren Eberle und Neumann nun mehr als sechs Jahrzehnte später zu lösen versucht. Aufgrund der Zusammensetzung und der Dosis des verabreichten Medikaments schließen sie eine Vergiftung aus. Morell habe wohl mit seiner Diagnose Recht gehabt, dass die Gelbsucht durch "eine Rückstauung nach der Gallenblase" ausgelöst worden sei. War der angebliche "Kurpfuscher" und "Rasputin" also doch ein kompetenter Arzt?
Dagegen spricht, dass Morell Hitler kaum einen Wunsch abzuschlagen wagte und ihm mit großen Mengen an Pillen versorgte, darunter auch mit dem Aufputschmittel Pervitin. Damit soll er Hitler, so der Vorwurf, in die Drogensucht getrieben haben. Das klingt plausibel, denn etliche Angehörige der NS-Elite waren drogenabhängig. Wehrmachtssoldaten konsumierten an der Font massenhaft Pervitin, sogar Pralinen wurden damit angereichert. Heute ist die Substanz in der Modedroge Crystal Meth, die auch den bezeichnenden Spitznamen "Hitler-Speed" trägt, enthalten.
Doch Morell notierte nur ein einziges Mal die Verabreichung von Pervitin. Versteckt sich in seinen Aufzeichnungen aber hinter komplizierten Abkürzungen oder anderen, harmlosen Präparaten in Wahrheit eine Medikation mit dem Suchtmittel? Die Buchautoren Eberle und Neumann bleiben sehr skeptisch: "Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Hitler seine täglichen Lagebesprechungen nur noch abhalten konnte, weil er unter Pervitin stand." Ebenso wenig gebe es Beweise für eine oft unterstellte Kokainabhängigkeit.
Quelle: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/5926/therapie_mit_rattengift.html
So, mich würde mal interessieren, was Ihr von der ganzen Geschichte haltet und ob sich Euer Bild von Hilter von nun an ändert? Und wenn ja inwiefern ?
Den vollen Text findet Ihr im Link incl. etwas zu seiner Schuldfähigkeit im letzten Absatz.
Zu seinem Leibarzt war der Massenmörder richtig väterlich. "Doktorchen, ich freue mich ja so, wenn Sie morgens kommen!", rief Diktator Adolf Hitler verzückt seinem Hausarzt Theodor Morell zu, dem er grenzenlos vertraute. Mehrfach, so fabulierte Hitler, habe ihm der Mediziner das Leben gerettet. "Mein lieber Doktor", ließ der Despot Morell noch im November 1944 wissen, "wenn wir beide glücklich durch den Krieg kommen, dann sollen Sie einmal sehen, wie groß ich Sie entlohnen werde!"
Hitler sei "regelrecht morellsüchtig" gewesen sein, kolportierte später des "Führers" Sekretärin, Traudl Junge. Dabei eilte dem Arzt ein denkbar schlechter Ruf voraus. Nicht nur Eva Braun beklagte sich über seine mangelnde Körperhygiene. "Morell ist nicht zum Beriechen da, sondern um mich gesund zu halten", verteidigte Hitler seinen Leibarzt trotzig. Doch daran hatte der innere Zirkel um Hitler seine Zweifel. Generaloberst Heinz Guderian nannte Morell einen "unappetitlichen, fetten Kurpfuscher", der morphiumsüchtige Luftwaffen-Chef Hermann Göring bezeichnete Morell abfällig als "Reichsspritzenmeister". Hartnäckig hielten sich Gerüchte, der Arzt habe Hitler von Medikamenten und Drogen abhängig gemacht.
Auch nach dem Krieg ist wohl über kaum einen Bereich aus Hitlers Privatleben so wild spekuliert worden wie über seine Krankheiten. Generationen von Historikern, Psychologen, Psychiatern und Hobbyforschern haben nach Hitlers angeblichen und tatsächlichen Leiden gefahndet. Es lag nahe, das irrationale Wüten eines Mannes, der den millionenfachen Mord an Juden befahl, als Ausdruck eines kranken Geistes zu sehen: Natürlich musste Hitler irgendwie traumatisiert, drogenabhängig oder geistesgestört gewesen sein!
Stammte Hitlers Zahngold von KZ-Opfern?
Schon bald nach 1945 gab es einfache Antworten. Wahlweise galt Hitler als homosexuell oder schizophren. Er litt angeblich jahrzehntelang unter den Folgen einer falsch durchgeführten Hypnose-Behandlung. Sein Penis soll so verkümmert gewesen sein wie sein Selbstwertgefühl, hieß es, der "Führer" habe angeblich nur einen Hoden gehabt und sei an Syphilis erkrankt gewesen. Ständig habe er sich mit Drogen aufgeputscht und zügellos Medikamente geschluckt. Hitler, der Fixer der Nation - und sein Leibarzt sein größter Dealer?
Solche Erklärungsversuche suggerieren, dass Hitler eigentlich unzurechnungsfähig war und bestenfalls eingeschränkt verantwortlich für Befehle, die das Leben von Millionen auslöschten. So behauptet etwa Holocaust-Leugner David Irving, dass Hitler wegen ärztlicher Fehler in "euphorische Trancezustände" versetzt worden sei - und suggeriert damit, dass der Diktator kaum noch wusste, was er tat. Andererseits haben auch seriöse Forscher die berechtigte Frage nach Hitlers Gesundheit gestellt. Doch die Quellenlage ist dünn. Hitlers Krankenakten verschwanden - es blieben die Notizen seines Leibarztes und Zeitzeugenberichte.
