@Moire Moire schrieb:man kann bspw. Affen eine Menge beibringen, aber sie werden nur anwenden, was sie gelernt haben, nie ganz verstehen, warum der grüne Knopf für sie einen Apfel bedeutet. Dem widerspreche ich persönlich. Ich glaube, Tiere haben eben so ein Bewusstsein, sogar ein Selbstbewusstsein, sie nutzen es nur nicht so wie wir. (Vielleicht ohne Intellekt? Das würde deinem Einwurf zwecks dem Reflektieren ja entgegenkommen.)
Klingt für mich recht schlüssig, wobei ich zugeben muss das ich mich mit Bewusstsein bei Tieren nun nicht so intensiv beschäftigt habe.
Das Affen sich (ich nenne es mal so) bewusst sind, dass Knopf=Apfel, aber nicht verstehen wieso, könnte tatsächlich mit vorhandenem Bewusstsein aber mangelndem/eingeschränkten Intellekt zutun haben.
Aber gut, das führt hier vielleicht etwas weit.
Moire schrieb:Mhm. Ich würde nicht sagen, dass ich mit meinen Gedanken reflektiere. Für mich sind Gedanken schon eher etwas, das zu großen Teilen aus dem Bauch kommt. Ich reflektiere eher, in dem ich aus mir selbst heraustrete und die Gedanken & Gefühle, die ich wahrnehme, aus einer anderen Perspektive betrachte.
Ob diese bewusste Handlung jetzt aber aus meinem Bewusstsein resultiert oder aus meinem Intellekt, könnte ich in der Tat nicht unterscheiden,
Ich vermute wir sollte erst einmal die Definitionen klären.
Bei Diskussionen über Themen wie diese mangelt es ja leider oft an einheitlichen Definitionen. Dadurch kommt es oft zu Missverständnissen.
Definition Reflexion mal kurz von Wikipedia geklaut:
"Reflexion bedeutet etwa prüfendes und vergleichendes Nachdenken, Überlegen (wenn es auf eine geistige Tätigkeit bezogen ist). Das zugehörige Verb ist reflektieren und steht für grübeln, durchdenken oder nachsinnen."MMn. resultiert jegliches reflektieren über Dinge (allein schon aus der Definition heraus) aus dem Intellekt.
Man betrachtet etwas aus verschiedenen Blickwinkeln. Ein selbstreflektierter Mensch ist jemand der sich selbst (und seine Wahrnehmungen) hinterfragt, analysiert. Das funktioniert nur meiner Kenntnis nach ausschliesslich mit Gedanken, da stetig eine (Be)Wertung erfolgt.
Moire schrieb:Oh, das widerspricht meiner Ansicht dann doch. Natürlich kann ich Gedanken, Gefühle und Werte ansammeln... Aber, puh, das mache ich doch hoffentlich nur in meinen ersten Lebensjahren. Wann werden sich Kinder zum ersten Mal sich selbst bewusst? Mit einem Lebensjahr?
Mit zweien? Ab da fängt der Mensch ja an, sich selbst in Bezug zu seiner Umwelt zu setzen. Mit der Möglichkeit zu Denken (also mit dem Intellekt), der ja direkt darauf folgt, werden diese gesammelten Gedanken und Werte doch schon einmal zerpflückt und von allen Seiten betrachtet und reflektiert.
Sehr komplexes Thema. Aber ich möchte dennoch gern darauf eingehen.
Du sprichst einige Punkte an die ich auch sehr faszinierend finde.
Ich entschuldige mich das ich mich vorhin so kurz und unverständlich ausgedrückt habe.
Ehrlich gesagt weiß ich kaum wo ich anfangen soll um verständlich auszudrücken was ich meine. Aber ich versuche es.
Eins vorweg, die Entwicklung des Kindes in Kurzfassung:
Ein Kind erkennt sich mit ca. 18 Monaten selbst im Spiegel. Dieses Erkennen ist allerdings noch keine Selbsterkenntnis.
Die Selbsterkenntnis erfolgt tatsächlich erst etwa mit 4 Jahren.
Am interessantesten aber: Kinder haben bis etwa zum 8. Lebensjahr keinen, oder einen sehr eingeschränkten, kritischen Faktor. Dieser ist die "Schranke" zum Unterbewusstsein.
Soll heissen:
Wenn ich dir jetzt sagen würde "Du verstehst nicht was ich schreibe, du bist so doof!" wäre deine Reaktion vielleicht so etwas wie "Nee, du hast es mir nur nicht richtig erklärt." (oder was auch immer, zumindest würdest du es dir nicht annehmen da du es intern "kritisch" geprüft hast).
Ein Kind ist bis zu 8 Jahren quasi in einem tranceähnlichem Zustand.
Sagt man einem Kind, dass es doof ist, wird es viel eher bereit sein es anzunehmen, da es die Aussage nicht groß hinterfragt.
Das war jetzt ein sehr simples Beispiel.
