Der rosa Elefant ist eine optische Sinnestäuschung, eine
Halluzination, mithin ein Wahrnehmungserlebnis
ohne entsprechenden Außenreiz, der aber trotzdem für einen wirklichen Sinneseindruck gehalten wird. Halluzinationen werden auch als Trugwahnehmungen bezeichnet.
Wird die Unwirklichkeit erkannt, spricht man von Pseudohallizunationen, welche wiederum von
Illusionen zu unterscheiden sind. Bei Illusionen wird etwas wirklich Gegenständliches für etwas anderes gehalten, als es tatsächlich ist.
Wahn hingegen ist eine subjektive, nicht korrigierbare Überzeugtheit, die im Widerspruch zur Realität und zur Überzeugung der Mitmenschen steht. Das Problematische daran ist: Der Betroffene kann den Wahn selbst durch Erfahrung nicht korriegieren. Meistens nicht (s. u)!
Im Gegensatz zur Halluzination (rosa Elefant) ist eine Wahnwahrnehmung die
falsche Interpretation einer richtigen Sinneswahrnehmung. Die rote Ampel will mir etwas sagen ...
Ein typisches Wahnerleben ist der Beeinträchtigungs-/Verfolgungswahn: Der Betreffende erlebt sich wahnhaft als Ziel von Beeinträchtigungen und Verfolgungen.
Wie unterscheidet man selbst zwischen Wahnvorstellung und Realität?
Selbst - so gut wie gar nicht.
Der Wahn ist nicht nur ein Irrtum, wie die alte Psychiatrie annahm oder eine Störung der Realitätswahnehmung, wie die moderne Psychiatrie glaubt, sondern aus tiefenpsychologischer Sicht eine stark emotional beladene und
intensiv vom Betreffenden verteidigte Überzeugung, ein Glaube.
Wahn ist nicht grundweg negativ - sondern psychodynamisch ein Bewältigungsphänomen, eine Coping-Strategie mit dem der Betreffende kreativ und produktiv auf was auch immer in seinem (Er)Leben reagiert (z. B. um nicht schizpohren zu werden) - und sich damit kontrolliert.
Im Zustand des Verfolgungswahns gewinnt der Verfolgte die absolute Gewissheit, dass er vom Verfolger sehr genau gesehen (beobachtet, ausgespät, ausgeforscht ...) wird (weil man ja Ziel seiner Anfeindungen ist), auf der anderen Seite kann man sich selbst sehr gut sehen,
sich spüren und sich als "Verfolgter" benennen.
Wahn als Coping-Strategie "wirkt" also gegen den Zusammenbruch der Kohäsion des Selbst, wie man es von der Schizophrenie her kennt. Das äußerlich teilweise beobachtbare Verhaltensmuster ist das einer verstärkten Wahrnehmung der Umgebung - auch im Freundeskreis - und einer fast misstrauisch wirkenden Suche nach potenziellen äußeren Gefahren.
Warum Wahn
unkorrigierbar ist, von außen (Therapeut, andere Menschen) und selbst (die Fragestellung hier im Thread), die Antwort darauf beginnt man am besten mit der Killer - Prüfungsfrage für Mediziner im Fach Psychiatrie: "Warum kann sich bei Kleinkindern kein Wahn entwickeln?"
Die Antwort lautet: Weil der frühkindliche Egozentrismus noch nicht überwunden ist. Das Kleinkind kann sich noch nicht relativieren, ihm fehlt die Fährikeit zur Perspektivübernahme. Der Realitätsbezug der eigenen Realität hält sich die Wage zur Realität der gemeinsamen Realität mit anderen Menschen.
Die ich-bezogene Denkweise des Kleinkinds im Sinne des frühkindlichen Egozentrismus ähnelt insofern dem wahnhaften Denken des Erwachsenen, dem es an der sogenannten
Überstiegsfähigkeit mangelt, also der souveränen möglichkeit, zwischen der gemeinsamen Realität, die der einzelne mit seinen Mitmenschen teilt, und einer individuellen Vorstellungswelt (Nebenrealität)
FreakySmiley schrieb:Also, mir ist irgendwann aufgefallen das ich immer Recht habe
zu wechseln.
Warum ist das aus psychodynamischer Sicht so? Wahnhafte Denk- und Verhaltensmuster sind aus einem
inneren Bedürfnis entstanden, was schon daran zu erkennen ist, dass der Wahnkranke sich nicht veranlasst sieht, seine ungewöhnlichen Vorstellungen und Wahrnehmungen auf ihre Gültigkeit zu überprüfen. Der Wahn stellt eine innere Notwendigkeit dar, die er nicht aufgeben kann.
Aus dem Dilemma heraus führt allenfalls ein schmaler Weg - Selbstreflexion ...und das Diktat des Faktischen.
Wahnhafte Menschen erleben im sozialen Umfeld einen Schiffbruch nach dem anderen. Wer dies bemerkt und zur Selbstreflexion fähig ist, dem entgeht sein Desaster nicht auf Dauer. Es entsteht ein neuer intrapsychischer Konflikt: Das natürliche Bedürfnis, Sozialkontakte herzustellen und Bindungen einzugehen, gerät zu einem Gegensatz zu dem Bedürfnis nach Selbstschutz durch Aufrechterhaltung des zuvor genannten inneren Bedürfnisses - meist durch Aufrechterhaltung des Selbstwertgefühls und der Selbstsicherheit. Wenn der Betroffene an diesen Punkt gekommen ist, führt er u. U. einen weiteren Abwehrmechanismus ins Feld, den der "Beziehungsphobie", um seinen Rückzug zu rechtfergigen, was allerdings nur eine weitere Pseudolösung darstellt, weil auch auf diese Weise der Selbstschutz auf Kosten der Bindungs- und Kontaktbedürfnisse, die geopfert werden, gesichert wird.
Das Leben zwingt zuweilen, falsche Interpretation einer Sinneswahrnehmung aufzugeben. Ein Beispiel:
Ein Autofahrer hört im Radio die Durchsage: "Achtung! Achtung! Auf der A 2 kommt Ihnen ein Geisterfahrer entgegen. Fahren Sie bitte rechts und überholen sie nicht!"
Der Autofahrer: Was heißt hier einer? Dutzende!"
@Nicolaus Dein Beitrag hat mir gut gefallen. Ich wünsche Dir und allen Mitlesern einen guten Rutsch und ein gesundes, zufriedenes 2016.