Sexueller Missbrauch durch Frauen
28.09.2011 um 15:45
Missbrauchsvorwurf als Waffe im Scheidungskrieg:
Landgericht München I Rosenkrieg mit allen Waffen
Süddeutsche Zeitung, 15.09.2011, 15:33
Von Christian Rost
Die Eltern hatten sich ein Kind gewünscht. Jetzt gerät der Junge zwischen die Fronten eines Trennungsstreites: Eine Akademikerin muss vor Gericht, weil sie ihr kleines Kind sexuell missbraucht haben soll - ihr Verteidiger bezeichnet die Vorwürfe als "Wahnsinn".
Der Wechsel auf eine Montessorischule soll den Buben stabilisieren. Seit zwei Jahren ist der heute Zehnjährige, dessen leibliche Eltern sich einen beispiellosen Trennungskrieg liefern, bei einer Pflegefamilie untergebracht. Das seelische Gleichgewicht findet das Kind trotzdem nur schwer wieder. Bettnässen war lange ein Ausdruck davon, dass der Bub den heftigen Konflikt und die Trennung von seinen Eltern überhaupt nicht verkraftet. Die neue Schulumgebung soll ihm dabei helfen.
Das Jugendamt nahm einem Akademikerpaar aus dem Münchner Süden den Sohn 2009 weg, nachdem massive Vorwürfe gegen die Mutter bei der Staatsanwaltschaft angezeigt worden waren. Die 20. Strafkammer am Landgericht München I verhandelt von kommenden Mittwoch an über diesen ungewöhnlichen Fall. Die Anklage behauptet, die 53-Jährige habe ihren Sohn im Kleinkindalter in 273 Fällen sexuell missbraucht, davon in 41 Fällen schwer. Die Verteidigung bezeichnet die Vorwürfe als "Wahnsinn". Wird hier die Justiz für einen besonders schmutzigen Rosenkrieg benutzt?
Erst spät hatten die Eltern ihr Wunschkind bekommen. Nach der Geburt lebten sich der Mann und die Frau auseinander. Im Frühjahr 2009 kam es zur Trennung, er musste das Haus verlassen. Zwei Monate später wandte sich ein Bekannter des Paares, der insbesondere ein Freund des Vaters sein soll, mit schweren Anschuldigungen gegen die Mutter an die Justiz. Sie soll sich 2004 mit Hilfe ihres damals Dreijährigen in einem öffentlichen Mode-Outlet sexuell erregt haben, schilderte der Zeuge.
Eine ehemalige Haushälterin des Akademikerpaares versicherte zudem auf Bitten des Kindsvaters an Eides statt, sie habe noch weitergehende Beobachtungen gemacht. Demzufolge habe die Mutter bereits in den Jahren 2003 bis 2006 bei wenigstens 200 Gelegenheiten am Glied des Kleinkindes manipuliert oder sich von ihm die Brüste zur eigenen Befriedigung streicheln lassen. Die Mutter stritt dies vehement ab, und auch die Staatsanwaltschaft glaubte den Anschuldigungen zunächst nicht. Das Verfahren gegen die Frau wurde eingestellt, nach Beschwerden des Ehemannes, der auch neue Zeugen benannte, aber wieder aufgenommen. Nun kommt es doch zum Prozess.
Eine entscheidende Rolle spielen dürfte dabei, dass das einst glückliche Ehepaar seinem Sohn das gemeinsame Einfamilienhaus notariell übereignet hat. In dem Vertrag wurde festgeschrieben, dass dem jeweils betreuenden Ehegatten ein Wohnrecht mit dem Kind im Haus eingeräumt wird. Wer beim Sohn bleibt, behält also das Haus.
Ob die Anschuldigungen gegen die angeklagte Mutter, die mehrere Wochen in Untersuchungshaft saß, im Zusammenhang zu sehen sind mit der Immobiliensituation, muss das Gericht feststellen. Die Kammer wird sich auch ausführlich mit den Zeugen befassen, die zumindest anfangs nicht voll glaubwürdig erschienen. Ungereimtheiten in den Aussagen gegen die Mutter sind auch heute noch für die Verteidigung offensichtlich. So beschrieb der Bekannte bei seiner Anzeige die Vorfälle in dem Mode-Outlet so: Es sei ein sommerlicher Tag gewesen. Tatsächlich fand der Einkauf am 3. Januar 2004 bei Minustemperaturen statt. Der Zeuge meinte auch, die Mutter habe sichtbar ihren BH unter die Brust gezogen, um sich vom Sohn anfassen zu lassen.
Tatsächlich trägt die Frau wegen einer Wirbelsäulenverkrümmung nie einen Büstenhalter. Mit diesen und weiteren Gegenargumenten will die Verteidigung die Anklage in sich zusammenfallen lassen. Die Hauptbelastungszeugin hält Anwalt Steffen Ufer für völlig unglaubwürdig. Die Haushälterin wird sich vorhalten lassen müssen, dass sie ihre Arbeitgeberin bestohlen haben und ihr zudem rund 10.000 Euro schulden soll, die sie als Darlehen erhalten habe.
Der Rosenkrieg, bei dem intimste Details ausgebreitet werden, betrifft schon jetzt viel mehr Personen als die inzwischen geschiedenen Eheleute. In ihrem Streit hatten sich beide nichts geschenkt in der Vergangenheit. Auch die Frau hatte ihren Mann einmal angezeigt: Wegen sexuellen Missbrauchs des Sohnes.
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Sexueller Missbrauch durch Frauen
28.09.2011 um 15:47
Missbrauch ist zunächst immer eine Frage von Macht und Ohnmacht, nicht von Mann oder Frau.
Täter kann jeder sein - Opfer ebenfalls.
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Sexueller Missbrauch durch Frauen
28.09.2011 um 16:11
Eben.
Missbrauch muss nicht zwangsläufig etwas mit "Penetration" zu tun haben.
Der hat viele Facetten - eben auch eine "weibliche".
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Sexueller Missbrauch durch Frauen
28.09.2011 um 18:47
Ein echtes Tabuthema - frag' mich nur gerade wieso, denn wenn ein Mann eine solche (perverse und verwerfliche) Tat begeht dann steht es doch am nächsten Tag in allen Zeitungen (und im WWW schon Minuten später)...
Aber das es sich dabei nicht nur um Einzelfälle handeln soll hab' ich vor Kurzem schon mal gelesen, weiß nur nicht mehr wo!?
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