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Das Schicksal der Charlene Farrugia nach 12 Jahren vor Aufklärung
04.07.2020 um 14:50Da ich aufgrund meines Interesses an dem Mordfall Daphne Caruana Galizia ( Wer ermordete Daphne Caruana Galizia? ) ohnehin regelmäßig in die Online-Ausgaben der maltesischen Tageszeitung schaue, möchte ich Euch von einer jungen Frau namens Charlene Farrugia berichten, deren trauriges Schicksal nach 12 Jahren nunmehr wohl vor seiner vollständigen Aufklärung steht. Es ist ein Fall, der einiges Bemerkenswertes zu bieten hat:
Die damals 25jährige Charlene Farrugia, eine Altenpflegerin, wurde zuletzt am 06. November 2008 gesehen, als sie in ihrem grauen Toyota Platz mit dem Kennzeichen CBQ 803 durch Maltas Hauptstadt Valletta fuhr.
Am folgenden 07. November filmte eine Überwachungskamera neuerlich das Fahrzeug, als es in das Stadtgebiet von Valletta einfuhr, allerdings zeigen die Bilder nicht den Fahrer bzw. die Fahrerin. Was die Sache mysteriös macht, ist die Tatsache, dass der Wagen – der bis heute nicht gefunden wurde – offenbar nie wieder die Stadt verlassen hat.
Dazu muss man wissen, dass Valletta eine Halbinsel ist, eine kleine Landzunge von gut einem Kilometer Länge und einer Breite von kaum mehr als 500 Metern. Zwar gibt es eine eher überschaubare Anzahl von Garagen, gleichwohl sollte es der letzte Ort sein, an den man denkt, wenn man ein Auto verstecken will.
War Charlene mit ihrem Wagen ins Wasser gefahren, sei es, dass es ein Unfall war, sei es, dass sie sich selbst töten wollte? Die Behörden verneinten dies. Es gibt nur wenige Stellen, an denen man überhaupt mit einem Auto ins Wasser gelangen kann, ohne Mauern oder Leitplanken zu durchbrechen. Diese wenigen Stellen liegen im Bereich des Grand Harbour und der Grand Harbour ist nahezu vollständig Videoüberwacht.
Jedenfalls gingen die Behörden aufgrund des seltsamen Verschwindens ihres Autos bald davon aus, dass Charlene einem Verbrechen zum Opfer gefallen war.
Der erste – und einzige – Verdacht richtete sich gegen ihren damaligen Freund. Zum einen ist er wegen häuslicher Gewalt vorbestraft, zum anderen war Charlene wenige Wochen vor ihrem Verschwinden, zusammengeschlagen auf der Straße gefunden worden, hatte aber jede Auskunft darüber verweigert, wer sie so zugerichtet hatte. Auch damals richtet sich der Verdacht gegen ihren damaligen Freund.
Ein Jahr nach Charlenes Verschwinden wandte sich die Polizei nochmals mit Zeugenaufrufen an die Öffentlichkeit, musste dann aber mangels irgendwelcher konkreten Spuren die Ermittlungen einstellen. Für elf Jahre...
Original anzeigen (1,0 MB)
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2019, brachen zwei Patienten aus der geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Mount Carmel Krankenhauses auf Malta aus. Einer von ihnen war der in Großbritannien geborene, jedoch seit Jahrzehnten auf Malta lebende, John Paul Charles Woods.
Woods ist ein eher übler Zeitgenosse, der zahllose Vorstrafen hat, vorwiegend wegen Diebstahls, aber auch in zwei Fällen wegen Gewalt gegen Frauen. Warum Woods in Behandlung war, wurde nicht berichtet, dafür aber sehr ausführlich, wie es mit ihm weiterging, nämlich so:
Original anzeigen (0,5 MB)
Woods bewaffnete sich mit einem Messer, organisierte sich nicht eben geringe Menge an Alkohol und Drogen - woher auch immer er das Geld dazu hatte – und unternahm am folgenden Tag, sich kaum auf den Beinen haltend könnend, den Versuch ein Lebensmittelgeschäft auszurauben.
Dem Ladenbesitzer, einem Inder, gelang es aus dem Geschäft zu fliehen und – geistesgegenwärtig – den Laden hinter sich abzuschließen, so dass die Polizei Woods nur noch einsammeln musste. Das allerdings gestaltete sich schwerer als vermutet, da Woods heftigen Widerstand leistete. Insgesamt entstand in dem Laden ein Schaden von rund € 4.000,-.
