dachte deutschland wäre schon über die grenzen hinaus berühmt berüchtigt für seine stets eskalierenden nachbarschaftsstreits.
http://www.focus.de/politik/deutschland/deutschland-dein-feind-der-nachbar_aid_149029.htmlDeutschland DEIN FEIND, der NachbarJeden zweiten Deutschen stört irgend etwas an seinem Nachbarn. Tausende führen Nervenkriege, prozessieren gegeneinander, und manche töten sogar
Der Traum vom Glück kostete 660 000 Mark und blieb ein Traum, weil eine Doppelhaushälfte, wie der Name schon sagt, die Hälfte von etwas ist, das man mit jemandem teilen muß.
Frohen Mutes bezogen Christine und Wolfgang Möller*, beide 33, sie Krankenschwester, er Elektriker, mit den beiden Kindern (sechs und neun Jahre alt) Anfang Herbst 1992 ihr neues Eigenheim im lauschigen Eichenau (Oberbayern). Ungefähr vier Wochen lang war die Welt in bester Ordnung – bis die Poltergeister kamen.
Zuerst fanden die jungen Eheleute jeden Morgen faules Obst und Gemüse im Garten, dann leere Flaschen, Eierschalen, Joghurtbecher, und der Efeu am Zaun düftelte nach Urin. Eines Abends, die „Tagesthemen“ hatten gerade begonnen, machte es „platsch“ auf der Terrasse, und der bereits vom Efeu her bekannte süßsäuerliche Duft verbreitete sich im Haus. Soviel war der Familie klar: Sollte nicht gerade ein nachttopfgroßer Vogel ihr Haus überflogen und sich dabei entleert haben, dann konnte der Fäkalienschwall nur aus der Nachbarwohnung stammen.
Die Eheleute fanden das gar nicht komisch und riefen die Polizei. Nachbar Hans Grimm*, ein relativ stattlicher, aber offenbar cholerischer und zu jeder Art normaler Kommunikation unfähiger Pensionär, beteuerte lautstark, er sei das nicht gewesen, und drohte mit seinem Anwalt.
Die Polizei zog wieder ab – der Müll landete weiter im Garten. Jeder Versuch, Grimm zur Rede zu stellen, schlug fehl. „Er brüllte uns nur an“, klagt Frau Möller, „und wenn die Kinder draußen waren, imitierte er die Geste des Halsabschneidens. Die Kinder haben Angst vor ihm.“
Ärger mit dem Nachbarn – in deutschen Einfamilienhaussiedlungen und Mietskasernen ein Dauerthema. Je-den zweiten Bundesbürger stört irgend etwas an seinem Nebenanwohner (siehe Grafik Seite 82). Lärm, welcher Art auch immer, gilt als Störfaktor Nummer eins („Haben Sie auch einen Krachbarn?“ fragt „Bild“); Abfall und Dreck führen die Hitliste der geräuschlosen Ursachen an – und in diesem Punkt scheint Hans Grimm um die deutsche Meisterschaft zu kämpfen.
Angelika Breitner*, Anrainerin auf der anderen Seite der Möllers, griff wochenlang, wenn sie die Post aus dem Briefkasten nehmen wollte, in schimmligen Käse und verfaulte Wurst. Ihr Mann installierte eine Videokamera in der Küche, die nachts eine dunkle Gestalt bei der Speiseresteentsorgung filmte. „Es war nicht eindeutig zu erkennen, aber von der Statur her kann nur Grimm es gewesen sein“, sagt Frau Breitner. „Wir versuchten, mit ihm zu reden, aber er hat uns sofort angeschrieen.“
Der Rentner ist inzwischen dabei, die dritte Nachbarschaftspartei in Folge zu vergraulen. Die Vorvorgänger der Möllers, nennen wir sie Familie Bertels, zogen 1989 entnervt aus. „Dreck, Dreck, Dreck“, stöhnt Herr Bertels auf die Frage, was ihm zu seinem Ex-Nachbarn einfiele. Die Nachmieter hielten ebenfalls nur drei Jahre durch.