Nehmen wir ein weiteres:
Ein Vater befiehlt seinem Kind immer wieder Dinge die es ungern macht. Auf die (klassische) Frage "Warum?" kommt nur: "Weil ich es dir sage! Und nun mach oder Papa wird böse!".
Dadurch kann sehr schnell ein Gefühl von Schwäche und ausgeliefert sein im Kind entstehen. Vielleicht wird es sich auch für die Gefühlslage des Vaters verantwortlich fühlen.
Kinder können extrem schnell durch kleinste Dinge "traumatisiert" (oder zumindest geprägt) werden.
Sieht ein Kind z.B. seine Mutter sich panisch vor einer Spinne erschrecken und aus der Küche stürmen, so ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch das es die Spinnenphobie der Mutter übernimmt. Und der Erwachsene weiß später unter Umständen nicht einmal woher er es hat.
Was bei diesen Beispielen recht negativ rüber kommt, hat aber auch viele Vorteile.
Kinder saugen alles mögliche an Eindrücken in sich auf um sich in der Welt zurecht zu finden und hinterfragen sehr wenig.
Das ist ein Grund wieso Kinder so schnell lernen.
Laufen lernen zum Beispiel, weißt du wie verdammt schwer das ist? Andauernd fliegt man auf den Hintern dabei, oft tut das Kind sich weh. Aber meckert es? Gibt es auf? Nein. Ein Erwachsener würde ein paar mal scheitern und meinen:
"Kann ich nicht. Tut weh. Ich krabbel lieber weiter.".
Ein Kind hinterfragt nicht. Es sieht was vorgemacht wird und macht nach.
Wie gesagt, bis etwa zum 8. (manche sagen auch 6.-8. Lebensjahr) ist der kritische Faktor kaum existent. Von 8 bis zur Pubertät wird er immer ausgeprägter. Das ist bestimmt auch ein Grund wieso Teenager plötzlich so schwierig werden.
*lach* Und dennoch bilden unsere ersten Lebensjahre bis zur Pubertät das Fundament unserer späteren Persönlichkeit mit der wir uns identifizieren.
Der Kernpunkt auf den ich aber eingehen wollte ist der:
Moire schrieb:Mit der Möglichkeit zu Denken (also mit dem Intellekt), der ja direkt darauf folgt, werden diese gesammelten Gedanken und Werte doch schon einmal zerpflückt und von allen Seiten betrachtet und reflektiert.
Da erfolgt mMn. dein Trugschluss. Denn es wäre schön wenn es so wäre.
Davon abgesehen, dass viele noch nicht einmal in der Lage (oder willens) sind, die ganz offensichtlichen, gedanklichen Fehlschlüsse zu reflektieren, so ist ein Großteil der Prägung bereits im Unterbewusstsein versickert.
Ein Beispiel:
Hans und Heidi sind ein Paar. Die Beziehung läuft garnicht mal so übel. Bis auf eine Eigenschaft an Hans die den Hausfrieden öfter stört.
Wenn Heidi ausversehen etwas vergisst, etwa die Lieblingssalami von Hans mit einzukaufen, geht Hans an die Decke. Also so richtig. Dann nennt er Heidi alle möglichen Namen, nur nicht bei ihrem eigenen. Und das obwohl Heidi es garnicht böse meinte. Und Hans selbst weiß garnicht so richtig was da in ihn fährt. Er ist ja sonst eher der ruhige Typ. Aber es regt ihn einfach auf, dass SIE so vergesslich ist.
Was ist hier wirklich Phase?
Hans wurde als Kind oft von seinen Eltern vernachlässigt und vergessen. Das tat ihm damals sehr weh. Und in dem Moment in dem er das Gefühl hat, Heidi vernachlässigt ihn, platzt es aus ihm raus.
Dann ist er nicht mehr der kluge Hans. Sondern der kleine Hans von damals.
Hans handelt in dem Moment völlig angetrieben von seinem Unterbewusstsein.
Die alten Emotionen (eine der Ausdrucksweisen des Unterbewusstseins) kommen einfach hoch durch den ausgelösten "Trigger".
Ein weiteres Beispiel sind die meisten Phobien, vor Hunden, Katzen, Spinnen usw...
Der Witz daran: Oftmals wissen die Leute sogar was die Phobie ausgelöst hat!
"Ach ja, als Kind wurde ich vom Hund gebissen. Und eigentlich WEIß ich doch das man keine Angst vor Hunden haben braucht, aber trotzdem hab ich sie..."Die Betonung liegt aus wissen.
Wenn Wille bzw. Intellekt/Logik/Bewusstes Denken (wie auch immer du es nennen willst) auf das Unterbewusstsein treffen...wird das Unterbewusstsein stets gewinnen.
Es dauert extrem lang durch reines reden, denken und handeln das Unterbewusstsein "umzuschreiben".
Nicht umsonst dauert eine (nicht zwingend erfolgreiche) kognitive Verhaltenstherapie i.d.R. 25 Stunden.
