Wieso trinken Menschen sinnlos Alkohol?
02.09.2007 um 02:18
Der Beginn des Konsums alkoholischer Getränke ist immer sozial motiviert. Im Gegensatz zu durchschnittlichen Trinkern empfindet der spätere Alkoholiker befriedigende Erleichterung, entweder weil seine inneren Spannungen größer sind oder er, im Gegensatz zu anderen, nicht gelernt hat, mit diesen umzugehen. Anfangs schreibt der Trinker seine Erleichterung eher der Situation zu (lustige Gesellschaft) als dem Trinken. Er sucht Gelegenheiten, bei denen beiläufig getrunken wird.
Im Laufe von Monaten bis Jahren lässt seine Toleranz für seelische Belastungen so sehr nach, dass er praktisch tägliche Zuflucht im Alkohol sucht. Da er nicht offen betrunken ist, erscheint sein Trinken weder ihm noch seiner Umgebung verdächtig. Mit der Zeit erhöht sich die Alkoholtoleranz. Der Alkoholiker entwickelt einen gesteigerten Bedarf. Nach weiteren Monaten bis Jahren geht das Stadium vom gelegentlichen zum dauernden Erleichterungs- /Entlastungstrinken über. Für die gleiche Wirkung wirdimmer mehr Alkohol benötigt
Die chronische Phase endet in der Zerstörung des Menschen. Der Alkoholiker baut ethisch ab, Rauschzustände werden länger.
Bei einigen treten alkoholische Psychosen wie Schizophrenie auf. Der Betroffene trinkt mit Personen weit unter seinem bisherigen sozialen Niveau. Falls keine alkoholischen Getränke verfügbar sind, konsumiert er unter Umständen sogar auch vergällten Alkohol (z. B. Brennspiritus, siehe unter Ethanol).
Auf Jellinek geht auch die gebräuchlichste Einteilung von Erscheinungsformen der Alkoholkrankheit zurück:
Der Alpha-Typ (Erleichterungstrinker) trinkt, um innere Spannungen und Konflikte (z. B. Verzweiflungen) zu beseitigen („Kummertrinker“). Die Menge hängt ab von der jeweiligen Stress-Situation. Es besteht vor allem die Gefahr psychischer Abhängigkeit, da noch keine körperliche Abhängigkeit eingetreten ist. Alphatrinker sind nicht alkoholkrank, aber gefährdet.
Der Beta-Typ(Gelegenheitstrinker) trinkt bei sozialen Anlässen große Mengen, bleibt aber sozial und psychisch unauffällig. Betatrinker haben einen alkoholnahen Lebensstil. Gesundheitliche Folgen entstehen durch häufigen Alkoholkonsum. Sie sind weder körperlich noch psychisch abhängig, aber gefährdet.
Der Gamma-Typ (Rauschtrinker, Alkoholiker) hat längere abstinente Phasen, die sich mit Phasen starker Berauschung abwechseln. Typisch ist der Kontrollverlust: Er kann nicht zu Trinken aufhören, auch wenn er bereits das Gefühl hat, genug zu haben. Auch wenn er sich wegen der Fähigkeit zu längeren Abstinenzphasen sicher fühlt, ist er alkoholkrank.
Der Delta-Typ (Spiegeltrinker, Alkoholiker). Die Bezeichnung Spiegeltrinker bezieht sich bei dieser Alkoholismusform auf den Blutalkoholspiegel, also die Konzentration des Alkohols im Blut des Abhängigen; diese wird von ihm möglichst gleichbleibend im Tagesverlauf (und auch nachts) gehalten. Dabei kann es sich durchaus um vergleichbargeringe Konzentrationen handeln, die aber im Verlauf der fortschreitenden Erkrankung, und der damit sich erhöhenden Alkoholtoleranz, dann ansteigen. Der Abhängige bleibt lange Zeit sozial unauffällig („funktionierender Alkoholiker“), weil er selten erkennbar betrunken ist.Dennoch besteht eine starke körperliche Abhängigkeit, so dass er ständig Alkohol trinken muss, um Entzugssymptome zu vermeiden. Durch das ständige Trinken entstehen körperliche Folgeschäden. Deltatrinker sind nicht abstinenzfähig und alkoholkrank.