Zurück in der Psychiatrie und noch immer heftig alkoholisiert, begann Woods dann völlig unvermittelt auf die Ärzte und Schwestern einzureden, er würde wissen, wo in Valletta eine Leiche zu finden sei. Ein paar Tage später führte er die Polizei dann tatsächlich an die Stadtmauer von Valletta. Der genaue Ort ist nicht bekannt und wird in den Medien unterschiedlich berichtet. Mal soll es eine Gang oder ein Höhle in der mittelalterlichen Befestigungsanlage selbst sein, mal ein alter Bunker aus dem zweiten Weltkrieg (was nicht zwingend ein Widerspruch sein muss). Jedenfalls – so viel steht fest – liegt der Ort an oder auf einem eher verwahrlosten und gegenwärtig als Parkplatz genutzten Grundstück – für die ortskundigen unter Euch: Zwischen Phoenicia-Hotel und Stadtmauer, etwa in Höhe des Triton-Brunnens und von diesem auch keine 50 Meter entfernt.
Geführt von Woods machten die Beamten eine grausigen Fund: In zwei Müllsäcken verpackt lagerten dort verweste Leichenteile, nämlich der Kopf und die Beine von Charlene Farrugia.
Woods legte ein Geständnis ab: Er habe Charlene am 06. November 2008 in seiner Wohnung getötet und dann die Leiche mit einem Küchenmesser zerteilt. Doch je länger das Verhör andauerte, desto mehr ließ seine Gesprächsbereitschaft nach. Weder konnten bisher weitere Leichenteile gefunden werden, noch Charlenes Wagen. Auch das Motiv ist unklar.
Woods wurde zunächst wegen des versuchten Raubüberfalls zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gleichzeitig wurden in zwei anderen Verfahren gegen ihn die noch laufenden Bewährungen wiederrufen, so dass momentan einer Gesamtstrafe von sieben Jahren entgegen sieht.
Gestern nun wurde gegen Woods Anklage wegen Mordes erhoben. Der erklärte vor Gericht, er sei nicht schuldig.
Sofern die maltesische Presse über den weiteren Prozessverlauf berichtet – und das nehme ich doch an – werde ich hier ebenfalls berichten, wenn Neuigkeiten zu dem Schicksal von Charlene Farrugia bekannt werden. Aufgrund des etwa komplizierten maltesischen Prozessrechtes ist jedoch mit einem Urteil nicht vor Ablauf von einem Jahr zu rechnen.
Quellen und zugleich Bildquellen (mit jeweils vielen weiteren Links in den Quellen):
https://timesofmalta.com/articles/view/police-ask-for-help-on-woman-reported-missing-a-year-ago.280476
https://timesofmalta.com/articles/view/charlene-farrugia-killed-in-her-home-police-believe.723835
https://timesofmalta.com/articles/view/missing-charlene-farrugia-suspect-jailed-for-gzira-hold-up.723673
https://corporatedispatch.com/malta-man-expected-to-be-charged-with-2008-murder-following-discover-of-human-remains-in-valletta/
Die damals 25jährige Charlene Farrugia, eine Altenpflegerin, wurde zuletzt am 06. November 2008 gesehen, als sie in ihrem grauen Toyota Platz mit dem Kennzeichen CBQ 803 durch Maltas Hauptstadt Valletta fuhr.
Am folgenden 07. November filmte eine Überwachungskamera neuerlich das Fahrzeug, als es in das Stadtgebiet von Valletta einfuhr, allerdings zeigen die Bilder nicht den Fahrer bzw. die Fahrerin. Was die Sache mysteriös macht, ist die Tatsache, dass der Wagen – der bis heute nicht gefunden wurde – offenbar nie wieder die Stadt verlassen hat.
Dazu muss man wissen, dass Valletta eine Halbinsel ist, eine kleine Landzunge von gut einem Kilometer Länge und einer Breite von kaum mehr als 500 Metern. Zwar gibt es eine eher überschaubare Anzahl von Garagen, gleichwohl sollte es der letzte Ort sein, an den man denkt, wenn man ein Auto verstecken will.
War Charlene mit ihrem Wagen ins Wasser gefahren, sei es, dass es ein Unfall war, sei es, dass sie sich selbst töten wollte? Die Behörden verneinten dies. Es gibt nur wenige Stellen, an denen man überhaupt mit einem Auto ins Wasser gelangen kann, ohne Mauern oder Leitplanken zu durchbrechen. Diese wenigen Stellen liegen im Bereich des Grand Harbour und der Grand Harbour ist nahezu vollständig Videoüberwacht.
Jedenfalls gingen die Behörden aufgrund des seltsamen Verschwindens ihres Autos bald davon aus, dass Charlene einem Verbrechen zum Opfer gefallen war.
Der erste – und einzige – Verdacht richtete sich gegen ihren damaligen Freund. Zum einen ist er wegen häuslicher Gewalt vorbestraft, zum anderen war Charlene wenige Wochen vor ihrem Verschwinden, zusammengeschlagen auf der Straße gefunden worden, hatte aber jede Auskunft darüber verweigert, wer sie so zugerichtet hatte. Auch damals richtet sich der Verdacht gegen ihren damaligen Freund.