Jetzt haben der Historiker Henrik Eberle und der emeritierte Berliner Charité-Mediziner Hans-Joachim Neumann in ihrem Buch "War Hitler krank?" historische Quellenarbeit mit modernen medizinischen Analysen verbunden, um Beweisbares von Legenden zu trennen. Das Ergebnis soll nicht weniger als einen "abschließenden Befund" über Hitlers Gesundheitszustand liefern. Es enthüllt manch zynisches Detail: So hatte Hitler womöglich Zahngold von jüdischen KZ-Opfern im Mund - zumindest verfügte sein Zahnarzt mehr als 50 Kilogramm davon.
Testosteron für den Diktator
Akribisch listen die beiden Autoren alle 82 Medikamente auf, von denen belegt ist, dass Hitler sie im Laufe seiner Herrschaft einnahm. Sie zeugen davon, dass Leibarzt Morell bereitwillig auf die Marotten seines Patienten einging. So verabreichte er ihm regelmäßig gegen Ermüdung eine Lösung aus Traubenzucker und Vitaminen - intravenös oder intramuskulär injiziert, denn Hitler nahm Pillen und Kapseln kaum ernst. Auch in anderer Hinsicht brachte Morell Hitler auf Hochtouren: Seit 1944 spritzte er ihm das Sexualhormon Testosteron - meist dann, wenn Eva Braun in der Nähe war. Manchmal ließ sich Hitler für die Treffen mit seiner Geliebten auch einen Extrakt aus Samenbläschen und der Prostata junger Stiere in die Blutbahn jagen.
Die Notizen von Leibarzt Morell verraten ansonsten, dass der Mann, der sich für den größten Feldherrn aller Zeiten hielt, unter ziemlich banalen Dingen litt: Hitler quälte die Angst, an Krebs zu erkranken. Nachdem er sich buchstäblich an die Macht geschrien hatte, war er ständig heiser; zweimal wurden ihm Polypen an den Stimmbändern entfernt. Er hatte Bluthochdruck und chronische Magen-Darm-Krämpfe und war auch sonst recht zimperlich: Als er sich bei seinem Leibfriseur einen Infekt holte, beschwerte sich der "Führer" wütend: "Der Kerl hat seit fünf Tagen einen Schnupfen und mir nichts davon gesagt!"
Wegen seiner Verdauungsprobleme war Hitler sogar Vegetarier geworden - und nicht etwa aus Tierliebe, wie es die NS-Propaganda gern verbreiten ließ. Ein Mittel gegen Blähungen nahm er in solch' rauen Mengen ein, dass einige seiner Begleitärzte gar eine Vergiftung vermuteten: Das Medikament enthielt auch geringe Dosen des Nervengifts Strychnin, das lange auch gegen Ratten Verwendung fand. Als Hitler im Herbst 1944 Symptome von Gelbsucht zeigte, entbrannte ein heftiger Streit unter seinen Ärzten, bei dem auch Neid und das Buhlen um die Nähe zum "Führer" eine Rolle spielten. Einige bezichtigten ihren Kollegen Morell, Hitler vergiftet zu haben - doch der hielt zu seinem Leibarzt. Dessen Gegner kanzelte er als "Blödels" ab, ließ kurzerhand zwei von ihnen versetzen.
War Hitler süchtig?
Das Rätsel um diese angebliche Fehlbehandlung haben die Buchautoren Eberle und Neumann nun mehr als sechs Jahrzehnte später zu lösen versucht. Aufgrund der Zusammensetzung und der Dosis des verabreichten Medikaments schließen sie eine Vergiftung aus. Morell habe wohl mit seiner Diagnose Recht gehabt, dass die Gelbsucht durch "eine Rückstauung nach der Gallenblase" ausgelöst worden sei. War der angebliche "Kurpfuscher" und "Rasputin" also doch ein kompetenter Arzt?
Dagegen spricht, dass Morell Hitler kaum einen Wunsch abzuschlagen wagte und ihm mit großen Mengen an Pillen versorgte, darunter auch mit dem Aufputschmittel Pervitin. Damit soll er Hitler, so der Vorwurf, in die Drogensucht getrieben haben. Das klingt plausibel, denn etliche Angehörige der NS-Elite waren drogenabhängig. Wehrmachtssoldaten konsumierten an der Font massenhaft Pervitin, sogar Pralinen wurden damit angereichert. Heute ist die Substanz in der Modedroge Crystal Meth, die auch den bezeichnenden Spitznamen "Hitler-Speed" trägt, enthalten.
Doch Morell notierte nur ein einziges Mal die Verabreichung von Pervitin. Versteckt sich in seinen Aufzeichnungen aber hinter komplizierten Abkürzungen oder anderen, harmlosen Präparaten in Wahrheit eine Medikation mit dem Suchtmittel? Die Buchautoren Eberle und Neumann bleiben sehr skeptisch: "Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Hitler seine täglichen Lagebesprechungen nur noch abhalten konnte, weil er unter Pervitin stand." Ebenso wenig gebe es Beweise für eine oft unterstellte Kokainabhängigkeit.
Quelle: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/5926/therapie_mit_rattengift.html
So, mich würde mal interessieren, was Ihr von der ganzen Geschichte haltet und ob sich Euer Bild von Hilter von nun an ändert? Und wenn ja inwiefern ?
Den vollen Text findet Ihr im Link incl. etwas zu seiner Schuldfähigkeit im letzten Absatz.