Nachdem jede Kontaktaufnahme mit Grimm fehlgeschlagen war, schaltete das Ehepaar Möller einen Anwalt ein. Der forderte den Rentner in drastischer Form auf, sein Treiben einzustellen. Grimm ließ seinen Anwalt kontern und stellte überhaupt nichts ein. Die verzweifelten Eheleute setzten einen Hilfe-ruf in die Münchner „Abendzeitung“ – außer FOCUS meldete sich niemand. „Schutz“, so Christine Möller resigniert, „ist von keiner Seite zu erwarten.“
Auch nicht von der Gemeinde. „Wir tun uns mit solchen Fällen unglaublich schwer“, sagt Sebastian Niedermeier, Bürgermeister von Eichenau, und hebt hilflos die Hände. Natürlich müsse die Gemeinde schlichtend eingreifen, aber, so Niedermeier, „wir haben einfach Schwierigkeiten, solchen Unruhestiftern etwas nachzuweisen. Die bestreiten dann einfach alles.“
Gerade Rentner und Pensionäre terrorisieren ihre Nachbarn, weiß der Hamburger Sozialpädagoge Professor Peter Struck, Verfasser einer empirischen Studie über Nachbarschaftskonflikte. Es handele sich dabei häufig um „einsame Menschen, die viel Zeit und keinen anderen Lebenssinn, kein Hobby haben“. Oft, so Struck, sei auch Neid im Spiel: „Alleinlebende Rentner, auch Singles, also Menschen mit wenig Sozialkontakten, gönnen anderen Menschen nicht, daß sie viele Kontakte haben, daß sie lustig und gut drauf sind.“
Die sozialwissenschaftliche Erklärung – im Fall Grimm, befand der Anwalt der Möllers, läge eine psychiatrische näher – hilft der schikanierten Familie kaum weiter. Was also tun? Dem Nachbarn leere Joghurtbecher über den Zaun zu flanken ist keine Straftat – die Polizei hält sich bei dergleichen Bagatellfällen raus. Bleibt der Gang zum Gericht.
Zwischen 400 000 und 500 000 Deutsche ziehen jahrein jahraus vor den Kadi, um ihre Nachbarschaftskonflikte juristisch auszufechten – der größte Klotz, mit dem sich die Zivilgerichte der Bundesrepublik beschäftigen müssen.
Sie streiten um die Höhe von Hecken, die Dauer des nächtlichen Duschens, um Hundegebell und Katzenkot, um die Belästigung durch Unkrautsamen, Baumwurzeln und Beischlafgestöhn, um Müll, Kinderlärm und Partymusik. Und sie informieren sich vorher bestens über ihre Rechte im Chaos der verschiedenen Landesverordnungen: Die auflagenstärkste Broschüre der saarländischen Regierung etwa trägt den Titel „Nachbarschaftsrecht im Saarland“; in Nordrhein-Westfalen ist der Ratgeber „Zäune, Pflanzen, Paragraphen“ ein Renner: Über eine Million Exemplare wurden bislang verkauft.
Egal, wer einmal angefangen hat, egal, wer im Recht ist – oder zumindest glaubt, im Recht zu sein -, es entsteht eine Kette ohne Ende. Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn er es mit der Spezies Nachbar zu tun bekommt, einer Spezies, die offenbar, gemessen an allen anderen Vertretern der Obergattung Bürger, bloßen Vernunftgründen gegenüber am unzugänglichsten ist.
Bis daß der Tod euch scheidet: So befehdeten sich etwa zwei Nachbarn in Niederbeerbach (Odenwald) quer durch alle Gerichtsinstanzen um drei Quadratmeter Nutzfläche. Der eine hatte durch einen neuen Zaun die Einfahrt zum Grundstück des anderen auf Nadelöhrgröße eingeschränkt, der wiederum holte sich die drei abgeknapsten Quadratmeter Scholle zurück, indem er die Straße vor seinem Anwesen verengte.
Mehr als zwanzig Jahre tobte der Streit zwischen den beiden Okkupanten – erst der Tod des einen beendete den grimmigen Zweikampf.
In Bergisch-Gladbach duellierten sich zwei Nachbarn so lange, bis sie durch die anfallenden Gerichtskosten völlig verarmt waren und ihre Häuser versteigert werden mußten.
Dabei können die Gerichte kaum helfen. Jeder Sieg gegen den Wandan-Wand-Gegner ist ein Pyrrhussieg. Selbst wenn am Ende ein Urteil gesprochen wird, der Nachbar bleibt – und mit ihm die tägliche Feindberührung.
