McDojos im deutschsprachigen Raum?

Wer sich ernsthaft mit Kampfkunst, Kampfsport oder Selbstverteidigung befasst, der weiss, dass qualitativer Fortschritt oft eine lange Zeit und viel Training braucht.
Sei es nun Karate oder Krav Maga, niemand wird über Nacht und auch nicht innerhalb eines Monats zum Meister.

Niemand?

Nun, tatsächlich haben sich auch im Bereich von KK/KS und SV Blender und rundweg Betrüger breit gemacht, die einem versprechen, dass man im Prinzip nur fleißig seine Mitgliedsbeiträge und die (jede Stufe steigenden und immensen) Prüfungsgebühren zahlen muss, um schnell ,,Fortschritte zu machen". Schweiß und Schmerzen und Verletzungen oder Vollkontaktsparring? Braucht man alles nicht, wer eine Wand auf die richtige Weise böse angucken kann, hat schon bewiesen, dass er gut genug ist, um es mit jedem Rambo aufzunehmen ;)

Oder besser gesagt: Um die Erlaubnis zu erlangen, mit einem schicken Gürtel, einer bunten Schärpe oder welches Zeichen auch immer für die Westler erfunden wurde, um ihnen das Gefühl zu geben, sie seien besser, als ein niederer Schüler oder sogar jemand außerhalb des KK-/KS-/SV-Systems.

Im englischsprachigen Raum hat sich dafür der Begriff ,,McDojo" gebildet.

McDojos produzieren regelrecht Schwarzgurte und X-te Meistergrade, teilweise können selbst unter-10-Jährige schon Meisterprüfungen ablegen.
Das Prüfungsniveau ist vergleichbar mit der Herausforderung, sich selbst die Schuhe zuzubinden oder gegen ein Stück Holz zu hauen, ohne in Tränen auszubrechen.

Wenn die Eltern/Schüler entsprechend bezahlt haben. Dafür erhält man dann in der Regel ein hübsch gestaltetes Zertifikat, das jedem, der es wissen will oder auch nicht, versichert, was man für einen fähigen Kämpfer man da vor sich hat.

In diesem Thread soll es darum gehen, ob solche McDojos, also Schulen, wo man nur allzu leicht und sinnloserweise Schüler- und Meistergrade verliehen bekommt, auch im deutschsprachigen Raum existieren?

Welche kennt ihr? Oder, falls sie eurer Meinung nach nicht existieren, warum kommen sie in unserem Raum nicht an?
Und welche Gefahren entstehen, wenn das Phänomen des McDojos um sich greift bzw. wenn Menschen sich dort ihre Grade abholen?

Kc schrieb:falls sie eurer Meinung nach nicht existieren, warum kommen sie in unserem Raum nicht an?

Ob hier in meiner Stadt welche existieren, weiß ich nicht. Die Schulen die wir haben sind alle irgend einen Verband angegliedert und ihre Historie ist sehr transparent und offen dargestellt.

Gegeben hat es das auch schon vor 35 Jahren. Wir nannten solche "Schüler" schlichtweg
"Gürtelreiter".

Wer die Kohle dazu hatte schrieb sich für die nächst höhere Gürtelprüfung ein, die oft auch im Ausland stand gefunden hat. Dann wurde gezielt auf das trainiert was bei der Prüfung verlangt wurde - und betreffender kam nach dem Wochenende mit ner anderen Farbe zum Training.

War nie mein Ding, bin irgendwann eh aus dem Gürtelsystem ausgestiegen.

Wenn es aber dieses phänomen gibt, oder auch den faktbestand das es seit dekaden schon so ist, was für nachteile hat es denn bis jetzt gehabt ?

Mal abgesehen davon das sowas natürlich am image kratzt.
Aber wenn es zu wettkämpfen kommt da müßten sich doch solche blender schnell herauskristallisieren.

Kc schrieb: falls sie eurer Meinung nach nicht existieren, warum kommen sie in unserem Raum nicht an?
Und welche Gefahren entstehen, wenn das Phänomen des McDojos um sich greift bzw. wenn Menschen sich dort ihre Grade abholen?

Soviel ich weiß muß man heut zu Tage irgend einen Verband angehören., um eine Schule aufmachen zu können. Tut man es einfach so wird das früher oder später wohl auffliegen das man dort nicht gelistet ist und der Laden wird einem zugenagelt.