Und das Schlimme daran: Es kann gut sein, dass z.B. die Phobie nach der Therapie verschwindet, doch durch Symptomverschiebung, da die Ursache im Unterbewusstsein nicht aufgelöst wurde, wieder woanders auftaucht.
Vielleicht statt durch die Phobie nun als Zwangshandlung, Tick, oder was auch immer.
(Anm. Off-Text: Die unterbewussten Baustellen könnten wir meiner Erfahrung nach effektiver durch [eigene] Arbeit mit dem Unterbewusstsein in Trance/Hypnose auflösen)Du siehst, wir sammeln sehr viele Dinge an.
Und selbst wenn du all diese Dinge reflektierst, dann reflektierst du schließlich mit deinem Intellekt...und der kann auch nur auf dein gesammeltes Wissen zurückgreifen.
Was bedeutet, du wirst so nie über den Tellerrand hinausschauen können.
Nie aus deinen eigens geschaffenen Grenzen ausbrechen, sondern dich ständig darin bewegen.
Wenn du realisierst, dass all das was du da angesammelt hast nicht du bist, sondern es lediglich zu dir gehört, dann hast du keine mentalen Begrenzungen mehr.
Als du geboren wurdest, was hattest du da schon? Ein paar Kilo Zellen. In all den Jahren haben sich selbst diese erneuert.
Durch die Nahrung die du zu dir genommen hast.
Dein heutiger Körper ist das Produkt der Nahrung die du "angesammelt" hast (und wie du mit ihm umgegangen bist usw...). Aber nicht du.
Dein materieller Besitz bist du auch nicht, oder? Du hast ihn lediglich angesammelt.
Dein Verstand bist du auch nicht, er ist lediglich ein Werkzeug und das Produkt allen Wissens das du angesammelt hast.
Deine Gefühlswelt bist du nicht, sie ist das Produkt deiner Gedanken, deiner Werte, Glaubenssätze...
Und doch identifiziert sich so ziemlich jeder mit all dem.
Wieso fühlt wohl jeder Mensch unterschiedlich gegenüber verschiedenen Situationen und Dingen? Wieso denkt jeder unterschiedlich?
Weil wir alle andere Dinge in uns angesammelt haben.
Natürlich gibt es auch Überschneidungen. Diese beruhen oft auf kulturellen Gemeinsamkeiten, gesellschaftlichen Konventionen...ich gehe da aber nicht weiter in die Tiefe. Ich denke es ist ausführlich genug soweit. Falls nicht frag einfach konkret nach
:)Moire schrieb:Reines Bewusstsein beobachte ich allerdings weder bei mir, noch bei meinen Mitmenschen. Im Gegenteil, das Bewusstsein ist eher etwas, auf das ich nur durch Aufmerksamkeit ernsthaft Zugriff bekomme. Ich glaube, das musst du mir anders darlegen, damit ich es verstehe.
Nun, Moire, kann das Messer sich selbst schneiden? Kann die Hand sich selbst schütteln? Kann das Auge sich selbst sehen?
Es liegt in der Natur der Sache das wir es nicht erkennen. Und doch ist es eine logische Schlussfolgerung.
Was bleibt übrig wenn du all das was du angesammelt hast, was vielleicht dir gehört, aber nicht du bist, loslässt?
Du dich nicht mehr damit identifizierst?
Nicht sehr viel.
Lediglich dein Bewusstsein in genau dem jeweiligen Moment bleibt.
Das Problem ist, so ziemlich jeder Mensch (bis auf sogenannte Erleuchtete) identifiziert sich mit all diesen Sachen.
Das fängt an beim Besitz (Ich BIN arm!), geht über die psychische Verfassung (Ich BIN depressiv!) bis zum Verstand (Ich BIN dumm).
Statt zu sagen/wahrzunehmen "Ich besitze nicht viel" oder "Ich fühle mich momentan depressiv" oder "Ich fühle mich gerade dumm".
Wir tun so als wären wir all das, dabei sind es lediglich Dinge die wir wahrnehmen bzw. eben gesammelt haben.
Ich sage nicht, dass diese Dinge vergessen oder verbannt werden sollen. Ich sage lediglich das man sich nicht damit identifizieren sollte.
Ich mein, mir ist es egal was andere machen. Aber der ein oder andere wäre so wohl bedeutend glücklicher.
Denn wenn ich aufhöre mich damit zu identifizieren, dann habe ich auch die Möglichkeit etwas zu ändern.
Dann muss ich auch nicht mehr in der Opferrolle leiden, sondern kann -bewusst- entscheiden wie ich leben will.
Auf die äußeren Gegebenheiten kann man natürlich nur begrenzt Einfluss nehmen, aber über sich selbst, seine Gedanken, Gefühle und Handlungen, seine Reaktion auf das Außen, hat man die volle Kontrolle.
So, genug Text für heute. Es ist spät und ich bin müde
:) Ich hoffe ich konnte mich diesmal klarer ausdrücken.
Eine gute Nacht noch!
Xero