JimmyWho schrieb am 12.05.2011:Das Mysterium das alte Autos qualitativ hochwertiger sind ist irgendwie auch Humbug. Nehmen wir nen Golf aus den 80iger. 70ps, 4 gänge, 2 Türen. Das Technisch anspruchsvollste Bauteil ist da das Radio. Was soll da Kaputt gehen ???
Nö, das ist kein Humbug, nur hast Du da gerade mit dem früher recht karg ausgerüsteten Golf ein "Extrembeispiel" genannt. Mal ein anderes Beispiel: Ich fuhr bis vor ein paar Jahren immer neue E-Klasse-Modelle und kann Gegenteiliges sagen: Die Qualität insgesamt wurde immer schlechter. Der letzte Neue war ein W210 E320 T Avantgarde Bj. 2001 (Zur Ehrenrettung: der davor aus der gleichen Baureihe von 2000 machte keine Probleme, aber den habe ich auch schon nach einem halben Jahr und knapp 15 tkm wieder verkauft, also keine Langzeiterfahrung). Mit dem 2001er gab es nur Theater. Schon im ersten Jahr waren Sitzheizung, Bedienteil der Klimaautomatik, ein Fensterhebermotor und Zuziehhilfe der Heckklappe defekt. Für die Reparatur der Sitzheizung mußte der komplette Lederbezug der Sitzfläche ausgetauscht werden. Das lief zwar unter Garantie, aber der Meister sagte, regulär würde das 600,- Euro kosten. Klasse, oder? Und so ging das mit dem Ding weiter, nach 3 Jahren kam dann Rost unter allen Gummis der Türkanten und am Querträger im Motorraum dazu. Wurde auf Kulanz gemacht, aber trotzdem darf sowas nicht passsieren.
2005 habe ich dann als "Hobby" zusätzlich einen gut erhaltenen 500 SEL aus dem Baujahr 1989 für verhältnismäßig wenig Geld angeschafft. Der Kombi blieb dann immer öfter stehen, weil der "Alte" viel mehr Fahrspaß bietet und nicht ständig irgendwelche Wehwehchen hatte. Und als der Kombi dann ersetzt werden sollte, wurde er nicht durch den Nachfolger, sondern durch das Vorgängermodell ersetzt, einen äußerst gepflegten W124 300TE. Wegen der guten Erfahrungen, die ich mit dem schon Jahre zuvor gemacht habe und aus Angst, dass die Qualität der Neuen noch weiter in den Keller gegangen ist. Ein Experiment, dass sich voll gelohnt hat. Seitdem ich die "alten Karren" fahre, hatte ich keine außerplanmäßigen Werkstattaufenthalte mehr, nach 20 Jahren noch kein Rost und wenn mal (sehr selten) eine Kleinigkeit dran ist, kann ich die Reparatur auch ohne Diagnosecomputer selbst bewerkstelligen.
Letztens lief übrigens auf einem Parkplatz ein älterer Herr vorbei, als ich gerade die Einkäufe in den Kofferraum des W124 packte und rief mir im Vorbeigehen anscheinend etwas wehmütig "Jaaa, das waren noch Autos!" zu, bevor er sich in seine neue C-Klasse setzte. Ich konnte ihm nicht widersprechen.
Und auf Deine anderen Aussage kann ich nur entgegnen: Was nicht dran ist kann auch nicht kaputt gehen. Bei den neueren der W210-Baureihe sind zum Beispiel die Displays im Tacho (Bordcomputer, Uhr, Außentemperatur) eine Sollbruchstelle. Ich kenne einige Leute, die das Modell fahren oder fuhren und bei allen wiesen die nach ein paar Jahren Pixelfehler auf, so dass die teilweise kaum noch ablesbar sind. Einzeln gibt es die Displays nicht und ein kompletter Austausch des Kombiinstruments kostet bei Mercedes mal eben schlappe 450,- Euro. Wegen eines Pixelfehlers. Wo liegt da der Sinn? Die alten Modelle haben Kontrollleuchten, die angehen, wenn der Öl- oder Wischwasserstand zu niedrig ist oder die Bremsbeläge die Verschleißgrenze erreicht haben usw. Viel mehr macht die Anzeige in den neuen auch nicht, außer dass sie noch Durchschnittsverbrauch und -geschwindigkeit anzeigen kann - Spielerei in meinen Augen. Nur muß ich da z.B. erst mit den Lenkradtasten durch's Menü, die Zündung einschalten und warten, bis der Stand angezeigt wird. In den alten geht einfach die Lampe an, wenn das Minimum erreicht wird und ich weiß auch ohne Piktogramm Bescheid. Wenn da eine Lampe durchbrennt setze ich eine neue ein und spare rund 448,- Euro.
Und Technik ist in den alten auch schon rmerh drin, als man denkt. ABS, ASR, Airbags, elektronisch geregelte Innentemperatur usw. Nur funktioniert die auch nach 20 Jahren noch einwandfrei. Man muß sich bei dem Schnickschnack in den neueren Autos manchmal fragen, welchen Sinn das ganze macht, außer die Kassen der Werkstätten zu füllen, wenn da mal was kaputt geht. Ich habe zwei gesunde Beine, zwei gesunde Arme und ein Paar Augen mit guter Sehschärfe. Wofür brauche ich einen Spurhalteassistenten oder ein Abstandswarnradar? Und da ich nicht besoffen Auto fahre, finde ich auch die Schlösser und brauche kein Keyless Go. Wofür soll das Ganze gut sein?
Was ganz Extremes: Letztens mußte ich den Cayenne eines Bekannten fahren. Das Ding hatte mehr Knöpfe im elektrisch öffnenden und schließenden Kofferraum, als ein Kadett C im Armaturenbrett. Als ich den Motor starten wollte, tat sich erstmal gar nichts als ich den Schlüssel im Schloß drehte. Augenblicke später startete dann der Motor von selbst. Heute entscheiden also die Autos schon, wann sie angehen, fand ich interessant. Dann blinkte mich in der Anzeige zwischen Tacho und Drehzahlmesser erstmal ein Display an und sagte, wie ich die Automatik richtig bediene und beim Einlegen des Rückwärtsgangs sah ich plötzlich in der Mittelkonsole Liveaufnahmen von der Gegend hinter dem Wagen. Früher hatten die Autos für sowas eine Heckscheibe. Ob der Cayenne eine hatte weiß ich gar nicht mehr, da war zuviel vom Fahren ablenkendes Zeug drin.
So produziert man doch erst Sollbruchstellen: Indem man viel mehr einbaut, als eigentlich nötig und sinnvoll ist. Viel mehr, was kaputt gehen kann. So und jetzt können die Technikfreaks auf mich eindreschen, ich habe hier die Dinge nur aus meiner Sicht und meiner Erfahrung dargestellt.
:D