Der Epsilon-Typ (Quartalssäufer, Alkoholiker) erlebt in unregelmäßigen Intervallen Phasen exzessiven Alkoholkonsums mit Kontrollverlust, die Tage oder Wochen dauern können. Dazwischen kann er monatelang abstinent bleiben. Epsilontrinker sind alkoholkrank.
Bei einmaligem Alkoholmissbrauch
Übermäßiger Alkoholkonsum schädigt den Körper auf vielfältige Weise. Ab einer gewissen Blutalkoholkonzentration tritt eine Alkoholvergiftung ein. DerSchweregrad reicht von leichten Rauschzuständen (0,5-1,0 ‰) bis zum alkoholischen Koma. Blutalkoholkonzentrationen von über 4 ‰ führen häufig zum Tode, es wurden jedoch auch schon 7 ‰ im Zuge von Verkehrskontrollen bei Autofahrern dokumentiert.
Langfristiger Alkoholmissbrauch führt zu zahlreichen chronischen Folgekrankheiten. Alkoholkonsum beeinträchtigt den Stoffwechsel, insbesondere den Fettstoffwechsel. Typische alkoholbedingte Schädigungen der Leber sind etwa Fettleber, Alkohol-Hepatitis und Leberzirrhose. Äußerlich können sie von Leberhautzeichen begleitet sein. Die Bauchspeicheldrüse kann sich entzünden oder durch einen Diabetes mellitus betroffen sein. Das Muskelgewebe der Skelettmuskulatur und des Herzmuskel wird geschädigt (Alkoholische Myopathie). Weitere Erkrankungen sind Gicht und Hormonelle Störungen.
Chronischer Alkoholkonsum, oft in Verbindung mit Fehlernährung oder Tabakkonsum, schädigt die Schleimhäute in Mund, Rachen, Speiseröhre undMagen. Am häufigsten sind Speiseröhrenentzündungen und Magenschleimhautentzündungen (Gastritis). Krebserkrankungen im Nasenrachenraum und Kehlkopfkrebs sind bei Alkoholkranken häufiger als in der übrigen Bevölkerung. Als Folge der Leberzirrhose können sich auch Krampfadern in der Speiseröhre bilden. Die gerötete Knollennase (Rhinophym) wird durch Alkoholkonsum nicht verursacht, aber verschlimmert.
Das Herz-Kreislauf-System ist ebenfalls betroffen. Alkoholmissbrauch kann zu Bluthochdruck, Herzmuskelerkrankungen, Koronarer Herzkrankheit und Anämie führen.
Alkoholkonsum beeinträchtigt Gehirn und Nervensystem. Schon bei einzelnen Räuschen treten Gedächtnislücken („Filmrisse“) auf. Langfristig bilden sich chronische neuropsychologische Defizite in den Bereichen Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis, Lernfähigkeit, räumliches Vorstellungsvermögen, Zeitwahrnehmung und Problemlösungsstrategien. Dazu kann es zu sozialen Störungen wie dem alkoholischenEifersuchtswahn und zu sexuellen Deviationen kommen.
Eine über Jahre bestehende Alkoholkrankheit führt häufig zum Absterben der Purkinjezellen in der Kleinhirnrinde. Die Folge davon sind Ataxie und andere Symptome einer schweren Kleinhirnschädigung. Weitere Krankheiten in diesem Zusammenhang: Wernicke-Korsakow-Syndrom, Hepatische Enzephalopathie, alkoholbedingte Polyneuropathie, alkoholischer Tremor, funikuläre Myelose, zentrale pontine Myelinolyse, Hirnatrophie, Hirngefäßschädigungen (Schlaganfälle und Hirnblutungen), epileptische Anfälle und delirium tremens. Bedingt durch die epileptischen Krampfanfälle und der damit verbundenen Übersäuerung des Muskelgewebes kann es zu einer Erhöhung des Kreatininspiegels kommen was zu einer irreversibelen Schädigung der Nieren führen kann.