Was soll da großartig für Gefahren von ausgehen? Letzt-endlich gefährdet sich der Gürtelreiter doch nur selbst wenn er meint er hats drauf, nur weil er ne dunkelfarbige Bauchbinde trägt.

Spätestens dann wer er von einem erfahrenen "Straßenkämpfer" richtig verdroschen wurde wird er seinen Gürtel wohl in die Ecke feuern.

Sollte es ein McDojo tatsächlich schaffen sich zu halten wird es mit Sicherheit auch das Klientel an Schüler anziehen denen es wirklich nur auf Urkunde und Gürtel an kommt.

Erfahrungsgemäß sind das nur Prügler...von denen u.U. eine gewisse Gewaltbereitschaft ausgehen kann.

aero schrieb:Aber wenn es zu wettkämpfen kommt da müßten sich doch solche blender schnell herauskristallisieren.

Ist auch so - aber nur dann wenn diese Blender überhaupt an Wettbewerben teilnehmen.

@Funzl
@Kc

Ja ich glaube schon das hier ein gravierender nachteil zu erkennen ist. Das diese leute mit diesem unausgegorenen gefühl trainiert zu haben um zu kämpfen, viel aggressionsbereiter sind als proffessionell, auch im psychischen sinn trainierte.

@aero

Mit Sicherheit gibt's solche Typen.....

Kc schrieb:dass man im Prinzip nur fleißig seine Mitgliedsbeiträge und die (jede Stufe steigenden und immensen) Prüfungsgebühren zahlen muss

Und deswegen hab ich damals mit Wing Tsun aufgehört. Ich bin doch nicht doof, wenn man mir schon sagt, dass man mir nichts neues beibringt, wenn ich die Prüfungen nicht mache.
Selbst mit 13 fällt das doch schon stark auf.

Bisher hab ich aber noch nichts gefunden, dass nicht auch so bescheuert aufgebaut ist, ob sie es nun Prüfungen oder Seminare nennen.

Kc schrieb:Das Prüfungsniveau ist vergleichbar mit der Herausforderung, sich selbst die Schuhe zuzubinden oder gegen ein Stück Holz zu hauen, ohne in Tränen auszubrechen.

Jeeeeeep. Ganz genau so, da fühlt man sich wirklich verarscht bei...

Kc schrieb:In diesem Thread soll es darum gehen, ob solche McDojos, also Schulen, wo man nur allzu leicht und sinnloserweise Schüler- und Meistergrade verliehen bekommt, auch im deutschsprachigen Raum existieren?

Ganz viele, meiner Erfahrung nach (siehe oben). Ich hab wie gesagt ne Menge gefunden, die dieses bekloppte Schülergrad-System haben.
Ich will doch einfach nur anständig was lernen, ohne monatlich zu dem Beitrag noch irgendwelche Seminare bezahlen und besuchen oder Prüfungen für Grundschulkiner für 60 Euro ablegen zu müssen...
Vor allem, von Förderung kann echt nicht die Rede sein. Ich war nach einem Jahr schon so weit, dass ich mit dem 1. SG das nur ein Jahr jüngere Mädel mit dem 9. SG ohne Probleme fertigmachen konnte. Ich konnte sinnvoll nur noch mit den Trainern selbst trainieren, alles andere war nur noch Einüben.

Ohne hier jetzt jemanden an die Wand stellen zu wollen, aber ich glaube, die WTEO wars.
Das ist einer der Dachverbände, aber ganz ehrlich: Ich glaube, es sind fast alle Verbände so und meine auch mal gelesen zu haben, dass man sich als Schule einem dieser Verbände anschließen muss.

@aero

aero schrieb:Ja ich glaube schon das hier ein gravierender nachteil zu erkennen ist. Das diese leute mit diesem unausgegorenen gefühl trainiert zu haben um zu kämpfen, viel aggressionsbereiter sind als proffessionell, auch im psychischen sinn trainierte.

Das glaube ich auch, und das ist ja ganz und gar nicht der Sinn von Kampfsport und -kunst.
Das Ding ist, dass es einige Kniffe gibt, die jeder Vollidiot lernen kann und die können, vor allem wenn man eben doch nicht so viel Ahnung davon hat, bei der Anwendung für beide Parteien schnell ins Auge gehen.