„Zerbrochene Liebschaften und Nachbarschaftsstreitigkeiten sind die unangenehmsten Fälle“, sagt Thomas Schäfer, Richter am Amtsgericht Berlin-Spandau. „Man faßt sich an den Kopf und fragt: Warum einigen die sich nicht?“ In den seltensten Fällen gelingt den Richtern ein Vergleich: Es geht den Kampfhähnen schließlich ums Prinzip – und wenn die Gartenzwerge fliegen.
Für den Münchner Anwalt Hermann Messmer sind Nachbarschaftskonflikte „Schulbeispiele, wie Kriege entstehen“. Der „Weg der Aussprache“, kommentiert Sozialpädagoge Struck, werde zumeist durch den „Umweg von Beleidigungen und kleinen Racheakten“ ersetzt. Da werden Autos so geparkt, daß der andere keinen Platz mehr findet und Pizzas auf den Namen des verhaßten Gegenübers geordert. Über Telefonterror, anonyme Briefe, Videoüberwachung oder das Ausstreuen negativer Gerüchte eskaliert der Zoff zum Kleinkrieg. Irgendwann folgt die erste Anzeige, und der Prozeß kann beginnen.
Einigen reicht das nicht – sie legen noch eins drauf:
Dezember 1993: Kurz vor Weihnachten endet ein Nachbarschaftsstreit im oberbayrischen Fürstenfeldbruck tödlich: Nach jahrelangen Auseinandersetzungen ersticht ein 64jähriger Rentner seinen 50jährigen Nachbarn bei einer Rauferei.
Januar 1994: Wegen zweier gestohlener Elektrosicherungen gerät ein 37jähriger Mann derart in Wut, daß er seinen Nachbarn und seinen eigenen Freund mit Faustschlägen tötet – geschehen im Kleinstädtchen Kelbra (Sachsen-Anhalt).
März 1994: In Bremen wird ein 55jähriger Mann verdächtigt, seinen Müll in fremde Abfallbehälter zu stopfen. Als ihn drei Hausbewohner deswegen zur Rede stellen wollen, greift er zum Messer und ersticht einen gleichaltrigen Nachbarn.
Mai 1994: Ein lange schwelender Streit zwischen einer deutschen und einer türkischen Familie endet in einer handfesten Massenkeilerei, bei der zwei Deutsche erheblich und zwei Türken leicht verletzt werden. In die Nachbarschafts-Randale im Mannheimer Stadtteil Waldhof, von der Gesinnungspresse sofort zu ausländerfeindlichen Unruhen stilisiert, sind zuletzt an die 150 Personen verwickelt.
Juni 1994: In Birkenfeld (Rheinland-Pfalz) kulminiert ein jahrelanger Zoff zweier Nachbarn in einer Messerstecherei; einer der beiden Männer wird lebensgefährlich verletzt.
Juli 1994: Mit einer Zaunlatte erschlägt ein 38jähriger Deutscher seinen 31jährigen kurdischen Nachbarn, der ihn zuvor mit einem asiatischen Kampfholz bedroht hatte. Grund des Duells im niedersächsischen Hameln: Der Deutsche, bekennender Muslim, und der Kurde, jesidischen Glaubens, fochten einen Religionskrieg aus.
September 1994: In Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) fühlt sich ein 38jähriger Kraftfahrer durch eine Party im Hof gegenüber belästigt und schreit nach Ruhe; als der Partygastgeber vor das Hoftor tritt und mit ihm reden will, feuert der Nachbar mehrere Pistolenschüsse auf ihn ab (siehe Kasten Seite 84).
Verbissenheit als Volkscharakter? Dem in Deutschland lebenden spanischen Publizisten Heleno Sana scheint es manchmal, „als ob die Aggressionen, mit denen die Deutschen früher fremde Nationen überfielen, sich jetzt oft gegen die eigenen Landsleute richteten“. Die Deutschen, sinniert Sana weiter, „tragen keine Waffen mehr, leben aber häufig untereinander im Zustand des Krieges“. Es gebe „kaum versöhnende Gesten, nur Entzweiung und Zwietracht“.
