REDRIDER schrieb am 01.09.2011:Hey warum gibt es heutzutage eigentlich keine großen Komponisten wie Mozart oder Beethoven.
Weil die waren ja einfach Genial wieso schaft soetwas niemand mehr? Und warum gabes genau in der Zeit so gute Ausnahmetalente
Lieber
@REDRIDER Die Frage ist einfacher zu beantworten, als man es sich vielleicht denkt.
Zunächst einmal ist es wichtig, herauszufinden was das "geniale" an den
Komponisten damaliger Epochen war, was von den heutigen Musikern/
Komponisten kaum einer behaupten möchte. Denn eigentlich hat sich nur
der Grad der Komplexität chronologisch über die Zeit aus den zeitgenössischen
Augen des 21. Jh. geändert. Der Grad der Komplexität an sich, betrachten
wir es mit den Augen der jeweiligen Menschen aus den Epochen, war konstant
auf gleichem Level.
Was heißt das? D.h. jeder einzelne Musiker und Komponist kannte sich mit
der Musik, den Kompositionstechniken, Kontrapunkt und der Musiklehre (Musiktheorie,
Harmonielehre etc.) seiner Zeit und in einigen Fällen auch der "Epoche" davor
sehr gut aus,
- an dieser Stelle ist es wichtig zu vermerken, dass der musikalische Begriff
der Epoche kritisch zu betrachten ist, da schnell der Eindruck erweckt wird,
als hätten die verschiedenen Stile ein Stabspielrennen veranstaltet und den
jeweiligen davor schlichtweg abgelöst. Faktisch existierten allerdings stets
unterschiedliche stilistische Strömungen gleichzeitig, die entweder ganz im
Kontrast zu einander standen, wie im Beispiel zwischen Brahms (der Konservative)
und Wagner (der Zukunftsweisende) oder auch auf regionaler Ebene, wie
ein Beispiel aus der Kirchenmusik zeigt, dass in Nord- und Süddeutschland
eine unterschiedliche Spielweise des Pedals auf der Orgel verwendet wurde -
so dass er/sie mit den Regeln der Kunst spielen konnte wie es seine/ihre individuelle
Manier verstand. Die Genialität ist weniger etwas Abstraktes, oder gar Erhabenes
bei auserwählten Persönlichkeiten, doch eher die Art und Weise wie man mit
dem "Werkzeug", das einem zur Verfügung steht und auf welchem Wege man
die geltenen Regeln auszuhebeln oder gar zu brechen weiß.
Klar ist, dass dank diesem "rebellischen" Verhalten rhetorische Figuren in der
musikalischen Figurenlehre entstanden oder Beethoven den Chor in eine
Sinfonie einverleibte, nur um kleine Beispiele zu nennen.
Regeln waren eben schon immer da, um gebrochen zu werden.
Aus welchem Grund die Komponisten Regeln satt hatten, ob man sich nun von
anderen abheben/abgrenzen wollte, einen eigenen Weg einschlagen oder nur
Aufmerksamkeit erzeugen wollte, wäre eine sinnlose Unterstellung.
Genauso gut könnte man sämtliche Revolutionen in Frage stellen.
Meiner Meinung wird es für die Musik getan!
:D Und das ist auch gut so.
Zum Punkt, warum es genau zu damaliger Zeit so gute Ausnahmetalente gab,
formuliert sich eine simple Erklärung oder man geht der Sache durch das
Hintertürchen auf den Grund und fragt:
Warum hat Scarlatti/Haydn/Mozart/Beethoven so viele Sonaten geschrieben?
Wie zum Geiger konnte J. S. Bach über Tausend Stücke schreiben, von denen viele
weit mehr als nur zwei Seiten umfassten und das mehrere in der Woche?
Najaaa, man schrieb ja auch nur das was man kannte! - Möchte ich mal behaupten.
Oft waren es finanzielle Gründe, wenn der Hof nur für eine bestimmte Art von Musik
Interesse zeigte und dafür letztendlich nicht selten in geringer Summe entlohnte.
Vieles entstand als Beispiel aus einer Übungsvorlage für Schüler, wie die Inventionen
von J.S. Bach. Und da man in früheren Zeiten der Musikgeschichte sehr darauf erpicht
war, im neuesten Trend zu liegen, was das Komponieren mit einschließt, hat man viele
Kompositionsweisen/techniken und Regeln seiner Vorgänger entweder über Bord
geworfen oder der Vergessenheit anvertraut.
Bekanntes Beispiel C. Ph. E. Bach und sein Vater J. S. Bach gerieten oft in einen
Konflikt, weil sich beide Generationen mit dem anderen nicht indentifizieren
konnten. Es waren keine anderen Gespräche wie es sie heute auchnoch gibt,
nach der Art:
"Papa, merkst du nicht, dass du altmodisch und verstaubt bist. Das ist doch alter Käse."
...wie dem auch sei. Es gab noch keinen Jazz, mal abgesehen vom Free Jazz,
nicht die verschiedenen Facetten der Popularen Musik, das heutzutage wohl die
meisten Ohren durchstreift, aber auch nicht die viiielen Richtung der "klassischen/ernsten"
Musik, in der selbstverständlich auch Filmmusik oder Gamemusic neben der zeitgenössische
Neue Musik stehen; wenn auch mit gespaltener Meinung, was in meinen Augen
regelrechter Bullsh* ist.
Natürlich haben wir auch heutzutage herausragende Talente, von denen sicherlich
alle auch mit einer guten Portion Glück so weit gekommen sind oder noch weit
kommen werden.
Mal ernsthaft, J.S. Bach war zu seiner Zeit nicht unbedingt der große Renner,
nicht seine Kompositionen, auch nicht er selbst als Persönlichkeit.
Ein Zeitgenosse Bachs namens Buxtehude war da weitaus besser bekannt.
Nicht aufgrund seiner Kompositionen, sondern wegen seiner Virtuosität auf der Orgel.
Und das wusste Buxtehude für sich zu nutzen, um Frauen und andere Gesellschaft
von sich zu überzeugen. So verhielt es sich mit Paganini, mit Liszt oder unseren
heutigen Musikern aus der Popularen Musikwelt.
W.A. Mozart oder Max Reger, bekannte Beispiele, griffen nicht selten zur Flasche,
eben nicht weil sie so beliebt waren oder ihre Kompositionen herausragend.
Allein Beethoven war der erste, der es wirklich schaffte, seine Brötchen ganz frei
von Vorgaben mit eigener Musik zu verdienen und davon leben zu können.
Als Musiker ist man nach wie vor besser dran - um nicht am Ende der "Kette" als
Instrumentalist fast um's Nichts zu kämpfen, ganz hart ausgedrückt (außer
der Veranstaltungstechniker, der ist noch etwas ärmer dran) - wenn man Komponist,
Produzent und ausübender Künstler in einem ist und zu dem sein eigenes Label
gegründet hat.