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Falls also jemand in Göttingen was kennt, was nicht nur solche Geldmacherei ist und wo ich auch anständig lernen kann (natürlich darf es was kosten, aber eben nicht ständig diese Prüfungsgebühren und Pflichtseminare etc.), bitte, bitte sagt mir bescheid! (Ist mir auch erstmal egal, was für Kampfsport / -Kunst, ich brauchs einfach mal wieder...) :)

@SilverDragon
@Funzl
@aero

Grade im Bereich Kungfu und Wing Chun (wie auch immer man das schreiben will) sowie Kendo find ich das ziemlich ausgeprägt mit der Orientierung rein auf Gürtel/Prüfungen und Seminare.

In beiden Fällen persönlich. Beim Kendo, das ich jahrelang gemacht hab, ging's schließlich nur noch um Vorbereitung für den nächsten Wettbewerb und Prüfung, aber ich hatte erstens eigentlich nie richtig Lust da drauf und auch nicht den Eindruck, wirklich was zu lernen. Und das, obwohl ich eigentlich kurz unter`m Meistergrad war :D

Zahlen durfte man natürlich immer schön.

Auch bei den verschiedenen Malen, wo ich Kungfu ausprobieren wollte, da sollte mir praktisch gleich nach der ersten Stunde ein Vertrag aufgedrängt werden. 70€ im Monat, plus Aufnahmegebüren, Passgebühren und was weiss ich noch alles, die Richtung.

Am geilste fand ich so einen Typ in HH-Altona:

Die Schule lag in so einer Art Hinterhofkeller, kleiner Raum, die Schüler alle ganz unterschiedliche Level, wurden von zwei Anfängern angeleitet, der ,,Meister" hat sich eigentlich kaum um die Anfänger gekümmert, ich durfte ohne Erklärungen oder so ein wenig ,,klebende Hände"-Übung machen mit einem anderen...

Und nach einer halben Stunde nahm mich der große Meister mit raus, fragte erwartungsvoll, wie ich es finden würde (offensichtlich einzige, akzeptable Antwort:,,GENIAL, wo kann ich unterschreiben!?"), was ich glauben würde, wie weit die Leute wären, die das Aufwärmen geleitet hätten...
Ich sagte zum Spaß:,,1 Jahr? 2 Jahre?" - aber NEIN, mit seinem genialen System waren sie schon nach ein paar Monaten so ,,gut" :D

Dann kam das Verkaufsgespräch, langer Vertrag, hohe Mitgliedsbeiträge (beim Eintritt hätte ich schon ein paar hundert Euro zahlen müssen) - aber er hätte ja Sponsoren, die könnten das übernehmen, wenn ich nur schön dauernd neue Mitglieder werbe...
Tja und als ich nicht anbiss, da war er beleidigt und meinte patzig:,,Ja dann kannst du jetzt gehen, was jetzt kommt, ist nur für Mitglieder!"

Ich musste so aufpassen, dass ich mich nicht kaputt lachte! :D


Glaube, man hat diese Schweinereien grade in den populären Kampfkünsten und SV-Bereichen, wo sich potenziell viel Geld abgreifen lässt.

Als Erfahrener weiss man natürlich mehr Bescheid. Aber was ist mit den Anfängern in Bezug auf KK/KS/SV, wie sollen die wissen, was gut ist?

Kc schrieb:Als Erfahrener weiss man natürlich mehr Bescheid. Aber was ist mit den Anfängern in Bezug auf KK/KS/SV, wie sollen die wissen, was gut ist?

In dem sie sich im Vorfeld informieren. Oder eben in einen anerkannte Sportverein trainieren.

Im Internetz-Zeitalter ist doch das einholen von Informationen ein Kinderspiel. Gibt doch für jeden *piiiiiiiiiiieeeeeeeeeeeep* zig hunderte Foren....

Also wenn man keinen draht zum kampfsport hat weiß man nur das was man als außenstehender mitbekommt.
Das es eben offenbar kampfsportschulen gibt wie sand am meer. Es klingt aber jetzt hier so für mich als wenn es da eine große grauzone gibt die sich nicht gebührend verhält und offensichtlich nur insidern bekannt ist. ...?....


Aber es kann doch nicht sein das es jetzt dort nur schwarze schafe gibt. Da muß es doch auch eine reihe von vereinen geben die das alles seriös handhaben.
Was ist mit denen ? Muß doch auch in ihrem interesse sein sich da nicht über einen kamm scheren zu lassen.