Ein Jahr nach Charlenes Verschwinden wandte sich die Polizei nochmals mit Zeugenaufrufen an die Öffentlichkeit, musste dann aber mangels irgendwelcher konkreten Spuren die Ermittlungen einstellen. Für elf Jahre...
Original anzeigen (1,0 MB)
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2019, brachen zwei Patienten aus der geschlossenen psychiatrischen Abteilung des Mount Carmel Krankenhauses auf Malta aus. Einer von ihnen war der in Großbritannien geborene, jedoch seit Jahrzehnten auf Malta lebende, John Paul Charles Woods.
Woods ist ein eher übler Zeitgenosse, der zahllose Vorstrafen hat, vorwiegend wegen Diebstahls, aber auch in zwei Fällen wegen Gewalt gegen Frauen. Warum Woods in Behandlung war, wurde nicht berichtet, dafür aber sehr ausführlich, wie es mit ihm weiterging, nämlich so:
Original anzeigen (0,5 MB)
Woods bewaffnete sich mit einem Messer, organisierte sich nicht eben geringe Menge an Alkohol und Drogen - woher auch immer er das Geld dazu hatte – und unternahm am folgenden Tag, sich kaum auf den Beinen haltend könnend, den Versuch ein Lebensmittelgeschäft auszurauben.
Dem Ladenbesitzer, einem Inder, gelang es aus dem Geschäft zu fliehen und – geistesgegenwärtig – den Laden hinter sich abzuschließen, so dass die Polizei Woods nur noch einsammeln musste. Das allerdings gestaltete sich schwerer als vermutet, da Woods heftigen Widerstand leistete. Insgesamt entstand in dem Laden ein Schaden von rund € 4.000,-.
Zurück in der Psychiatrie und noch immer heftig alkoholisiert, begann Woods dann völlig unvermittelt auf die Ärzte und Schwestern einzureden, er würde wissen, wo in Valletta eine Leiche zu finden sei. Ein paar Tage später führte er die Polizei dann tatsächlich an die Stadtmauer von Valletta. Der genaue Ort ist nicht bekannt und wird in den Medien unterschiedlich berichtet. Mal soll es eine Gang oder ein Höhle in der mittelalterlichen Befestigungsanlage selbst sein, mal ein alter Bunker aus dem zweiten Weltkrieg (was nicht zwingend ein Widerspruch sein muss). Jedenfalls – so viel steht fest – liegt der Ort an oder auf einem eher verwahrlosten und gegenwärtig als Parkplatz genutzten Grundstück – für die ortskundigen unter Euch: Zwischen Phoenicia-Hotel und Stadtmauer, etwa in Höhe des Triton-Brunnens und von diesem auch keine 50 Meter entfernt.
Geführt von Woods machten die Beamten eine grausigen Fund: In zwei Müllsäcken verpackt lagerten dort verweste Leichenteile, nämlich der Kopf und die Beine von Charlene Farrugia.
Woods legte ein Geständnis ab: Er habe Charlene am 06. November 2008 in seiner Wohnung getötet und dann die Leiche mit einem Küchenmesser zerteilt. Doch je länger das Verhör andauerte, desto mehr ließ seine Gesprächsbereitschaft nach. Weder konnten bisher weitere Leichenteile gefunden werden, noch Charlenes Wagen. Auch das Motiv ist unklar.
Woods wurde zunächst wegen des versuchten Raubüberfalls zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gleichzeitig wurden in zwei anderen Verfahren gegen ihn die noch laufenden Bewährungen wiederrufen, so dass momentan einer Gesamtstrafe von sieben Jahren entgegen sieht.
Gestern nun wurde gegen Woods Anklage wegen Mordes erhoben. Der erklärte vor Gericht, er sei nicht schuldig.
Sofern die maltesische Presse über den weiteren Prozessverlauf berichtet – und das nehme ich doch an – werde ich hier ebenfalls berichten, wenn Neuigkeiten zu dem Schicksal von Charlene Farrugia bekannt werden. Aufgrund des etwa komplizierten maltesischen Prozessrechtes ist jedoch mit einem Urteil nicht vor Ablauf von einem Jahr zu rechnen.
Quellen und zugleich Bildquellen (mit jeweils vielen weiteren Links in den Quellen):
https://timesofmalta.com/articles/view/police-ask-for-help-on-woman-reported-missing-a-year-ago.280476
https://timesofmalta.com/articles/view/charlene-farrugia-killed-in-her-home-police-believe.723835
https://timesofmalta.com/articles/view/missing-charlene-farrugia-suspect-jailed-for-gzira-hold-up.723673