Auch der Psychologe Volker Linneweber, Privatdozent an der Universität Saarbrücken, hält die Zwietracht unter Nachbarn für ein Phänomen, das besonders in Deutschland ausgeprägt ist – wegen der Unfähigkeit der Deutschen, „Konflikte relativ früh anzugehen und gar nicht erst eskalieren zu lassen“ (siehe Interview Seite 85). Von seinen Nachbarn, resümiert Linneweber, der mit einer Studie zu diesem Thema habilitiert hat, erwarte der Durchschnittsbürger „einerseits Toleranz eigenen Aktivitäten gegenüber, andererseits maximale Rücksichtnahme“. Also ein Unding.
Jeder Deutsche, befand schon Goethe, habe „so ein eignes Fürsich, das er sich nicht gern möchte nehmen lassen“. Dieses „Fürsich“ wird abgesperrt mit Zäunen, Hecken, Alarmanlagen, Hunden und Videokameras und besser gepflegt als das eigene Gebiß – wehe dem, der in diese heile Welt eindringt.
Der typische Streithahn, weiß Sozialpädagoge Peter Struck, „lebt in Einzelhaussied-lungen mit relativ kleinen Grundstücken. Das sind Leute, die 40 Jahre gespart oder Kredite abgestottert haben, nicht in den Urlaub fahren können und ihre kleine Welt so stark pflegen, daß jeder noch so geringfügige Angriff von außen als Angriff auf die eigene Existenz empfunden wird“.
In Wohnsilos und Trabantenstädten dagegen, wo, so Struck, ein „nichtspießiger Personenkreis“ lebt, „reduziert ein hohes Maß an Solidarität die Streitbereitschaft“.
Nicht, daß man sich dort nicht streitet – es geht in Mietshäusern vor allem um Lärm und gemeinsam genutzte Räume – aber „der Kampf wird erbitterter, sobald es sich um Wohnungseigentum handelt“, bestätigt Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbundes.
Als Beispiel führt Ropertz folgende Konstellation an: Ein Mann hat sich bis über beide Ohren verschuldet und Wohneigentum erworben, weil er endlich seine Ruhe haben will, ein anderer, weil er endlich in Ruhe Klavier üben will. Diese beiden werden nun Nachbarn. Noch Fragen?
Hier liegen nicht nur die Nerven blank, weil das Ohr sich gestört fühlt, hier tritt ein Luxusphänomen zutage. Wo das Leben „funktioniert“, weil man schließlich viel Geld dafür investiert hat, da soll auch der Nachbar „funktionieren“ – also eben nicht stören. Der Nachbar denkt genauso, alles weitere folgt daraus.
Diesen wachsenden Egoismus macht der Augsburger Sachbuchautor Gerald Drews** für den Krieg am Gartenzaun verantwortlich. Jeder, so Drews, sehe „nur noch sich und seine Rechte“. In einem Land, wo jede dritte Ehe geschieden werde, rechnet Drews vor, sei es gar nicht verwunderlich, daß sich Nachbarn in die Haare gerieten – einen Ehepartner wählt man immerhin vorher noch aus.
„Eines sollte klar sein“, schreibt Drews: „Jede Störung des gutnachbarlichen Verhältnisses schlägt einem aufs Gemüt. Vorausgesetzt, man hat eins.“
Hans Grimm hat keins, die Familie Möller gleich vier – so einfach ist die Verteilung. Nach zwei Jahren Nervenkrieg steht das Paar inzwischen kurz vor der Kapitulation. Aber verkaufen wollen die Möllers ihr heimgesuchtes Heim nicht: Sie denken darüber nach, ob sie ihre Doppelhaushälfte an die Gemeinde vermieten – für die Aufnahme von Asylbewerbern.
Muß eine Geschichte über den absurden täglichen Kleinkrieg am Gartenzaun so traurig enden? Eigentlich nicht. Zum Abschluß also noch eine Schmonzette.
In einem Kölner Vorort sah sich ein Opernsänger mit einer Beschwerde seiner Nachbarin konfrontiert. Die Dame fühlte sich durch die täglichen Stimmübungen des Tenors gestört, weil sie, so die Begründung, daheim ihrem Beruf nachgehen müsse.
Die Nachbarin ist Prostituierte.
