Die Schönheit einer Lüge
16.11.2006 um 10:45
Allgemein sehe ich eine Lüge als ein Zeichen von Schwäche, meist basierend auf einemfehlenden Selbstbewußtsein, an, dies nehme man als Basiskonstrukt und baue viele kleineoder größere Geschichten rund um sich als Person herum auf. Schon ist die Scheinwelt fastperfekt und man kann womöglich das sein, bzw. sich einbilden das zu sein, was man gerneverkörpern würde, man bedenke aber die immense, stetig steigende psychische undintellektuelle Anstrengung die nötig ist, eine Lüge auch weiterhin aufrecht zu erhalten,sie in aller Konsequenz weiterzuführen, was wiederum weitere Lügenfäden nach sich ziehenkann und dies meistens auch tut. Wer einmal richtig lügt, und damit meine ich nun keinekleine Flunkerei à la "nein ich hab nichts aus der Keksdose genommen", der wird dadurchimmer tiefer in eine selbst erschaffene Verstrickung hineingezogen aus welcher sich zubefreien mit der Zeit ebenso schwieriger als für den Lügenden auch unmöglicherscheinender wird. Wenn jemand bereits bewußt Falschinformationen über sich selberverbreitet, muß dahinter eine Unausgeglichenheit dieser Person bestehen, zusammen miteiner sicherlich nicht geringen Angst -wie groß muß diese Angst dann erst sein, die Lügevor den Belogenen als solche zu entlarven; so täuschen sich viele Menschen mit der Zeitgar selber und beginnen, ihre Lügen in ihr Leben zu integrieren bis es soweit scheint,als würde sich ein gordischer Knoten gebildet haben.
Dann gibt es nochdiejenigen, welche über andere Lügen verbreiten, meistens aus der Intention heraus,diesen schaden zu wollen, aus welchen Gründen auch immer, so etwas verurteile ich auf'sSchärfste und habe absolut kein Verständnis dafür. Auch dieses Lügenverhalten hängtmeiner Meinung nach mit einem falschen Selbstbewußtsein zusammen, wenn auch nicht sooffensichtlich wie bei Lügen, die sich auf die eigene Person beziehen.
Zu guterletzt ist da noch die große Frage, wie man sich verhält, wenn einem etwas Schlimmesoffenbart wird, das eine andere Person betrifft und diese definitiv furchtbar treffenwürde: wie verhält man sich da? Ich bin grundsätzlich eine absolute Freundin derEhrlichkeit und möchte immer, ganz egal was ist, die Wahrheit gesagt bekommen,doch gibt es auf der anderen Seite auch Menschen, die mit einer Hiobsbotschaft so reingar nicht umgehen können, da diese ihr Befinden drastisch verschlechtern würde.
Hiereine Gradwanderung zwischen Sensibilität, Einfühlungsvermögen und einem bewußten lügen zufinden, halte ich für sehr schwierig und denke, daß er dafür kein Patentrezept gibt. Mirfällt das Beispiel eines todkranken Menschen ein: dieser weiß nicht, daß er nur noch einebegrenzte Zeit zu leben hat, was medizinisch eindeutig ist, zwar bekam er die Diagnoseeiner schweren Krankheit -nehmen wir einmal Krebs-, doch nach einer Therapie bessert sichsein Zustand zuerst und er schöpft ungeheure Kraft aus dem Gedanken, wieder gesund zuwerden. Nahestehende Personen wissen aber nun mit völliger Gewißheit, daß diese Krankheitwieder ausbrechen wird und immer tödlich verläuft -sollen sie es dem Kranken sagen, weiler ein Recht darauf hat und ihn somit aber in diesem Fall gewiß psychisch schwächen, odersollen sie es ihm verschweigen, belügen, ihm dadurch aber seinen Lebenswillen so starkerhalten? Ich kann diese Frage nur für mich beantworten, wie ich es oben bereits tat,doch für andere zu entscheiden fällt mir in diesem Fall nicht leicht, es ist eineGradwanderung.
Dennoch bin ich persönlich der Ansicht, daß eine Lüge immernegative Konsequenzen nach sich ziehen muß und mitnichten als "schön" bezeichnet werdenkann, da ihre Schönheit nur eine vermeintliche ist, welche die klare Sicht trübt und dieSeele mit harten Fesseln umhüllt, welche die Entwicklung des Individuums nur hemmen.