Ich denke, man sollte wirklich das Augenmerk darauf legen, dass es hier im konkreten Fall um Kinderbücher geht. Die in erster Linie also mit einem pädagogischen Anspruch an Kinder gerichtet verfasst wurden - der literarische Gehalt ist da eher zu vernachlässigen (nein, es geht mir hier nicht um Mark Twains Huck Finn, der durchaus im literarischen Kanon enthalten ist). Literarische Umsetzung bedeutet für mich: Wie funktionieren die Begriffe im Text? Werden sie künstlerisch eingesetzt, interpretiert, dekonstruiert? Oder einfach nur wiederverwendet im Sinne des zeitgeschichtlichen Kontexts?
Beispiel Pippi Langstrumpf: Den Begriff "Negerkönig" hat Astrid Lindgren lediglich deshalb verwendet, weil "man das damals eben so gesagt hat". Es ist in diesem Fall kein höherer, literarischer Zweck zu erkennen. Der Begriff macht also nichts anderes, als koloniale Machtverhältnisse zu reproduzieren - "Neger" trägt schon immer (!) die Annahme der Überlegenheit des Weiß-Seins bzw. die Unterlegenheit/Unzivilisiertheit des Schwarz-Seins in sich.
Wie oben schon erwähnt, gibt es keine "Originale", da Texte schon immer den Rezeptionsverhältnissen/-gewohnheiten angepasst worden sind, weil Begriffe ungebräuchlich werden, einen Bedeutungswandel unterlaufen etc. Die Überarbeitung erfolgte in diesem Fall übrigens inn Absprache der Verlage mit den Autoren/Nachkommen.
Die Erstausgaben werden in Archiven und Museen aufbewahrt, Angst um den Verlust eines "Stück Kulturs" sollte also überflüssig sein - zumal es sich mir nicht erschließt, warum man bezgl. Kinderbüchern so viel Wert auf den Erhalt bzw. die Erinnerung an die Verwendung rassistischer Begrifflichkeiten legt. Diese vehemente Ablehnung liegt mMn. ganz stark in der Angst darin begründet, die Diskurshoheit zu verieren, Angst davor, dass die "anderen" bestimmen, wie man reden darf. Und dabei geht es einzig und allein darum, ein rassistisches Wort, das nie etwas anderes als menschenverachtend war, aus Kinderbüchern zu streichen.
Dieser Kommentar aus der ZEIT bringt meine Meinung zu diesem Thema ganz gut auf den Punkt:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2013-01/kinderbuecher-kommentar