In Deutschland werden jährlich zwischen 400 000 und 500 000 Nachbarschaftsstreitigkeiten vor Gericht ausgetragen
GERICHTSURTEILE
EHEKRACH ZUR SCHLAFENSZEIT
Nach Ansicht des Düsseldorfer Amtsgerichts muß der Nachbar kurze Wortgefechte als „Bestandteil kommunikativer Begegnungen von Menschen, insbesondere Ehepaaren“ tolerieren – auch während der Nachtruhe. Dauert der Zank allerdings länger als eine halbe Stunde, müssen die streitbaren Eheleute mit einer Geldbuße wegen nächtlicher Ruhestörung rechnen.
KINDER = LÄRM
„Kinder“, befand das Amtsgericht Neuss in einem Urteil, „können nicht wie junge Hunde an die Kette gelegt werden. Wer Kinderlärm als lästig empfindet, hat selbst eine falsche Einstellung zu Kindern. Ein Mehrfamilienhaus“, schlossen die Richter weise, „ist kein Kloster.“
AUF DIE HAUSORDNUNG GEPFIFFEN
„Das schrille, über Stunden andauernde Pfeifen eines Graupapageis, der in einer Wohnung eines Mehrfamilienhauses in reiner Wohngegend gehalten wird, übersteigt die in einer solchen Gegend ortsübliche Lärm-belästigung durch Tiere erheblich und muß nicht hingenommen werden“, entschied das Düsseldorfer Oberlandesgericht. Man könne dem Besitzer des Vogels durchaus zumuten, das Tier beim Verlassen der Wohnung mitzunehmen oder es ganz abzuschaffen.
ZOFF AM ZAUN
WILDWEST
BESCHOSSEN: Gewaltsam endete eine Party in Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz). Der Nachbar fühlte sich vom Partylärm gestört und brüllte um Ruhe. Als Gastgeber Uwe Keul vor sein Haus trat, um mit seinem Gegenüber zu reden, griff dieser zur Pistole und feuerte mehrere Schüsse ab. Querschläger landeten im Hoftor (Bild rechts), Keul blieb unverletzt.
FROSCHGEQUAKE
SKURRIL: Die lärmenden Liebesspiele seiner Frösche bescherten dem Ingolstädter Anton Börner Krach mit seinem Nachbarn – Prozesse bis hinauf zum Bundesgerichtshof. Die Frösche spektakeln bis heute. Die Regierung von Oberbayern, zuständige Naturschutzbehörde: „Fröschen kann man das Quaken nicht verbieten.“
TERROR
LANGEWEILE: „Tatütata, der böse Nachbar ist wieder da“, titelte „Bild“, als Hartmut B. durchdrehte. Der arbeitslose Elektriker aus Bobbau (bei Halle) beschallte seine Nachbarn mit Rockmusik, behängte Bäume mit klappernden Bierdosen, setzte ein benachbartes Gewächshaus unter Wasser. Der Unhold gab erst Ruhe, als ein 60jähriger Nachbar einen Herzinfarkt erlitt.
KLASSISCHE KONFLIKTAUSLÖSER
1 DER MUSIZIERENDE NACHBAR Der eine will seine Ruhe haben, der andere will in Ruhe musizieren – und der Nachbarschaftskrach kann beginnen.
2 HAUSTIERE Hunde bellen, Katzen akzeptieren keine Zäune, Exoten machen Angst, Papageien Krach – des einen Freud, des andern Frust.
3 PARTYS Bei Partys stört nicht nur der Lärm. Oft ist es auch der Neid auf das Vergnügen der anderen, der kontaktarme Nachbarn auf die Palme treibt.
4 GRENZEN Die Festung Eigenheim wird ständig von feindlichen Nachbarn belagert, die mit einem um Zaunabstände, Heckenhöhen, die Breite von Wegen oder um überhängende Äste streiten wollen.
WIE KONFLIKTE ESKALIEREN
„A leidet unter dem, was B tut. B fühlt sich durch die Empfindlichkeit von A in seiner Entfaltungsfreiheit beeinträchtigt.
So wächst auf beiden Seiten sich hochschaukelnd ein Feindbild heran, das nicht nur zu Haß führt, sondern auch zu der besonderen Sensibilität, sämtliche Lebensäußerungen des Nachbarn wahrzunehmen und aus der Fülle der Details mosaikartig und selbstrechtfertigend das Bild eines Monsters zusammenzubauen.“
Professor Peter Struck, Sozialpädagoge
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* Alle Namen wurden auf Wunsch der belästigten Anwohner geändert. ** Gerald Drews, Dürfen Nachbarn alles?, Heyne, München 1994