Wenn zb. in einer anderen branche, als beispiel jetzt mal (nicht lachen) schlüsseldienste, i-was ausufert wo der kundensevice drunter leidet, dann kommen da i-wann welche und tun dies kund.
Solche beispiele kennt man aus sendungen wie akte.2015 etc.

Kann man da nicht auch einmal mit versteckter kamera solche situationen in der kampfsport-scene heimlich fillmen ?
Es schreit doch geradezu danach das dieser neppsumpf trocken gelegt wird.

Oder ist das zu schwierig weil unübersichtlich ?

@Kc
Das kann man auf so viele Arten schreiben, weils da soweit ich weiß einige verschiedene Schreibweisen gibt, die alle irgendwie geschützt sind. Es ist immerhin ein profitables Produkt, das kann ja dann nicht einfach jeder dahergelaufene auch nehmen ;)

Ich wünsche mir wirklich, dass das aufhört.
Ich will doch einfach nur den Sport betreiben? Das macht einem echt die ganze Lust kaputt, wenn man ständig nur solche Typen antrifft...

@aero

aero schrieb:Da muß es doch auch eine reihe von vereinen geben die das alles seriös handhaben.
Was ist mit denen

Find die mal... Bei den McDojos (ich mag das Wort :) ) steht ja draußen auch nicht dran: "Kommen Sie rein, machen Sie irgendeinen Schrott und werfen Sie uns ihr Geld in den Rachen".

Ich will für mein Geld auch ein anständiges Produkt (wenn wir schon mal dabei sind), und Punkt.

@SilverDragon


Na ja, also ich sehe da jetzt nicht solch ein großes problem drin diverse vereine oder lokale ausfindig zu machen, die sich mit versteckter kamera als schwarze schafe entlarven lassen.

@SilverDragon

SilverDragon schrieb:Ich will doch einfach nur anständig was lernen, ohne monatlich zu dem Beitrag noch irgendwelche Seminare bezahlen und besuchen oder Prüfungen für Grundschulkiner für 60 Euro ablegen zu müssen...

Boxen und Muay Thai.
Damit kann man sich schon ganz gut fit halten.

@aero
Na, ne versteckte Kamera brauchst du nicht. Nur ein bisschen Ahnung, gesunder Menschenverstand geht auch, und eine kostenlose Übungsstunde (die gibts fast überall) ;)

@Heide_witzka
Ja, will ich auch beides gern ausprobieren, aber das ist hier so Ar...teuer! ;)

@SilverDragon


Aber es geht sich ja primär darum das ahnungslose, vor allem junge leute, nicht in diese neppverträge geraten.

Solange das aber nur insidern bekannt ist bringt das ja nichts. Dieses missverhältnis, das ja anscheinend doch viele stört, kann nur bekämpft werden wenn es zum allgemeinwissen gehört das, wenn man dort hingeht, es dann mit großer wahrscheinlichkeit so sein kann das man über den tisch gezogen wird.

Wenn jetzt aber leute denen dies passierte es grollend mit nachhause nehmen und schweigend in sich reinfressend für sich behalten wird das auch weiter für solche "trainerblender" ein lukratives geschäft bleiben, weil sich an diesem zustand nichts ändert.

@aero
Das ist zwar ein Problem, aber ich würde jemandem, der keine Ahnung hat, raten, sich von gewissen Dachverbänden einfach fernzuhalten und direkt am Anfang zu fragen, ob Kostenpflichtige Prüfungen abgelegt werden müssen oder Seminare besucht werden müssen.
Daran kann man schon erkennen, worauf es rausläuft.

@SilverDragon


Dein ansinnen scheint eine seriöse alternative für diesen zustand zu sein.

Aber es geht sich in diesem thread darum das leute anscheinend durch unwissenheit immer wieder in solche situationen geraten. Man muß diese situation offenbar erst erlebt haben um darüber bescheid zu wissen...vorher wäre aber angebrachter.

Deswegen muß da mmn mehr aufklärungsarbeit geleistet werden.

@aero
Man kann das Risiko einschränken, indem man sich vorher informiert.
Man kann auch als Außenstehender von Erfahrungen Anderer profitieren.
Eben durch Ratschläge, FAQs und Berichte von anderen.

@SilverDragon

Ja ist richtig SD, aber die leute müssen ERST MAL wissen das sie sich vorher informieren müßen....wenn sie das wüßten gäbe es die "McDojos"-scene und diesen thread doch gar nicht erst.